Sönke Rothenberger steht für eine neue Richtung Drucken
Geschrieben von: Oliver Wehner/ "Die Rheinpfalz"/ DL   
Montag, 19. Juni 2017 um 16:47

Bad Homburg. Dr. Reiner Klimke sagte mal, in die deutsche Dressur-Equipe zu kommen sei schwieriger als später mit einer Medaille nach Hause zu fahren. Und um nominiert zu werden, musste man schon einiges gewonnen haben, damals unmöglich in jungen Jahren. Sönke Rothenberger steht als Gegenbeispiel – in Aachen beim CHIO ist er wieder in der Nationen-Preis-Mannschaft.

 

Der weise Ratschlag „Junger Reiter auf ein erfahrenes Pferd“ scheint in diesem Fall ausgehebelt: Sönke Rothenberger und Cosmo sind das mit Abstand jüngste Paar in der deutschen Spitzendressur – zusammen gerade mal 32 Jahre alt. Und bei den nationalen Titelkämpfen in Balve steigerten sich die Shooting-Stars  des Jahres 2016 mit zwei Silbermedaillen und somit Vizetiteln hinter der überragenden Isabell Werth.

 

So ganz stimmt das mit der ausgehebelten Weisheit aber doch nicht. Denn als Sönke Rothenberger mit gerade mal 19 Jahren in Stuttgart sein Weltcup-Debüt gab, da saß er im Sattel des routinierten Favourit. Den jetzt 18 Jahre alten Rheinländer-Wallach stellte er vor zwei Wochen topfit und elastisch in Wiesbaden beim Pfingstturnier vor. Im Special (den er gewann), nicht der Flutlichtkür, die er eigentlich reiten wollte. Aber da eine wichtige Prüfung an der Uni just zu der Zeit angesetzt war, da er die Qualifikationsprüfung für die Kür hätte bestreiten müssen, plante der Youngster halt um. Das Studium ging  eben vor.

 

Diese Begebenheit sagt vieles aus über einen schon sehr reifen jungen Mann. „Auf jeden Fall möchte ich Beruf und das Reiten unter einen Hut bekommen“, sagt Rothenberger, der in Frankfurt Finanzmanagement studiert. Dass er angesichts seiner  Erfolgssträhne im Sport nicht allzu bald  einen „normalen“ Beruf ergreifen wird, liegt auf der Hand. „Solch ein Pferd wie Cosmo bekommt man nicht oft, vielleicht nur einmal im Leben“, sagte  er demütig der RHEINPFALZ, „das ist schon etwas besonderes.“ Was er auskosten möchte, zumal der Wallach erst zehn Jahre alt ist.

 

Mit Teamgold kehrte Rothenberger im August 2016 von den Olympischen Spielen in Rio  heim aufs Gestüt Erlenhof im hessischen Bad Homburg. Die Rothenbergers als Pferdefamilie zu bezeichnen, ist eigentlich  hoffnungslos untertrieben. Vater Sven und Mutter Gonnelien errangen 1996 in Atlanta als erstes Ehepaar gemeinsam Teamsilber für die Niederlande, zu deren Verband Sven Rothenberger 1994 gewechselt war. Sönkes Schwestern Sanneke und Semmieke sind ebenfalls deutsche Top-Talente. Und Sönke ist dazu auch ein passionierter Springreiter.

 

Reifer, geschlossener, immer noch spektakulär, aber nicht mehr so zackig wie noch vor ein, zwei Jahren präsentierte er nun seinen – kein Zufall bei dieser familiären Konstellation – niederländisch gezogenen Wallach. Auffällig in Balve: Zu den bekannten Stärken Cosmos im  Trab gesellte sich eine atemberaubende Wechseltour – da schlägt wohl in seiner Galoppade durch, dass sich über Vater Van Gogh und Muttervater Landjonker viel Springblut in seinem Stammbaum finden lässt.  Ein „Kasper“  sei Cosmo im Stall, berichtet Hobby-Hühnerzüchter Sönke Rothenberger, der den stets hellwachen Braunen  in der Prüfung in kritischen Situationen  schnell wieder bei sich hat. Bemerkenswert: In Balve wurde ihm ein Sonderpreis für feinen, harmonischen Umgang mit dem Pferd beim Abreiten verliehen. „Das hat mich sehr gefreut, ich versuche auch stets zu Hause, die Pferde artgerecht zu beschäftigen“, betont er.

 

In Aachen wird  der 22-Jährige  im Juli mit Isabell Werth (47), Dorothee Schneider (48) und Hubertus Schmidt   (57) das deutsche Nationenpreisteam bilden – mehr als nur ein Fingerzeig in Richtung EM-Aufgebot für Göteborg.  Da steht im August wohl ein   Familienausflug nach Schweden an, denn einen Mangel an „TTs“ (Turniertrottel, also Helfer) muss Sönke nie beklagen. Und schon 1990 wurde ein Familienausflug organisiert zu den Weltreiterspielen nach Stockholm, wo Sönkes Vater Sven Rothenberger mit der Deutschen Mannschaft auf Ideaal neben Nicole Uphoff auf Rembrandt, Monica Theodorescu auf Ganimedes und Ann Kathrin Linsenhoff auf Golfstrom die Goldmedaille gewann…

 

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