Der nicht gerade leichte Ritt zu Gold für Julia Krajewski Drucken
Geschrieben von: Alexandra Koch/ DL   
Montag, 10. Januar 2022 um 16:24

Warendorf. Als erste Frau gewann Julia Krajewski die Goldmedaille in der Vielseitigkeit bei Olympia seit 1912 in Stockholm, als erstmals auch Reiten zum Programm gehörte: Am 2. August 2021 in Tokio. Alexandra Koch unterhielt sich mit ihr.

 

Einfach war es nicht, was Julia Krajewski (33) in den vergangenen Jahren hatte erleben müssen. 2016 bei den Olympischen Spielen in Rio und 2018 in Tryon Verweigerungen im Gelände, 2017 die positive Medikationskontrolle bei ihrem Pferd Samourai du Thot bei den Europameisterschaften, deren Zustandekommen bis heute unklar bleibt. Durch Ereignisse wie diese gingen Erfolge wie Siege in Luhmühlen und Aachen oft nahezu unter. 2021 sollte sich zunächst von der schlimmstmöglichen Seite zeigen. Julias Vater Paul verstarb im Januar. Zudem erkrankte Erfolgspferd „Sam“ schwer an einer Infektion, in deren Verlauf ein Auge entfernt werden musste. An Olympia war kaum zu denken. Wäre da nicht eine ganz besondere Stute gewesen: Amande de B’Néville, elf Jahre alt und aus der französischen Zucht. Sie sollte mit Julia Krajewski in Tokio zur Heldin der Vielseitigkeitsprüfungen werden, denn die beiden holten die erste Einzel-Goldmedaille für eine Frau im Vielseitigkeitssattel überhaupt. Ein Gespräch über Emotionen, olympische Momente, Leidenschaft und was im Leben für sie wirklich wichtig ist.

 

Ein paar Monate sind seit dem Olympiasieg nun bereits ins Land gegangen. Auf Sie warteten viele Aufgaben, wie etwa die Junioren-EM in Segersjö, die mit einem weiteren Triumphzug mit Junioren-Doppelgold endete. Berichten Sie doch mal: Was ist in dieser Zeit alles geschehen?

Julia Krajewski: „Ich habe zuhause einen wundervollen Empfang erlebt. Natürlich kennt man als Sportler die Bilder von der Rückkehr der Teilnehmer. Und ich hatte gehofft, dass auch für mich ein paar Leute zum Flughafen kommen würden. Aber letztendlich haben meine Kollegen vom Deutschen Olympiadekomitee für Reiterei, meine Familie und Freunde ein Riesenevent aus meiner Ankunft gemacht und sogar einen eigenen Bus gechartert, um alle zusammen zum Flughafen zu fahren. Für mich war die Ankunft sehr emotional, denn alle, die über die Jahre so viel mitgelitten und mitgefiebert haben, waren da und konnten mich in den Arm nehmen. Das war einfach berührend.

Ein weiteres Highlight war das Event in Warendorf, wo meine Stute Mandy mit rotem Teppich in Empfang genommen wurde. Sie hat sich wohl am meisten über die Schubkarre voller Möhren und Äpfel gefreut, aber fand die ganze Situation, glaube ich, ziemlich cool. Mandy mag die Aufmerksamkeit, die ganz große Bühne. Sie steht auch in der Siegerehrung immer da wie ein Denkmal.

Letztendlich waren die Wochen danach ganz schön überwältigend. Man rechnet ja auch als Sportler nicht unbedingt damit, dass man mit Gold von Olympia nach Hause kommt. Daher hatte ich nach Olympia auch einen vollen Zeitplan, inklusive der Nachwuchs-EM in Schweden, Bundeschampionat und Lehrgang. Zwischendrin lagen Pressetermine und Empfänge. Das war schon stressig, aber auch sehr schön.

Seit einiger Zeit habe ich nun doch ein Bewusstsein entwickelt, dass das etwas ganz Großes ist, was uns da gelang. Aber ich glaube, ich brauche noch ein bisschen Zeit, um es komplett zu realisieren. Die Reichweite des ganzen zu begreifen, das dauert vielleicht sogar Jahre. Immer wieder begegnen mir Menschen, die erklären, wie sehr sie das alles berührt hat.“

Lassen Sie uns vor dem Rückblick auf die Spiele doch gleich nochmal auf die Nachwuchs-EM in Segersjö schauen. Was bedeutet Ihnen solch ein Erfolg, an dem Sie als Trainerin der Junioren definitiv maßgeblich beteiligt waren?

J.K.: „Ich habe selbst sehr früh mit meiner Karriere begonnen, war ja schon mit zwölf Jahren Doppel-Europameisterin bei den Ponys und habe danach viele weitere Medaillen gesammelt. Ich freue mich sehr, wenn ich Kindern einen ähnlichen Weg weisen kann. Sie sehen mich und haben vielleicht das Gefühl, dass sie es auch schaffen können. In diesem Jahr waren fünf von sechs meiner Junioren erstmals bei einer EM am Start. Das absolute Highlight ihrer bisherigen Karriere und das wollte ich unbedingt – auch nach dem Olympiasieg – natürlich entsprechend begleiten. Das ist meine Arbeit, die mir viel bedeutet. Solch eine Medaille in jungen Jahren ist ein unglaublicher Motivationsschub, der bei vielen dazu beiträgt, dass sie wirklich weitermachen möchten.“

Also sind sie ebenso gern als Trainerin wie als Reiterin unterwegs?

J.K.: „Definitiv ist das so. Die Entscheidung, dafür auch als Trainerin unterwegs zu sein, fiel früh in meiner Karriere, und mir bedeutet diese Arbeit sehr viel. Trainer bin ich tatsächlich eher durch Zufall geworden, weil Rüdiger Schwarz mich in seiner Zeit als Nachwuchs-Bundestrainer mit eingebunden hat. Nachdem er in den Ruhestand ging, habe ich dann sein Juniorenamt angeboten bekommen. Insbesondere in den schweren Zeiten meiner Karriere hat mir dieser Trainer-Job ganz viel Rückhalt gegeben. Von meinen Kollegen habe ich dies ebenso deutlich erfahren.

Ich finde, dass ein großer Vorteil am Trainerdasein ist, dass man beide Seiten kennt, nicht nur die Perspektive des Reiters. Wie wird beispielsweise die Entscheidung gefällt, wer im Team reitet? Was steckt hinter der Startreihenfolge? Als Reiter und Trainer versteht man vieles, was sich sonst nur schwer erschließen lässt.

Aber es ist richtig anstrengend zweigleisig zu fahren (lacht). Ich reite vermutlich ein paar Pferde weniger als viele meiner Reitkollegen, denn ab 14 Uhr gebe ich in der Regel Unterricht, und mehrere Wochenenden im Jahr sind obendrein für die Trainerarbeit geblockt. Aber mir macht genau diese Abwechslung Freude. Und die Arbeit gibt mir eine Zukunftsperspektive für eine vermutlich noch weit entfernt liegende Zeit, in der ich nicht mehr auf Wettkämpfen reite.“

Stichwort Pferde: Wie viele haben Sie momentan unter dem Sattel?

J.K.: „Ich habe momentan acht Pferde im Stall. Das variiert etwas zwischen acht und zehn Pferden. Meine Bereiterin übernimmt immer einige Pferde, die gerade lockerer gearbeitet werden und ich reite die anderen. Das sind wohl sechs, sieben am Tag, wenn alles gut läuft. Die jüngsten Pferde sind vierjährig und das geht dann über meine Teilnehmer am Bundeschampionat, die älteren Nachwuchspferde und meine Top-Stute Mandy bis hin zu meinem Rentner Samourai du Thot. Außerdem reite ich ein Springpferd, das mich dabei unterstützt, mehr Routine im Parcours zu haben und auch mal höher zu springen.“

Rückblick Tokio. Sie waren die erste Team-Reiterin und ich denke, die Konzentration war sowohl in der Dressur als auch im Gelände erstmal aufs Team gerichtet. Wie haben Sie das Wechselbad der Gefühle erlebt, dass das Team dann nach dem Gelände plötzlich ziemlich chancenlos auf die Medaille dastand, Sie aber alle Möglichkeiten hatten, eine Medaille zu gewinnen? Wie erlebten Sie dieses Wechselbad der Gefühle?

J.K.: „Mit nur drei Reitern im Team unterwegs zu sein war natürlich eine enorme Herausforderung. Es gibt kein Streichergebnis, alles muss passen. Die Entscheidung dazu hinsichtlich der Spannung kann ich zwar nachvollziehen, aber für mich sind vier Team-Reiter definitiv die bessere Lösung. Allerdings denke ich, dass man bei Olympia nicht mehr dorthin zurückkehren wird.

Dass ich erster Team-Reiter bin, erfuhr ich frühzeitig. Ich war vor allem froh, dass wir als Team eine relativ späte Startnummer gezogen hatten, denn so wusste ich, dass ich vor allem vor dem Ritt im Gelände doch einige Reiter vor mir haben würde. Die Erkenntnisse aus diesen Ritten sind von unschätzbarem Wert.

Im Dressur-Viereck merkte ich, dass Mandy das Stadion gefiel und sie wirklich konzentriert bei der Sache war. Einmal verlor sie im Schritt ein wenig den Takt, aber ansonsten war es so gut, wie sie das kann. Mein Ziel waren 25 Punkte und mit der Wertung von 25,3 war ich demnach sehr zufrieden. Ich dachte allerdings, dass sich noch ein paar mehr Reiter vor mir einordnen würden. Entsprechend überrascht war ich doch über den vierten Platz nach der ersten Disziplin. Zu meinem Springtrainer habe ich dann gesagt: Wenn ich das halte, dann gewinne ich eine Medaille. Das war einfach nur eine Rechnung, die im Grunde immer aufgeht, denn irgendjemand hat dann doch vor einem einen Abwurf. Ich habe auch nicht mehr weiter drüber nachgedacht.“

...sondern sich vollkommen aufs Gelände konzentriert?

J.K.: „Genau! Ich fand den Kurs für Mandy richtig gut, viel zu springen, technisch auch anspruchsvoll, was die Balance angeht. Mein Gefühl im Gelände war super. Am Ende mussten wir schon kämpfen, da wir ja auch schnell sein wollten, aber es hat super funktioniert. Ich freute mich sehr über meine Runde, nur der Tag nahm leider bei Sandra Auffarth und Michi Jung einen anderen Lauf. Die beiden hatten keine krassen Fehler, aber einfach ein bisschen Pech. Wir hatten nach wie vor eine kleine Medaillenhoffnung, weil wir wussten, dass wir im Springen sehr gut dabei sind. Trotzdem begann ein echtes Wechselbad der Gefühle. Viele freuten sich für Mandy und mich, dass wir so weit vorne lagen. Aber das Team steht doch an erster Stelle für mich. Wir wollten alle professionell agieren, weiterkämpfen und das ist uns mit den drei Nullrunden im Springen auch gelungen. Leider hatten wir das Pech, dass wir trotzdem nicht mehr an die Medaille herankamen.“

Team-Springen oder Einzel-Springen? Wann waren Sie nervöser?

J.K.: „Ich war im Team-Springen deutlich nervöser, da ich eines wusste: Wenn noch etwas nach vorne gehen soll, dann muss die Nullrunde stehen. Das ist uns ja auch gelungen. Ich hatte Mandy am Morgen einmal geritten und sie hat sich zu diesem Zeitpunkt schon super angefühlt. Gleich beim Einritt in den Parcours hatte ich ein gutes Gefühl. