Graf Landsberg-Velen - ein großer Sportführer wurde 85 Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Dienstag, 14. Dezember 2010 um 16:42

Balve. Einer der großen deutschen und internationalen Sportführer feierte am  17. Dezember Geburtstag: Dieter Graf Landsberg-Velen. Er wurde 85 Jahre alt. Prinz Philip verwehrte ihm das höchste Amt im Reiter-Weltverband. e e

 

 

„Sein Wort hatte Gewicht, er stand dem bedeutendsten nationalen Verband in der Welt vor, er hätte das Image der FEI aufpoliert, er wäre wirklich ein würdiger Präsident des Weltverbandes gewesen.“ Knappe Sätze, klare Aussage von einem, der hautnah jahrelang mit ihm zusammen arbeitete, der ihm wahrlich nicht immer nahe stand, der ihn jedoch bestens kennt. Und der ihn schätzt: Fritz Widmer (88), Schweizer, der wohl einzige Generalsekretär des Weltverbandes, FEI, der im Gedächtnis haften blieb. Der ehemalige Oberstleutnant des Schweizer Heeres spricht über  Dieter Graf Landsberg-Velen.

 

Er hätte FEI-Präsident werden können

 

Landsberg-Velen war 18 Jahre lang FEI-Vize, in einer Zeit, als im Weltverband der wichtigste Posten nicht durch Wahl, sondern durch Ernennung vergeben wurde. Und weil der deutsche Graf 1974 nicht dem Beispiel von Prinz Philip folgte, wurde er nie Erster. Er hatte gewagt, nicht dem Beispiel  von Prinz Philip in Großbritannien zu folgen. Der erklärte nämlich 1973 in einer Nacht- und Nebelaktion 24 englische Springreiter zu Profis und schloss sie damit nach den damaligen Regeln von Olympia aus. Als Landsberg bei einem Abendessen nicht zur Attacke gegen deutsche Springreiter blies, knallte Prinz Philip voller Zorn sein Besteck auf den Tisch, wie der Sauerländer danach erzählte. Das vergaß jedoch der Königin-Gemahl dem deutschen Vorsitzenden nie, und der war gleichzeitig mit einem Bann auf das höchste Amt im Weltverband belegt. Und so sagte eben  Prinz Philip, der von 1964 bis 1986 die FEI selbstherrlich führte, in seiner Abschiedsrede vor der Vollversammlung, sollte seine Tochter Anne nicht seine Nachfolgerin werden, „dann mache ich eben weiter.“ Prinzessin Anne wurde die Nachfolgerin, Graf Landsberg-Velen ein  „Ehren-Vize“.

 

Stangenschleppen beim Hausturnier

 

Auch ohne Thronbesteigung im Weltverband  gehört Dieter Graf Landsberg-Velen zu den ganz großen Sportführern, nicht nur in Deutschland. Ihn zeichnete immer eine gewisse distinguierte  Zurückhaltung aus, er zeigte Ecken, an denen man sich reiben konnte. Der Jurist, der als Beruf Forst- und Landwirt angibt, gehörte jedoch im deutschen Sport zu jenen, die auch immer etwas bewegten. Er übernahm stets Verantwortung. Und  er war sich auch für „niedere“ Dienste nie zu schade. Vor den Rücken- und Hüftoperationen schleppte er bei seinen Hausturnieren vor Schloss Wocklum in Balve höchstpersönlich Hindernisstangen.

 

Seit 1948 ist er Vorsitzender seines heimatlichen Reitervereins von Balve, seit 1950 arbeitete er im Malteser Hilfsdienst und engagierte sich stark für die Opfer des Vietnamkrieges, zwischen 1980 und 1992 war er Präsident der Hilfsorganisation, seit  1973 ist er Mitglied im Präsidium des Nationalen Olympischen Komitees (NOK), 1974 wurde er Vizepräsident des Deutschen Sport-Bundes, seit 1993 gehörte er als Vize-Präsident zum Nationalen Olympischen Komitee für Deutschland, und seit 1996 gehört er auch ebenfalls ehrenamtlich zur Organisation zum Schutze des Pferdes. Nach der Fusion von Nationalem Olympischen Komitee für Deutschland und dem Deutschen Sportbund zum Deutschen Olympischen Sportbund wurde er 2006 zum Ehrenmitglied des DOSB ernannt.

 

Nach 34 Jahren ersten FN-Orden...

