Reiter-Weltverband gibt sich plötzlich ganz weltlich Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Dienstag, 05. März 2019 um 19:26

FEI-Präsident Ingemar de Vos

(Foto: Kalle Frieler)

Lausanne/ Aachen. Nach der Ankündigung auf ein Splitting der Welttitelkämpfe 2022 rechnet Weltpräsident Ingmar de Vos mit einem ganzen Pool von Kandidaten für spezielle Wettkämpfe um die Welttitel. Inzwischen werden einzelne Kandidaten gesichtet, Ende März stellen sich  einzelnen Bewerber in der Verbands-Zentrale Lausanne vor.

 

Die ersten Weltreiterspiele fanden 1990 in Stockholm statt, danach folgten Den Haag 1994, Rom 1998, Jerez de la Frontera 2002, Aachen 2006, Caen in der Normandie 2010, Kentucky 2014 und zuletzt Tryon/ USA im letzten Jahr. Bis auf Aachen blieben sämtliche Veranstalter auf gewaltigen Schulden hängen: Doch so desaströs wie in Tryon war noch nie eine solche Veranstaltung abgelaufen, die eigentlich nach dem damaligen Weltpräsidenten Prinz Philip 1990 ein einmaliges Ereignis bleiben sollte.

Nach Tryon war wohl endgültig das Maß voll, und es gab auch keine echten Bewerber mehr für 2022. Man darf jedoch den Amerikanern zugute halten, dass  sie zunächst als Glücksfall für die FEI einsprangen, weil Rabat (Marokko), Bromont (Kanada), reiterlicher Außenposten der Olympischen Spiele 1976 in Montreal, Wien und Wellington/ Florida kurzfristig ihre Kandidatur zurückzogen. Der Weltverband (FEI), wahrlich längst nicht mehr auf der Euphoriewelle reitend beim Gedanken an Weltreiterspiele, besann sich nun und schlug nüchtern gebündelte und getrennte Weltmeisterschaften vor, wie sie seit Jahren immer wieder in die Debatte geworfen waren. Er geht plötzlich ganz neue Wege, was vor einigen Jahren unter der Herrschaft des Adels einer Revolution gleichgekommen wäre. Es gibt nun Ausscheidungen, fast wie im echten Sport und Hilfestellung von ganz oben.

Wie nun FEI-Präsident Ingmar de Vos (Belgien) bereits verkündete, seien einige interessante Bewerbungen schon eingegangen, „wir sind zuversichtlich, dass wir bis Mitte des Jahres einen echten Kandidatenpool versammelt haben“, so de Vos. Ziemlich forsch trat bereits die italienische Föderation auf, die Weltmeisterschaften mit den Disziplinen Springen, Dressur, Vielseitigkeit, Voltigieren und Western-Reining organisieren möchte auf der Reitanlage Santa Barbara de Bracciano nordwestlich von Rom, aber ohne Distanzreiten und ohne Paradressur. Es darf jedoch im Vorfeld ernüchternd daran erinnert werden, dass die Weltreiterspiele 1998 in Rom nur Dank des großzügigen finanziellen Engagements einer einzigen Familie kurz vor Beginn gerettet wurden, sonst hätte das Großereignis mit einem Schlag abgesagt werden müssen.

Ingmar de Vos betont, dass Bewerber um die Ausrichtung mehrerer Disziplinen Vorrang genießen werden, das FEI-Präsidium stimmte außerdem zu, dass ein Kandidat u.a. für Dressur auch die Para-Dressur ins Programm aufnehmen müsse. Der FEI-Präsident wies ebenfalls gleichzeitig darauf hin, dass die Weltmeisterschaften 2022 in den Olympischen Disziplinen Dressur, Vielseitigkeit und Springen sowie Paradressur auch zum Teil Qualifikationen für Olympia 2024 in Paris seien. De Vos gab aber zudem zu verstehen, dass nicht generell bereits das Ende der World Equstrian Games gekommen wäre, bei entsprechenden Angeboten der Durchführung von Weltreiterspielen 2022 in allen sieben Disziplinen werde eine solche Bewerbung ebenfalls ernsthaft geprüft. Er sagte aber auch: "Der Pferdesport hat sich zunehmend globalisiert, und es gibt relativ wenige Länder, die in der Lage sind, Weltmeisterschaften in allen Disziplinen gleichzeitig auszurichten.“

Aachen, das als Musterbeispiel steht, wie Weltreiterspiele finanziell, organisatorisch und publikumswirksam zum Erfolg geführt werden können, dazu die ersten Europameisterschaften 2015 mit Springen, Dressur, Vielseitigkeit Fahren und Voltigieren, will sich nicht in den Bewerberkreis einklinken. Frank Kemperman, Vorstands-Vorsitzender des ausrichtenden Aachen-Laurensberger Rennvereins (ALRV) als Veranstalter des alljährlichen Internationalen Offiziellen Turniers (CHIO) von Deutschland, sagte nur: „Das ist kein Thema für uns.“

Ingmar de Vos: „Das neue Ausschreibungsverfahren ermöglicht die nachhaltige und kostengünstige Nutzung bestehender Reitsportanlagen und die Zusammenarbeit der FEI mit nationalen Verbänden, die in der Vergangenheit möglicherweise gezögert haben, multidisziplinäre Ausschreibungen durchzuführen. Die Tür steht diesen Verbänden nun offen zur Bewerbung für Weltmeisterschaften in Disziplinen ihrer Wahl.“

Als wesentliche Änderung des Bewerbungsverfahrens veranstaltet der Weltverband in der FEI-Zentrale in Lausanne Ende März einen interaktiven Workshop für alle nationalen Verbände / Organisationskomitees, die sich für die Weltmeisterschaften 2022 interessieren. "Dieser interaktive Workshop ist ein wichtiger Faktor, um die Struktur, die Möglichkeiten und die Mindestanforderungen für die Ausrichtung der Weltmeisterschaften 2022 angemessen zu vermitteln. Durch eine engere Zusammenarbeit mit den nationalen Verbänden und Organisationskomitees von Anfang an können wir eine einheitliche Vision sicherstellen und einen erreichbaren Zielkatalog erstellen", so de Vos.

Bisheriger Zeitplan:

    28. Februar 2019 - Frist für den Erhalt unverbindlicher Interessenbekundungen zur Ausrichtung einer oder mehrerer FEI-Weltmeisterschaft(en) 2022.

  26. März 2019 - Workshop in Lausanne, für das interessierte Bewerber ein formelles Angebot einzureichen sollen mit Plänen und Visionen im Hinblick auf eine mögliche Durchführung von Weltmeisterschaften 2022.

    November 2019 - Vergabe der Weltmeisterschaften bei der Präsidiumssitzung auf der FEI-Generalversammlung in Moskau. Alle Bewerbungen werden davor im Frühjahr/Sommer 2019 vollständig beurteilt.

 

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