Der unvergleichliche Dr. Uwe Schulten-Baumer hat Geburtstag - er ist nun 84 Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Mittwoch, 13. Januar 2010 um 21:09

Rheinberg. Es gibt wohl keinen Dressur-Ausbilder in der Welt, der mehr vom Pferd kennt, mehr vom Pferd versteht und auch mehr umzusetzen vermag in Erfolg wie Dr. Uwe Schulten-Baumer. Er wird an diesem 14.Januar 84 Jahre alt. Dr. Reiner Klimke, der erfolgreichste Dressurreiter des letzten Jahrhunderts, wäre an diesem Tag 74 geworden. Der Ehrenbürger von Münster, sechsmaliger Goldmedaillen-Gewinner bei Olympia,  starb an den Folgen eines Herzinfarkts am 17. August 1999.

Immer klarer Blick auf das Wesentliche, immer voll konzentriert - auch im Training - Dr. Uwe Schulten-Baumer am Rande des Vierecks.

(Alle Fotos: Uta Ludwig)

Abergläubisch war er immer. Und wenn er zum Turnier fuhr und die Ampeln standen jeweils auf „rot“, dann wollte er am liebsten immer umkehren. Doch an jenem 23. Mai 1987 in Lausanne hatte er ständig freie Fahrt bis zum Turnierplatz, „da konnte nichts mehr schief gehen.“ Es war der Tag, dass Nicole Uphoff erstmals und auch endgültig mit dem sensiblen Wallach Rembrandt die Dressurwelt erstaunte und verblüffte. So dass die Schweizer Olympiasiegerin und frühere Weltmeisterin Christine Stückelberger damals fast entsetzt fragte. „Wer ist die denn?“ Lausanne, Nicole Uphoff, Rembrandt – Dr. Uwe Schulten-Baumer war dort endgültig angekommen, wo ihn längst die Branche stehen sah. An diesem 14. Januar wird er 84 Jahre alt.

Er nahm Rembrandt die Angst

Er wurde wiederholt als der Erfinder der sogenannten „Rollkur“ angeprangert in Zusammenhang mit der Ausbildung des königlichen Wallachs Rembrandt und Nicole Uphoff.  Noch heute kursieren Fotos darüber im Internet. Er sagt: „Ich habe Rembrandt die Angst genommen, ihn zum Schwingen gebracht.“ Auf Rembrandt hatten sich Reitmeister Fritz Tempelmann und auch ein Klaus Balkenhol vergebens versucht.

Alles selbst erarbeitet

Uwe Schulten-Baumer hat sich alles selbst erarbeitet. Landwirtssohn aus Mülheim, gelernter Kaufmann, Abitur nachgeholt, Volkswirtschaft studiert und promoviert mit der Arbeit „Verlauf der Kostenkurve der Zementindustrie“, später im geschäftsführenden Vorstand des Roheisenverbandes, ganz oben. Und auch im Sport hat er alles erreicht, mit Fleiß, Hirn, dass der zweimalige Springreiter-Olympiasieger und größte Horseman Deutschlands, Alwin Schockemöhle, über ihn sagt: „Uwe Schulten-Baumer, der spielte in seiner eigenen Liga. Auch heute noch.“

Dr. Uwe Schulten-Baumer mit Ulli Kasselmann - zwei Pferdeleute im Gespräch

 

Der Doktor, wie ihn alle Welt nennt,  ist nicht unbedingt ein geselliger Typ, er hasst Menschenmengen, Enge. Echte Freundschaft ist für ihn ziemlich unumstößlich. Er betet die Selbständigkeit an. Vor über zehn Jahren fragte ihn ein damals mehr als wohlhabender Unternehmer, ob er nicht seinen Sohn trainieren wolle, und als Entree legte er zur Frage einen Blankoscheck dazu mit dem Hinweis, Schulten-Baumer solle ruhig einen Betrag nach seinem Gusto eintragen. Schulten-Baumer lehnte ab.

