Ingrid Klimke - schon viel gewonnen, aber immer noch besondere Träume... Drucken
Geschrieben von: Norbert Herbst/ DL   
Montag, 07. März 2016 um 19:26

Ingrid Klimke im großen Dressurviereck mit Dresden Mann

(Foto: Kalle Frieler)

Münster. Ingrid Klimke (47), seit Jahren überaus erfolgreich in der Vielseitigkeit am Start, ähnelt stark ihrem ihrem großen Vater Dr. Reiner Klimke. Was sie jedoch noch gerne hätte, wäre eine Einzelmedaille bei Olympia oder einem internationalen Championat. In der Vielseitigkeit wird das Zeitfenster knapper, aber es bleibt ja noch die Dressur...

 

Wenn man hierzulande Klimke heißt, aus Münster stammt  und reitet, dann es es sicherlich nicht abwegig, dass unterstellt wird, die 47-Jährige habe sicherlich eher im Sattel gesessen als laufen können. Ob das wirklich so gewesen ist, weiß sie nicht so genau, doch dass sie schon von Kindesbeinen an auf Pferden saß, ist für die Tochter des großen Reiner Klimke (+1999) verbriefte Tatsache. „Als mein älterer Bruder Rolf mit dem Reiten aufhörte und ich sein Pony übernehmen konnte, war das schon eine tolle Sache“, erinnert sie sich gerne an ihre reiterlichen Anfänge.

 

Dressur und Vielseitigkeit sind ihre Sportarten, doch die Prüfungen im “Busch”, wo es über Stock und Stein und immer über feste Hindernisse geht,  sind für sie nach wie vor die „Krone der Reiterei“. „Wenn Du vorn dabei sein willst, musst Du in drei Disziplinen spitze sein. Das ist schon etwas Besonderes.“ Ingrid ist spitze. Seit Jahren. Ihre großen Erfolge sprechen dabei für sich: Zweimal, in Hongkong (2008) und London (2012), gewann sie jeweils  im Sattel von FRH Butts Abraxxas Teamgold bei Olympia, dreimal - Aachen 2006, Kentucky/USA 2010 und Normandie 2014 - wurde sie mit Braxxi“ und FRH Escada JS Mannschaftsweltmeisterin. Teamgold gab's zudem bei der EM in Malmö 2013 und sozusagen als Beigabe noch Einzelsilber, das sie mit Escada, ihrer galoppierfreudigen Hannoveranerstute, ebenfalls Gold wurde offeriert in Schottland 2015. Was in ihrer umfangreichen Titelsammlung noch fehlt, ist neben den vier nationalen Meisterschärpen – der erste Gewinn eines Einzelchampionats auf internationaler Ebene.

 

 

Ihr bisher schönstes sportliches Erlebnis allerdings war nicht mit einem Titelgewinn verbunden. 2000 starte sie mit dem Vollblüter Sleep Late erstmals in Sydney bei Olympia. „Es war seine erste Viersterne-Prüfung, wir wurden mit der Mannschaft Vierter, und außerdem schnupperte ich erstmals Olympialuft. Das sind Momente, die man als Sportler nie vergisst“, sagt sie.

 

„Ohne Fleiß kein Preis“, lautet eine alte Binsenweisheit. Ingrid Klimke, ausgebildete Bankkauffrau, studierte Grundschullehrerin und jetzt als Pferdewirtschaftsmeisterin  selbständig in ihrer Heimatstadt Münster tätig, hat sich stets an dieses Motto gehalten. Sie, der 2012 der Titel eines Reitmeisters in ihrer Heimatstadt verliehen wurde,  weiß, dass  Talent allein nicht ausreicht, um sich gleich in zwei Disziplinen international auf höchstem Niveau behaupten zu können. So sucht sie immer noch Rat bei ihrem Mentor Paul Stecken (99) und baut zudem auf die Tipps vom ehemaligen deutschen Bundestrainer Kurt Gravemeier („Ingrid ist wissbegierig und will alles perfekt machen. Sie überlässt nichts dem Zufall“).  Zudem vertraut sie in Sachen Dressur ihrem jüngeren Bruder Michael  und vor allem den  Bundestrainern Hans Melzer und Christopher Bartle, die das Querfeldeinreiten hierzulande auf eine einzigartige Erfolgsschiene gesetzt haben. „Die beiden sind top. Sie sorgen stets für eine gute Stimmung in der Mannschaft und bringen ihr großes Wissen  immer positiv ein.“

