Uta Gräf - oder ein Pferdeparadies hinterm Wald Drucken
Geschrieben von: Oliver Wehner/ "Die Rheinpfalz"   
Freitag, 25. April 2014 um 13:01

 

Kirchheimbolanden: Die erfolgreiche Dressurreiterin Uta Gräf und Tierarzt Stefan Schneider haben sich vor 15 Jahren einen Traum verwirklicht. Auf dem Gut Rothenkircherhof bei Kirchheimbolanden in der Nordpfalz bilden sie seitdem gemeinsam talentierte Pferde aus und trainieren Stars des Vierecks für große Turniere.

 


Selbst im lautesten und buntesten Trubel auf den großen Reitturnieren, in ganz Deutschland und zuletzt sogar im fernen Katar, ist Uta Gräf mit etwas Geduld recht leicht zu finden: Man halte einfach nach der markanten blonden Mähne Ausschau – jener der Reiterin, nicht ihres Pferdes. Und im Idyll daheim, auf dem Rothenkircherhof, reicht es sogar, sich einfach nur für eine Weile irgendwo hinzustellen und zu lauschen. Dann dringt es unweigerlich ans Ohr, das prägnante Lachen des immer gut gelaunten Dressurstars. Vorbei ist’s dann für einen Moment „mit der Ruhe, die ich hier so genieße“, wie Uta Gräf (43) selbst sagt. Gerade jetzt, im Frühling. Mit dem besonderen Reiz.

 

Der ganze Hof, die große Reitanlage samt Tierarztpraxis, hat trotz aller Professionalität eines bundesweit bekannten Ausbildungsstalls, eine freundliche, gelassene Aura. Hektik ist woanders. Und selbst wenn die international erfolgreiche Reiterin mit zwei oder drei Pferden auf Turnier ist, strahlt sie diese Fröhlichkeit aus. „Morgen bin ich gemütlich“, sagt sie bei Terminabsprachen gern und meint: Morgen hat sie Zeit – fürs Reiten, diverse Kaffees zwischendurch, Klatsch und Fachgespräch. Und lachend entschuldigt sie sich dann, wenn sie doch „ungemütlich“ werden muss – weil’s nach der vormittäglichen Arbeit mit den hochtalentierten Pferden und dem Mittagessen auf Seminar, Vortrag oder zum Unterrichten geht.

 

„Mein Traum ist, immer von acht bis 13 Uhr zu reiten“, sagt die Pferdewirtschaftsmeisterin, die an diesem Wochenende bei der deutschen Meisterschaft der Dressur-Berufsreiter in Unna-Massen startet. Das gemeinsame Mittagessen der Belegschaft eben um 13 Uhr, bei schönem Wetter im Freien, gehört zum Ritual, das sie ungern verpasst. Denn muss sie den Hof mal um 12 verlassen, „dann habe ich zwei Pferde weniger geritten, und mir fehlen Glückshormone“.

 

Aber davon gibt’s auf dem Rothenkircherhof im Überfluss. An einen Gedanken sollte man sich in dem Moment, da man von Kirchheimbolanden kommend rechts Richtung Oberwiesen abbiegt und nach einem Kilometer Wald die weiten Koppeln und das ehemalige Klostergut zu sehen bekommt, gleich verabschieden: an diesem Flecken per Handy erreichbar zu sein. Kein Netz, null, nichts. Uta Gräf tendiert dazu, es eher gut zu finden; für ihren Mann Stefan Schneider hat es „Vor- und Nachteile“, und während er das sagt, steckt er sich neben dem tragbaren Hörer des Festnetztelefons auch noch das gerade nutzlose Handy in die Tasche: „Damit ich’s nachher nicht vergesse.“

 

Der „Chef“, wie er auf dem Rothenkircherhof genannt wird, ist Tierarzt, Spezialgebiet – hätten Sie’s gedacht? – Pferde, vor allem Zahnbehandlungen. „Pferdepraxis ist zu 90 Prozent Fahrpraxis“, erklärt Schneider, nachmittags ist er also auch unterwegs. Seine Leidenschaft gilt neben der Ausbildung junger Pferde, gern feurigen Hengsten, der „Working Equitation“, einer Arbeitsreitweise, in der Schneider (Jahrgang 1957) auch auf Turnieren erfolgreich ist.

 

1999 kamen der gebürtige Saarländer und Uta Gräf, die aus Bobenheim stammt, in die Nordpfalz. 1987 hatte sich der Tierarzt selbstständig gemacht, „immer in Miete, aber ich hatte was eigenes gesucht“. Rund um Hanhofen bei Speyer ergab sich nichts passendes, bis ihm ein Bauer den Tipp gab: „In der alten Welt ist ein Hof, wie Du ihn suchst.“ Schneider lacht heute, wenn er „alte Welt“ sagt. Ihm gefiel das sanierungsbedürftige Anwesen – trotz Besichtigung an einem tristen Regentag – auf Anhieb, Uta Gräf ebenfalls. „Nur meine Mannschaft wollte erst partout nicht hierher“, erinnert er sich.

 

Doch das Paar setzte sich und seinen Traum durch. Heute fährt Melanie Reinhart-Rissel, Tiermedizinische Fachangestellte und quasi die Dienstälteste auf dem Rothenkircherhof, jeden Tag treu und tapfer von Haßloch in die Nordpfalz. Denn dort ist mit viel Liebe und Arbeit ein Pferdeparadies entstanden, das seinesgleichen sucht. Rund 50 Tiere leben hier, vom gefeierten Grand-Prix-Star bis zum Reha-Pferd. Auf 14 Hektar arrondiertem Land finden sie genügend Auslauf, auch die teuren Dressurpferde verschiedener Besitzer kommen auf die Koppel. „Die Haltung nimmt mir viel Arbeit ab“, ist Uta Gräf überzeugt – zufriedene Pferde sind motivierte Pferde in der täglichen Arbeit. Die findet auf dem wetterfesten Dressurplatz statt, in der Bewegungshalle, der Führanlage oder in der neuen Longierhalle. Und natürlich wird ausgeritten – so entstehen dann im Frühling idyllische Fotos vom bildschönen Holsteiner Rapphengst Le Noir vor gelben Rapsfeldern.

 

In Kirchheimbolanden wird eingekauft, werden Behördengänge erledigt – „so unbürokratisch“, lobt Uta Gräf, etwa als es darum ging, Bereiterin Jasmin Simon vor Katar schnell einen Reisepass ausstellen zu lassen. „Wir sind super von der Stadt angenommen“, sagt Schneider. Im Dezember wurde hier – viele sagten „endlich“ – auch noch flugs geheiratet. Das prominente Paar mit den prominenten Pferden möchte im alten Klostergut selbst alt werden ...

 

 

 

 

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