Zweimal "Trainer des Jahres"

Der Reitmeister, zweimal schon Trainer des Jahres, sieht Pferde anders als andere, er blickt in sie hinein, er erkennt meist früher als andere das anstehende Potential, natürlich hat er sich schon vertan. Als Beispiel für sein Gespür für Champions stehen neben vielen Gigolo und Satchmo. Gigolo, nach wie vor das erfolgreichste und gewinnreichste Dressurpferd der Welt, kaufte er seinem Sohn Uwe ab, Satchmo erwarb er 1996 zweieinhalbjährig auf dem Hengstmark in Verden für 85.000 Mark. Bei einem solchen Preis für ein derart junges Pferd  gehört mehr als Mut und Hasardspiel dazu, ganz simpel Überzeugung. Auf Gigolo wurde Isabell Werth die Dressurkönigin, Satchmo festigte ihren Thron. Isabell Werth und er, das war wie eine Ehe, sie zerbrach. Darunter leidet der Doktor wohl für immer.

 

Während des 94. CHIO von Deutschland in Aachen 2009 wurde  "der Doktor" im Dressur-Stadion von NRW-Innenministe Dr. Ingo Wolf für seine Verdienste um den Dressursport mit dem "Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland" ausgezeichnet.

 

Losgelassenheit - Schlüssel zum Erfolg

Der Doktor geht nicht nach Abstammung und nicht nach Farbe, er versucht, das Pferd immer als Ganzes zu sehen. Und er kauft vorwiegend auf Auktionen, „weil dort die Pferde so vorgestellt werden, um alles zu zeigen, was in ihnen steckt.“ „Losgelassenheit, Zufriedenheit, Aufmerksamkeit und Freude – das sind die Geheimnisse zum Erfolg“, sagt er, und: „Man muss immer mit – nie gegen das Pferd arbeiten“, so sein Credo, „das Pferd muss über den Rücken schwingen.“ Und er behauptet, Pferde seien wie Menschen genauso stressanfällig, „daher müssen sie auch seelisch locker werden.“ Das Pferd müsse verstehen, „was der Reiter will, erst dadurch wird eine Verständigung ermöglicht.“

 

Keiner brachte mehr Pferde in den großen Sport

Keiner hat mehr Pferde in den großen Sport gebracht als er, der in den Neuanfängen des CHIO von Deutschland als Springreiter in den Parcours in der Aachener Soers einritt, „und dabei flogen manchmal auch die Stangen ganz schön durch die Gegend“, wie sich Inge Theodorescu, Mutter von Olympiasiegerin Monica, noch gut erinnert, „meist war es so: Entweder das Holz brach – oder er gewann dann auch oft auf seiner Stute Senta.“

Von Alexa bis Isabell Werth

Als Coach brachte er seine Tochter Alexa heraus, seinen Sohn Uwe, später Chefarzt im niederbayerischen Eggenfelden, der deutscher Meister, Vizeweltmeister, Europameister war, er unterrichtete die französische Olympia-Zweite Margit Otto Crepin („niemand macht sich so viele Gedanken über die Ausbildung wie er“), Nicole Uphoff und danach Isabell Werth aus der Nachbarschaft. Die spätere Juristin vollendete sein Lebenswerk 1996 in Atlanta, als sie auf dem Fuchs Gigolo nach Teamgold auch noch den Olympiasieg in der Einzelwertung errang. Seine Meisterschülerin sollte Ellen, 30, werden, die Tochter seiner zweiten Ehefrau Eva. Die Verständigung klappt nicht mehr. Um Ellen, die das nur wurde, weil es einen Dr. Uwe Schulten-Baumer gibt, kümmert sich inzwischen Reitmeister Jan Bemelmans. Glücklich ist keiner mit der Situation.

Pass im Schritt - dressur-untauglich

Uwe Schulten-Buamer, der kaum noch auf Turniere fährt („weil ich auch keinen mehr treffe, mit dem ich mich unterhalten kann“),  sagt: „Pferde, die im Schritt Pass gehen, sind für Dressurwettbewerbe nicht geeignet.“ Oder: „Das Spitzenpferd einer Auktion ist sicherlich nicht für jeden Reiter und jeden Zweck auch das ideale Pferd.“

Pferde blieben sein Leben

Beruf war der Gelderwerb, Pferde blieben sein Leben. Er ärgert sich über den inzwischen fast von jedermann vereinnahmten Begriff der Klassischen Reitlehre,  „denn keiner kann mir genau erklären, was es mit der absoluten klassischen Reitkunst auf sich hat. Was vor 50 Jahren als klassisch galt, hat heute keinen Bestand mehr. Wie überall im Leben hat sich auch das Reiten weiterentwickelt.“ Und er sagt: „Wissen in diesem Sport genügt nicht, es gehört auch blinde Passion dazu...“

 

 

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