Heute wäre Josef Neckermann 100 geworden... Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Dienstag, 05. Juni 2012 um 08:14

 

 

Wassenberg. Am 5. Juni 2012 wäre Josef Neckermann 100 Jahre alt geworden. Eine kleine Erinnerung an ihn.

 


Der Regen lief über sein Gesicht und vermischte sich mit Tränen. Es war Nachmittag, der 26. Juni 1981, und es war in Aachen jener ganz besondere Platz, der den Reitern heilig ist. Dort nahm Josef Neckermann Abschied vom Sport, von den Menschen, die ihn liebten und bewunderten. Mit ihren weißen Taschentüchern, so befiehlt es inzwischen die Tradion beim Abschied der Nationen am Ende des CHIO, winkten 40.000 dem Grandseigneur ein letztes Mal zu. „Ich schäme mich der Tränen nicht“, sagte er kurz danach, „ich bin bis ins Innerste ergriffen.“

 

Reiten war ein Stück Leben für ihn, Ansporn auch und Kraftspender. Als ihm 1979 nach einem Herzinfarkt ein Herzschrittmacher eingepflanzt wurde, sagte er vor der Operation dem Chirurgen: „Setz das Ding so, dass ich wieder reiten kann.“ Gerade war sein Kaufhaus-Imperium zusammengebrochen, er mit, „ohne den Sport hätte ich wahrscheinlich nicht überlebt.“ Die Banken hatten ihn fertig gemacht. Er verlor dennoch nicht die Contenance.

 

Der erste Sporthilfechef begann als Springreiter. Als er mal ein Pferd wegen eines Fehlers versammelte, verpasste ihm der Vater eine Ohrfeige. „Merke Dir, nicht das Pferd, Du begehst die Fehler“, sagte der zu ihm. Er war 16, als der Vater, Kohlengroßhändler und Reeder, starb.

 

Das war auch das vorübergehende Ende der Reiterei. Er hatte sich um seine berufliche Laufbahn zu kümmern. 1948 kehrte der geborene Würzburger zurück in den Parcours. 1954 ritt er um das Blaue Band des Springderbys in Hamburg, er gewann unter Sonnenglanz die erste Qualifikation. Im Derby wurde er auf Rang 15 notiert. 1955 stürzte „Necko“, wie ihn seine Freunde und seine Frau stets nannten, schwer beim Turnier in Herborn. Er zog den Roten Rock aus und schlüpfte in den Frack der Dressur.

 

Er hatte im Sport wie im Berufsleben stets eines vor Augen: Den Erfolg. Bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom gewann er als 48-Jähriger seine erste Olympische Medaille, Bronze auf Asbach, „das wertvollste Edelmetall für mich, weil die Experten den Wallach für dressur-untauglich hielten.“

 

Zu Mannschafts-Gold ritt er 1964 und 1968, zu Silber mit der Equipe 1972 in München. Vor dem Schloss in Nymphenburg ritt er in einem Stahlkorsett. Bei der Morgenarbeit hatte sich zuhause in der Reithalle die Stute Venetia mit ihm überschlagen, er zog sich einen Wirbelbruch zu. Er sagte nichts, Jammern kannte er nicht. 1966 wurde er in Bern der erste Weltmeister. Seine ganz großen Pferde hießen Mariano und Antoinette.

 

Sein leidenschaftliches Engagement für die Sporthilfe entstand aus der persönlichen frühen Erfahrung, „jungen Menschen helfen zu müssen, wenn sie sich voll für den Sport aufreiben und dadurch zwangsweise eine berufliche Ausbildung vorübergehend zurückstellen.“ Er hatte auch persönliche Marotten an sich. Wer in Sitzungen oder einer ganz normalen Runde eine gute Antwort gab, dem warf er ein Mark-Stück zu, wenn er sich ärgerte, zerkaute er Fetzen um Fetzen eines Taschentuchs. Am Ende seiner Laufbahn sagte er auf die Frage, was ihm der Sport gegeben hätte: „Ich habe gelernt, nicht nur zu siegen, sondern auch zu verlieren.“

 

Er starb an Lungenkrebs in der Nacht zum 13. Januar 1992, mit 79 Jahren. Dieter Graf Landsberg-Velen, der damalige Präsident des Reiterverbandes, sagte auf der Trauerfeier des Frankfurter Hauptfriedhofs: „Er war ein Diener des Sports. Unsere Trauer um ihn ist auch ein Stück Trauer um uns selbst. Wir sind ärmer geworden.“ Danach spielte der Organist das Operettenlied „Wenn der weiße Flieder wieder blüht“. So hatte Josef Neckermann es gewollt...

 

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