Mareike Harm - vierspännig in die letzte Männerdomäne... Drucken
Geschrieben von: Alexandra Koch   
Donnerstag, 12. Dezember 2013 um 09:33

Kiel. Mareike Harm (28) ist die Newcomerin des Jahres im internationalen Fahrsport. Als erste Frau schaffte sie es, für ein deutsches Championatsteam im Vierspänner-Fahren nominiert zu werden.

 

Mareike Harm vermochte in eine der letzten Männerdomänen des deutschen Pferdesports einzubrechen, nämlich in den Fahrsport. Dabei war ihr ganz großer Traum eigentlich nur die Teilnahme beim CHIO in Aachen 2013 gewesen. Im Hinblick auf die Weltreiterspiele im kommenden Jahr in der Normandie gibt sie sich bescheiden und rechnet noch nicht mit einer Teilnahme, doch möchte sie weiterhin so erfolgreich Pferde mit dem Vierspänner vorstellen – auch wenn viele genau dies einer Frau gar nicht zutrauen.

Was man mitbringen muss, um als Frau im Vierspännersport erfolgreich zu sein, was ein gutes Fahrpferd mitbringen muss und was ihre Lieblingsdisziplin im Fahren ist, hat Mareike Harm in einem Exklusiv-Interview Alexandra Koch  verraten.

In diesem Jahr haben Sie einen rasanten Angriff auf die Weltspitze hingelegt. Zunächst der erste Start beim CHIO Aachen, dann gleich dabei bei den Europameisterschaften der Vierspänner und schließlich Silbermedaillengewinnerin – wie haben Sie das alles erlebt?

Mareike Harm: „Mein Start in Aachen war sehr spontan. Ich hab am Sonntag erst Bescheid bekommen, dass ich am Montag in Aachen anreisen darf. Ich habe mich riesig darüber gefreut! Einmal in Aachen zu starten, war mein größter Traum! Und dann durfte ich auch noch bei der EM in Ungarn für die deutsche Mannschaft fahren. Besser hätte die Saison nicht zu Ende gehen können.

 

Sie haben ja auch Historisches geschafft als erste Frau in einem deutschen Vierspänner-Team. Haben Sie sich da manchmal etwas allein in der Männerdomäne gefühlt? Macht Sie der Schritt, als erste Frau im deutschen Team an den Start gegangen zu sein, besonders stolz?

Mareike Harm: „Alleine gefühlt habe ich mich nie.  Ich glaub aber, dass viele am Anfang nicht daran geglaubt haben, dass es überhaupt eine Frau schaffen könnte, einmal um die vorderen Platzierungen mitzufahren. Klar macht das auch ein bisschen stolz!“

 

Die meisten Frauen im Fahrsport treten bei den Ein- oder Zweispännern an. Sie haben sich fürs Vierspännerfahren entschieden. Ist das nicht sehr schwierig als doch recht zart gebaute Frau, gleich vier Pferde unter Kontrolle zu halten? Worauf kommt es an?

Mareike Harm: „Ich bin bis 2010 auch Einspännig gefahren und dann nach dem Gewinn der Goldmedaille - bei der DM und der WM mit dem Team - umgestiegen auf das Vierspännerfahren. Das Vierspännerfahren ist schon sehr kraftaufwendig, gerade wenn eines der Pferde mal Druck macht. Für mich ist es deshalb besonders wichtig, dass jedes einzelne Pferd gut durchgearbeitet ist, egal ob unter dem Sattel oder im Einspänner. Dann sind die Pferde auch leichter in der Hand und einfacher zu bedienen.“

 

Wie sind Sie mit Ihrer Leistung bei der EM zufrieden? Was hat Sie besonders stolz bei der EM gemacht?

Mareike Harm: „Ich bin sehr zufrieden!  Besonders hat mich der fünfte Platz in der Dressur gefreut und dass ich mit meinem Ergebnis beim Hindernisfahren noch ein weiteres Ergebnis zu unserer Silbermedaille beitragen konnte.“

 

Wie kamen Sie eigentlich zum Fahren? Was hat Sie daran besonders fasziniert?

Mareike Harm: „Ich hab schon immer geritten und bin mit Pferden aufgewachsen. Meine Mutter durfte auf Grund eines Bandscheibenvorfalls nicht mehr reiten und hat dann mit dem Fahrsport begonnen. Ich habe dann irgendwann auch einmal die Leinen in die Hände bekommen.“

 

Reiten Sie eigentlich auch heute noch?

Mareike Harm: „Ja, eigentlich jeden Tag.“

 

Haben Sie eine Lieblingsdisziplin beim Fahren? Welche? Und warum diese?

