Der renommierte Dressur-Richter Heinz Schütte 85 Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Mittwoch, 11. Januar 2012 um 21:15


Braunschweig. Einer der renommiertesten Dressurrichter wird an diesem Donnerstag, 12. Januar 2012, 85 Jahre alt: Heinz Schütte. Der Wirtschaftsjurist, der selbst in der Vielseitigkeit, im Springen und Dressur startete, war u.a. einer der Olympia-Juroren in Los Angeles und Seoul.

 

Heinz Schütte gehört sicherlich zu den ganz wenigen Dressurrichtern, die in allen drei Disziplinen starteten, in der Vielseitigkeit, im Springen und der Dressur. Er wusste immer, wovon und worüber er redete, und er war immer ansprechbar. Von ihm stammt auch die Aufforderung, auch an die Reiter selbst, fragt die Richter, worum eine bestimmte Note herauskam. Er selbst duckte sich nie, er stellte sich Fragen. Das unterschied ihn immer von vielen seiner Kollegen.

 


Publikum kann unterscheiden



Vor 23 Jahren sagte er in einem Interview mit der Reiter-Revue, nach seiner Meinung wäre ein Richter bei der Deutschen Meisterschaft in Berlin zurecht vom Publikum laut kritisiert worden, und er sagte, das Publikum könne sicher zwischen einer guten und schlechten Leistung unterscheiden und auch beurteilen, aber der Zuschauer registriere eher die negative als die gute Seite eines Rittes in einer Vorstellung, „hier hat der Richter einen klaren Vorteil: Im Notenbogen muss sich die schlechte Leistung einerseits und die gute Leistung andererseits durch die entsprechende Notengebung klar ausdrücken, und diese Noten werden in Deutschland bis mindestens zur Note 6, oftmals auch bei der Note 7 und darüber, schriftlich begründet.“ Er sprach damals auch bereits über die Schwierigkeit des Richtens aus dem Blickwinkel eines Richters heraus: „Was ist fleißig oder bereits eilig, schwunghaftes Vorwärts oder schon Spannung? Schon enger Hals oder noch Selbsthaltung?“ Wenn nun ein Richter konsequent eine „6“ gebe, ein anderer aber genauso konsequent eine „7“, habe man bereits erhebliche Unterschiede im Gesamtergebnis. Das Problem sei nicht „hier eine 4 und dort eine 8, sondern tatsächlich die Differenz von nur einer Note bei der jeweiligen Lektion“. Darüber hinaus gebe es Pferde, die sich von der Seite besser oder schlechter ansehen als von der Kopfseite.

Der Job eines Dressurrichters sei deshalb nicht einfach, „weil im beurteilenden Richtverfahren, also nach freier Ermessung, zu richten ist. Leider können wir eben nicht auf die Stoppuhr oder das Zielband zurückgreifen, sondern müssen die Leistung in eine Bewertung umsetzen.“

 



Meinung zum Dressurpferd – und Dressurreiter


 

Für das gerade erschiene Buch „Von roten Röcken und goldenen Käfern“ - Turniersport in Wolfsburg in den Jahren zwischen 1966 und 2004 – antwortete Heinz Schütte auf die Frage, wie er sich einen Reiter wünsche: „Ausbalanciert und in aufrechter Haltung, sitzend im tiefsten Punkt des Sattels, harmonisch mit der Bewegung des Pferdes, mit unauffälligen Gewichts-, Schenkel- und Zügelhilfen, mit Gefühl für das Pferd.“ Und das Dressurpferd stellt er sich so vor: „Sicherer Takt in allen drei Grundgangarten, losgelassen, sichere Anlehnung an das Gebiss, schwungvoll mit aktiver Hinterhand und mit federndem Rücken, durchlässig und mit Ausdruck.“ Von einem guten Richter fordert er „Erfahrung durch eigenes Reiten in den entsprechenden Klassen.“ Man müsse beim Richten nicht nur mit der gebotenen Sachkunde, sondern auch mit dem eigenen Gefühl im Po zu den Entscheidungen kommen.

 

 

Schickte US-Ami Ward nach Hause



Beim CHIO von Deutschland 1999 war Heinz Schütte Präsident der Jury. Es war jenes Offizielle Turnier von Deutschland, bei dem der US-Amerikaner McLain Ward gleich am ersten Tag unangenehm auffiel. Zum Eröffnungsspringen hatte der spätere zweimalige Team-Olympiasieger  seinem Wallach Benetton spitze Plastikteilchen in die eigentlich vor Verletzung schützenden Gamaschen der Vorderbeine einwickeln lassen, um beim Anschlagen an Hindernisstangen zusätzlich Schmerz zu erzeugen. Bei der Kontrolle von Chefsteward Hansi Wallmeier nach dem Ritt kullerten sie heraus. Das Präsidium des Aachen-Laurensberger Rennvereins als CHIO-Veranstalter  beschloss auf Vorschlag  des Pferdemannes Heinz Schütte die lebenslange Verbannung des mehrmals bereits international unangenehm – und danach erneut -  aufgefallenen  Amerikaners vom Gelände der Aachener Soers, die nach vier Jahren wieder aufgehoben wurde – ohne Wissen von Heinz Schütte, der später sagte, alles sei mit dem damaligen Generalsekretär des Weltverbandes abgesprochen und fotografiert worden, „denn wir wollten keinen Prozess in den USA.“



Schwerer Unfall in Südafrika

 

Heinz Schütte, eingesetzt als Richter bei den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles und vier Jahre später in Seoul, dazu bei den Olympia-Ersatzspielen der Dressur 1980 in Goodwood, dazu bei fünf Weltmeisterschaften und vielen Europachampionaten, Ehrenmitglied im Dressurausschuss, Mitentwickler des Dressur-Weltcups und Träger des Deutschen Reiterkreuzes in Gold, hätte vor fast genau 22 Jahren beinahe vorzeitig aus dem Leben scheiden müssen. Im Urlaub in Südafrika wurde er von einem Militärfahrzeug beim Überqueren der Straße in Kapstadt brutal angefahren. Der Braunschweiger zog sich mehrere Brüche am ganzen Körper zu und wurde nach Deutschland geflogen. Nach Monaten erst erholte er sich.

 

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