 

Bei den deutschen „Buschis“ stimmt die Großwetterlage seit Jahren. „Wir sind ein Team, in dem ein Rädchen nahtlos in das andere greift. Das gilt für Trainer, Betreuer, Ärzte und Schmied gleichermaßen“, verdeutlicht Ingrid Klimke.

 

Ihre Kaderschmiede für den sportlich hart erarbeiteten Erfolg liegt am Stadtrand von Münster. Auf der Anlage von Oliver Schulze-Brüning, dem Macher des traditionellen Münsterschen Hallenturniers (K&K Cup), das alljährlich im Januar in der Halle Münsterland zur Austragung gelangt, hat sie seit 2001 15 Boxen gemietet. „Ich bin mit meinen Pferden auf der alten Tenne und fühle mich dort pudelwohl“, sagt Ingrid Klimke, die mit Dresden Mann, einem westfälischen Dresemann-Sohn, auch in der Dressur national erfolgreich startet. Ihre sportliche Liebe gehört auch der Dressur, daran lässt sie keinen Zweifel. Seit 2001 ist sie mit Andreas Busacker verheiratet, die Töchter heißen Greta und und die jüngere Philippa.

 

Wie wohl sie sich auch im Dressurviereck wohl fühlt, hat sie unter anderem mit Damon Hill bewiesen, den sie sechs Jahre ausbildete und bis zur Grand Prix-Reife brachte. Die Früchte ihrer Ausbildungsarbeit erntete später ihr ehemaliger Lehrling Helen Langehanenberg, die mit dem westfälisch gezogenen Hengst von Donnerhall internationale Reputation und Medaillen erlangte.

 

Apropos Ausbildung: Diese Sparte ist noch heute Ingrids Ding. Regelmäßig gibt sie Reitstunden _ für ihre Lehrlinge und für Tochter Greta, die drauf und dran ist, einmal wie Mama reiten zu können. Ingrid Klimke, für die der geliebte Papa, zu Lebzeiten weltweit einer besten Reiter und Ausbilder, ist in vielen Dingen dem großen Vater ähnlich. Wie er schreibt sie Bücher und dreht Videos zum Themenbereich „Korrektes Reiten“. Auch das sind geschäftliche Dinge, die sie mit ihrem mittlerweile fast 100-jährigen Mentor Paul Stecken im Detail bespricht. Sie vertraut dem Mann, der noch heute für den deutschen Reit- und Springsport wie kaum ein anderer steht. „Er ist auch als Lektor unbezahlbar“, sagt sie über den Grandseigneur der Trainerszene.

 

Sieben Angestellte sorgen dafür, dass im Stall Ingrid Klimke alles nach Plan läuft. Die Bedingungen auf der Anlage Schulze-Brüning sind optimal, allein zum Konditionstraining fährt Ingrid Klimke mit ihren Vierbeinern ins nahegelegene Altenberge. „Dort ist ein Rodelberg“, sagt sie, denn im flachen Münsterland weiß man schon  morgens, wer abends zu Besuch kommt. Immerhin: Der von der Stiftung Deutscher Spitzenpferdesport gepachtete Berg, der vom Deutschen Olympiadekomitee für Reitereiterei (DOKR) gepflegt wird, reicht aus, um die Pferde auch international topkonditioniert an den Start zu bringen.

 

Olympia in Rio im kommenden August steht für Münsters sechsmalige “Sportlerin des Jahres” natürlich auf der Agenda. Und sie weiß, dass sie mit der Embassy-Tochter FRH Escada JS und dem Sohn des Vollblüters Helikon xx, Horseware Hale Bob, zwei Vielseitigkeitspferde im Stall hat, die auf jedem Geländekurs der Welt bestehen können – auch in Rio.

 

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