 

1968 wählt ihn die Generalversammlung der deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) zum  Präsidenten, auf der Sitzung im Mai 2001 auf Norderney trat der Sportführer mit der längsten Amtszeit in Deutschland ab. Neben verschiedenen Ehrenzeichen des Auslandes trägt er das „Großkreuz pro merito melitensi“ des Souveränen Malteser Ritterordens, 1994 wird er mit dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland geehrt. Die erste Auszeichnung seines Verbandes erhält er im Mai 2002 -  er konnte sich ja schlecht selbst für eine Ehrung vorschlagen – aus der Hand seines Nachfolgers Jürgen Thumann: Das Goldene Reiterkreuz mit Brillanten. Dieser höchste FN-Orden war bis dahin nur Liselott Linsenhoff und Josef Neckermann zuteil geworden.

 

Als Leutnant in britischer Gefangenschaft

 

Graf Landsberg-Velen wird am 17. Dezember 1925  auf Schloss Wocklum im Sauerland geboren. Von den vier Geschwistern fallen zwei Brüder blutjung im Zweiten Weltkrieg, Eberhard (22) vor Stalingrad, Hans-Otto (21) vor Trondheim/ Norwegen ebenfalls 1942, Schwester Roswitha (22) stirbt im Arbeitsdienst. Sein Bruder Wilfried wurde Rechtswalt. Er kommt als Leutnant einer Panzeraufklärungsabteilung 1945 in britische Kriegsgefangenschaft, wird aber bald entlassen. Nach dem Jurastudium in Bonn (1947 bis 1951) übernimmt Dieter Graf Lansberg-Velen den elterlichen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auf Wocklum. Zum Besitz gehören über ganz Deutschland verteilt 12.000 Morgen Land und Wald. Der Graf besitzt außerdem zwei Hotels und Anteile an einem Kalkwerk.

 

Vier Töchter – alle heißen Maria...

 

1955 heiratet er Monika Gräfin von Westphalen, die vier Töchter Barbara, Rosalie, Veronika und Theresia tragen alle auch den Vornamen Maria. „Der Graf“, wie man überall sagt, verabscheut Halbwahrheiten, er steht zu dem, was er sagt. Als 1980 die damalige Sowjetarmee Afghanistan überfiel, gehörte er zu den leidenschaftlichen Verfechtern, nicht zu den Olympischen Spielen nach Moskau zu fahren. Auch später rückte er von seiner damaligen sehr beachteten Rede  in Düsseldorf nicht ab, „denn wer die Menschenrechte mit Füßen tritt, boykottiert die ideellen Grundlagen der Olympischen Spiele. Auf eine Teilnahme zu verzichten, schmerzt sicherlich, der Preis für die Preisgabe unserer Grundwerte ist jedoch unvergleichbar höher, denn er kostet die Glaubwürdigkeit.“ Viele Jahre steuerte wenigstens einmal im Jahr der leidenschaftliche Autofahrer und überzeugte Katholik seinen PKW in den südfranzösischen Wallfahrtsort Lourdes. Dort schob er Kranke zur Heilung versprechenden Grotte, daraus schöpfte er selbst Kraft und Zuversicht.

 

Sport und Kommerz brauchen Balance

 

 

1973 sah er noch „keinen Platz in unserem Haus für einen Profisportler“, weil zahllose freiwillige Helfer ihre Zeit und ihre Arbeitskraft wohl für den Sport, aber nicht für den Gelderwerb von Profis zu opfern bereit wären, meinte er. Später sagte er mal: „Sport und Kommerz müssen in der Balance sein, doch in einer solchen Partnerschaft hat die Priorität dem Sport zu gehören. Der Sport darf auf keinen Fall seine Seele verkaufen. Generell laufe der Sport jedoch immer mehr Gefahr, durch Kommerzialisierung und die dadurch entstandene Sucht, Leistung durch verbotene Mittel zu manipulieren, an Glaubwürdigkeit zu verlieren.“

Oberstes Gebot müsse lauten: „Fairness gegenüber dem Partner Pferd.“

 

Auf die Frage, was ihn als deutscher Reiter-Präsident in den vielen Jahren am stärksten bewegt hätte, darauf sagt er: „Alwin Schockemöhle und Nicole Uphoff.“  Alwin Schockemöhle (73)  „wurde auf mein Betreiben und gegen den Beschluss des Springausschusses  mit zu den Spielen nach Montreal genommen und dort holte er überlegen und souverän mit Warwick-Rex die Goldmedaille“. Die viermalige Dressur-Olympiasiegerin führt er wie eine Absolution jener unseligen Barr-Affaire 1990 um Paul Schockemöhle unmittelbar vor den 1. Weltreiterspielen in Stockholm an: „Es war ergreifend für mich, wie Nicole mit ihrem Pferd Rembrandt unten im Stadion geradezu weltentrückt nach den Barr-Tumulten in allen Medien ihre Lektionen ritt, allein und einsam, Weltmeisterin wurde. Man zeigte plötzlich nicht mehr mit dem Finger auf uns."

 

 

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