Mareike Harm: „Das ist ganz eindeutig die Dressur. Wahrscheinlich weil ich bis vor 2 Jahren noch jedes Wochenende Dressur auf Turnieren geritten habe und mir das Dressurfahren deshalb besonders liegt.“

 

Was begeistert Sie am Vierspännerfahren ganz besonders?

Mareike Harm: „Am meisten ist das die Arbeit mit vielen verschiedenen Pferden, die man zu einem Team formen muss. Man muss auf jedes Pferd einzeln eingehen und sie dann entsprechend zusammenführen.“

 

Wie viele Pferde haben Sie momentan? Wie werden diese bei Turnieren eingesetzt? Haben Sie einen besonderen Liebling unter Ihren Pferden?

Mareike Harm: „Ich habe im Moment 13 Pferde im Training, neun davon kann ich in der Klasse S einsetzen. Ich versuche, keinen Liebling zu haben und alle Pferde gleich zu behandeln. Zu den Pferden, die lange mit im Team sind, hat man aber schon eine andere Bindung.“

 

Worauf muss man besonders achten, wenn man Pferde fürs Fahren auswählt? Was mussten Ihre Pferde mitbringen?

Mareike Harm: „In erster Linie müssen sie gute Dressurpferde sein und einen guten Schritt, überdurchschnittliche Trabbewegungen und viel Takt und Schwung mitbringen. Sie müssen aber auch Allrounder sein. Am besten ist es für mich, wenn ich ein Pferd in allen drei Disziplinen einsetzen kann.“

 

Wie sieht das tägliche Training bei einem Fahrer aus? Wie trainieren Sie Ihre Pferde, halten aber auch sich selbst fit?

Mareike Harm: „Meine Pferde werden täglich entweder einspännig oder zweispännig gefahren, geritten oder longiert. Ungefähr zweimal die Woche spanne ich vierspännig an. Jedes Pferd geht täglich drei Stunden auf die Weide. Ich selbst mache zwei- bis dreimal die Woche Kraft- und Ausdauersport.“

 

Wie sieht jetzt Ihr Training für den Winter aus? Da kann ich mir vorstellen geht ja wenig im Fahrsport, wenn draußen Schnee liegt oder versumpftes Schmuddelwetter herrscht?

Mareike Harm: „Ich hab das große Glück, dass ich eine Halle zum Reiten und eine Halle zum Fahren habe, so dass ich auch bei Eis und Schnee trainieren kann. Solange es geht, fahre ich aber draußen. Im Winter ist das Training aber sicherlich etwas ruhiger als in der Turniersaison.“

 

Fahrer stehen neben anderen Reitsportdisziplinen ja eher am Rande. Wie sieht bei Ihnen die Sponsorensituation aus? Wie schafft man es, an teure Ausrüstung und gute Pferde zu kommen?

Mareike Harm: „Gute, erfahrene Pferde kann man wenig kaufen. Die muss man sich im Fahrsport selbst aufbauen. Bis jetzt habe ich noch keinen Sponsor. Das ist in der Tat schwierig in unserem Sport.“

 

Sind Sie Profisportler oder haben Sie noch einen anderen Beruf?

Mareike Harm: „Ich bin im Moment noch Studentin der Agrarwissenschaften an der Universität in Kiel und schreibe gerade an meiner Masterarbeit. Die meiste Zeit verbringe ich aber im Stall.“

 

Was fasziniert Sie an Pferden besonders?

Mareike Harm: „Wenn man das Vertrauen eines Pferdes gewonnen hat, tut es alles für einen.“

 

Wenn Sie mal nicht reiten, was machen Sie dann gern?

Mareike Harm: „Neben den Pferden bleibt nicht viel Zeit für andere Hobbys. Ab und zu gehe ich mal zur Jagd.“

 

Nächstes Jahr finden die Weltreiterspiele statt. Wie sieht Ihre Vorbereitung auf das Großereignis aus?

Mareike Harm: „Ich rechne gar nicht damit, dabei zu sein… Im Moment bereite ich mich auf die neue Saison vor, indem ich neue, bewegungsstarke Pferde mit ins Gespann bringe, um die Dressur noch weiter zu verbessern.“

 

Haben Sie ein bestimmtes Lebensmotto?

Mareike Harm: „Man wächst an seinen Aufgaben!“

 

Welchen Wunsch würden Sie sich in Ihrem Sport gern in jedem Fall noch erfüllen?

Mareike Harm: „Mein Wunsch war es immer einmal, in Aachen zu starten. Das konnte ich mir in diesem Jahr erfüllen. Im nächsten Jahr würde ich gerne einmal in Windsor an den Start gehen.“

 

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