Die Schweiz hat Norwegens Olympia-Bronze noch nicht... Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Mittwoch, 27. Januar 2010 um 20:27

 

Basel. Gegen das Urteil des höchsten sportlichen Gerichts, CAS, legte der Norweger Tony Hansen wie zuvor Christian Ahlmann beim zuständigen Schweizer Bundesgericht als höchste Instanz des Landes Beschwerde ein. Es geht vor allem um die bisher einzige Medaille, die Norwegen bei Olympischen Reiterspielen gewinnen konnte, Bronze in Hongkong. Der Fall ist deshalb zusätzlich heikel, sollte Hansen unterliegen, würde sicher die Schweizer Equipe auf den dritten Rang der Spiele vorrücken - aber vertreten wird der Skandinavier ausgerechnet von dem bekannten Schweizer Rechtsanwalt Dr. Ulf Walz (Basel).

(Foto: Norbert Herbst)

 

Keiner kam bisher durch...

 

Wegen meist geringer Aussichten zogen bisher nur ganz wenige Sportler bei CAS-Verurteilungen vor das höchste Schweizer Gericht – und dort schaffte keiner eine Wende. Vor wenigen Wochen auch nicht Christian Ahlmann, der vom CAS zum „Doper“ gestempelt worden ist. Zunächst war die Einreibung seines Wallachs Cöster bei Olympia vom Weltverband (FEI) mit dem durchblutungsfördernden Mittel Capsaicin – ein Blistern beispielsweise der Vorderbeine konnte nicht nachgewiesen werden - als Medikation geahndet worden, doch der deutsche Verband widersprach, verlangte eine härtere Bestrafung,  und so stufte der „Court of Arbitration for Sport“ (CAS) den Fall zu Doping hoch. Mehr geht nicht, schlimmeres im Sport gibt es nicht.

Das Bundesgericht kanzelte Christian Ahlmann rüde ab. Die Rügen seien unbegründet, heißt es in der Beurteilung. Auf die Rügen selbst gingen die höchsten Schweizer Richter gar nicht ein.

 

Der Fall Tony Andre Hansen

 

Ulf Walz hatte vor dem Gang zum Bundesgericht abgeraten, doch Hansens Sponsor und Pferdebesitzer Kjell Ulrichsen wollte es anders. Zusammen mit  Walz möchte der Osloer Unternehmer die Allgewalt der FEI aufbrechen. Ein Reiter ist der FEI zum Beispiel auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, auch in der Rechtssprechung. Die Pferde von Ulrichsen stehen zum Verkauf, seine Leitung der „Oslo Horse Show“ hat er seinen Kindern übergeben.

 

Bei der Blutprobe von Hansens Wallach Camiro war bei der Analyse die Blutprobe negativ, im Urin wurden Rückstände von Capsaicin gefunden. Experten gehen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass es zu einer nachträglichen Kontaminierung der Probe während ihrer Entnahme oder später im Labor gekommen ist. Tony Hansen wurden lediglich die Unterlagen der Analysen der A- und B-Probe zugestellt. Auf den Einwand, es müsse nachträglich zu einer Probenkontimation gekommen sein, erwiderte das Hongkonger Labor plötzlich, auch die Blutprobe sei „ein bisschen positiv“ gewesen. Bei nachträglichen Test wären Spuren von metabolisiertem Capsaicin gefunden worden. Hansen bestritt und forderte die nachträglichen Unterlagen an. Dies verweigerte das Dopinglabor mit der Berufung auf „Geschäftsgeheimnis“. Die Weltföderation wiederum  stellte  sich ganz simpel auf den rechtsmissbräuchlichen Standpunkt, man könne die Herausgabe der Protokolle nicht befehligen. Trotz Androhung einer Anzeige seitens des norwegischen Springreiters rückte das Labor in Hongkong die Unterlagen nicht heraus.

 

Reiter im rechtsfreien Raum

 

In der Beschwerde an das Bundesgericht wird vorgebracht, dass Pferdesportler kein Wahl- und kein Mitbestimmungsrecht besitzen. Außerdem sei den Pferdesportlern nicht bewusst, dass der Rechtsschutz extrem eingeschränkt sei. Und wie Walz mal meinte, käme der Sport beim Bundesgericht der Schweiz gar nicht vor, „man hat den Sport schlichtweg vergessen“.

 

Tony Hansen macht unter anderem geltend, dass er zwar einen neutralen Beobachter zur Öffnung der B-Probe schicken konnte, doch der wiederum durfte bei der eigentlichen Öffnung des Sets nicht anwesen sein. Anders sei die FEI dagegen vorgegangen, als es sich um  Brasiliens Olympasieger Rodrigo Pessoa und Scheich Mohammed Al Maktoum, den Ehemann von FEI-Präsidentin Prinzessin Haya, handelte. Möglicherweise wurde bei Pessoa deshalb eine Ausnahme gemacht, weil er mit dem Uhrenkonzern Rolex den gleichen Sponsor hat wie die FEI. Hansen macht auch geltend, dass die Blutprobe von Camiro zunächst negativ vermeldet worden ist. Die im Urin bei Camiro gefundene Capsaicin-Menge betrug 0,000 000 000 051 mg/ml, was deutlich weniger war als die bei den anderen Olympia-Pferden gefundene Menge an Capsaicin. Bei einem ähnlichen Capsaicin-Fall in den Vereinigten Arabischen Emiraten wurde auf Kontamination erkannt.

 

Der bisherige finanzielle Verlust beläuft sich zunächst auf:

 

++ 30.000 Euro als Bonus vom Sponsor

++ Mit Bronze hatte das Pferd Camiro einen Wert von rd. 2 Millionen Euro, nach der        Dopinganschuldigung sank der Verkehrswert auf 800.000 €, zehn Prozent der Summe wären als Erlös dem Reiter zugestanden

++ Da sein bisheriger Sponsor und Arbeitgeber aus Frust über die herrschende Willkür und das bisherige Verfahren den Reitsport aufgibt, muss sich Tony Hansen eine eigene Existenz aufbauen, was mit Gewinngeldern bei Turnieren nicht möglich erscheint.

 

Ulf Walz: „Ich wundere mich, dass nicht bereits andere Sportler solche Vorwürfe gegen das Bundesgericht erhoben haben, vor allem, wenn keine sauberen Verfahren vorliegen.“ Er, der auch in Wirtschaftts- und Handelsrecht international großes Ansehen genießt, wird sich wohl von der sportlichen Gerichtsbarkeit abwenden. „Das alles hat ja mit Rechts nur noch wenig zu tun...“

 

 

Für den kompletten Text der Beschwerde an das Schweizer Bundesgericht klicken Sie hier.

 

 

 

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