Ian Millar (67) jagt nur noch die eigenen Rekorde als Springreiter... Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Montag, 12. Mai 2014 um 10:55

So jubelte Ian Millar nach Silber bei den Olympischen Reiterspielen 2008 in Hongkong

(Foto: Tammo Ernst)

 

Xalapa/ Mexiko. Mit 67 Jahren und diesen Erfolgen ist der Kanadier Ian Millar wahrlich eine Legende in der Geschichte des Springreitens. Nun steht er vor der siebten Teilnahme bei Weltmeisterschaften im August in der Normandie.

 

 

Gentleman-Reiter Ian Millar ist mit 67 Jahren der älteste Springreiter, der sich immer noch in den Dienst der kanadischen Equipe stellt, er ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Legende in einem Sport, der vor allem Disziplin, Fitness und Gefühl verlangt. Seit  London 2012 wird er auch als Rekordteilnehmer bei Olympia geführt: Zum zehnten Mal war er dabei. Und für das Einzelfinale qualifizierte er sich außerdem, wo er auf Star Power Neunter wurde. Er ist trotz John Whitaker oder Hugo Simon die wahre Ausnahmeerscheinung in dieser Branche, ohne Wenn und ohne Aber. Im Preis der Nationen im mexikanischen Xalapa am letzten Wochenende war er im Stechen der Siegreiter gegen die USA, somit sind die Kanadier für das Finale der besten Nationen-Preis-Equipen im Oktober in Barcelona wie im Vorjahr bereits so gut wie vorzeitig in der Nordamerika-Mittelamerika-Karibik-Liga qualifiziert.

 

Den größten Teil seines Lebens verbrachte er im Sattel. Mit zehn Jahren fing er an, nun mit 67 ist er noch genauso versessen aufs Reiten wie am Anfang. Ian Millar umgibt eine besondere Aura. Er steht natürlich in der „Ruhmeshalle des Sports“ in seiner Heimat, wo doch Eishockey alles ist - und Reiten etwas ganz Spezielles. Man nennt ihn gar voller Ehrfurcht auch manchmal „Captain Canada“.

 

Er hält Rekorde für die Ewigkeit, die wohl kaum noch gebrochen werden können. Zehnmal startete er bei Olympischen Spielen, keiner mehr als er, dazu gewann er mit der kanadischen Equipe beim Ersatz-Olympia 1980 in Rotterdam – Boykott der großen westlichen Reiternationen der Olympischen Reiterspiele 1980 in Moskau wegen des Afghanistan-Überfalls durch die damalige UdSSR - die Goldmedaille, sonst hätte er elf Olympische Reiterspiele im Rekordbuch. Er war in Sydney 2000, vier Jahre später in Athen und in Hongkong 2008 jeweils der älteste Teilnehmer im Reiten, und er gewann als bisher ältester Starter bei Olympia der Reiter eine Medaille, nämlich 2008 Team-Silber nach Stechen gegen die USA. Sein Olympia-Debüt gab er 1972 in München mit einem sechsten Platz im Preis der Nationen im Olympia-Stadion am Schlusstag der Spiele – mit Sieger Deutschland.

 

Pferd mit eigenem Fan-Club…

 

Der lange Kanadier von 1,90 m wird allen älteren Reitsportliebhabern in erster Linie immer in Erinnerung bleiben mit dem belgischen Wallach Big Ben, Stockmaß 1,80 m, wie einst der gewaltige Wallach Fire, mit dem Norbert Koof 1982 in Dublin  Weltmeister wurde. Sie passten zunächst nicht zusammen, Big Ben war ängstlich, stur. Millar: „Mit Kraft ging nichts. Doch irgendwann hatte ich den Draht zu ihm gefunden.“ Aufmerksam auf den Wallach hatte den Kanadier der bekannte frühere holländische Springreiter, Pferdehändler und Turnierveranstalter Emile Hendrix gemacht.

 

Zweimal – 1988 und 1989 - gewann Ian Millar mit dem Wallach den Weltcup, Big Ben hatte bald einen eigenen Fanclub - und seinen einzigen Schwachpunkt bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul, ähnlich wie der Schimmel Milton unter dem Briten John Whitaker bei Olympia 1992 in Barcelona. Wahrscheinlich wurde Big Ben zu spät nach Südkorea geflogen und hatte bei Beginn der Spiele die klimatische Umstellung noch nicht geschafft. Ian Millar und Big Ben, eine sonst fast perfekte Partnerschaft, belegten im Einzelspringen den 15. Rang. Mit Big Ben gewann Millar nicht weniger als 49 Große Preise, der Fuchs musste 1999 im Alter von 23 Jahren eingeschläfert werden. Er wurde wie sein Reiter in die „Ruhmeshalle des Sports“ von Kanada aufgenommen.

 

Reiter ohne Stallgeruch…

 

Der neunmalige kanadische Landesmeister, der auch sechsmal das Derby des Landes in Calgary gewann, zweimal Panamerikanischer Meister wurde, hatte Wirtschaftswissenschaft studiert, er war als Immobilien- und Börsenmakler erfolgreich, als Manager für Hotels und Restaurants tätig, Reiten als Hobby wurde am Ende sein wahrer Beruf. In der kleinen Stadt Perth in der kanadischen Provinz Ontario unterhält er einen Ausbildungs- und Handelsstall, seine Frau Lynn starb vor sechs Jahren an Krebs, sein Sohn Jonathan und Tochter Amy sind ebenfalls erfolgreich im Springreiten unterwegs. Mit weit über  1,9 Millionen Euro reinem Gewinngeld steht er in Spruce Meadows vor den Toren Calgarys auf der Prämienliste beim berühmten geldträchtigen CSIO von Kanada an dritter Stelle hinter seinem Landsmann Eric Lamaze (2,4 Millionen) und der US-Amerikanerin Elizabeth Madden (2,1 Millionen €).

 

Ian Millar war immer ein Reiter ohne Stallgeruch, wie Hans Günter Winkler aus Deutschland. Millar kann sich überall bewegen, in Sport- wie in Gesellschaftskreisen. Er gibt überall eine gute Figur ab, ob bei der alljährlichen Auktion bei Holger Hetzel in Goch, ob auf Bällen, oder eben im Sattel.

 

Nach dem Weltcupsieg 1988 in Göteborg flog er nicht zurück nach Hause, sondern nach Münster. Dort erfüllte er sich einen Traum, er durfte bei Dr. Reiner Klimke auf dem Goldross Ahlerich Lektionen der gehobenen Dressur reiten. Und er ließ sich auch unterrichten vom erfolgreichsten olympischen Dressurreiter aller Zeiten. Millar: „In der Dressur wird bei der Ausbildung des Pferdes vor allem Wert auf den Schub aus der Hinterhand gelegt, und das ist ebenfalls wichtig und manchmal gar entscheidend im Springreiten. Pferde mit einer guten Galoppade springen leichter.“

 

Die Chronik in Stichworten:

 

Rekordteilnehmer an Olympischen Spielen: 10 Mal: 72 München, 76 Montreal, 84 Los Angeles, 88 Seoul, 92 Barcelona, 96 Atlanta, 2000 Sydney, 2004 Athen, 2008 Hongkong und London 2012 - sowie den Ersatz-Spielen 1980 in Rotterdam (Teamsieger), Mannschaftssilber in Hongkong auf in Style nach Stechen gegen die USA, er nahm an sechs Weltmeisterschaften und an sechs Panamerikanischen Spielen – vergleichbar Europameisterschaften - teil, 1999 in Winnipeg, wo er auf Ivar zum zweiten Mal nach 1987 den panamerikanischen Einzeltitel gewann, nachdem er im ersten von drei Prüfungen lediglich 16. war.

 

Er war 2000 in Sydney, Athen 2004, Hongkong 2008 und in London 2012 jeweils der älteste Teilnehmer im Springreiten aller Olympischen Spiele, dazu bisher in der Geschichte – Silber in Hongkong – der älteste olympische Medaillengewinner im Reiten aller Zeiten. Neunmal kanadischer Meister, sechsmal Derbysieger in Calgary, und er siegte zweimal im Weltcupfinale auf Big Ben (1988 und 1989).

 

Um die Nutzbarkeit unserer Seiten zu verbessern, verwenden wir Cookies. Falls Sie mit der Speicherung von Cookies nicht einverstanden sind, finden Sie hier weitere Informationen. Weitere Informationen >>> Cookie-Hinweis.

Hinweis >>>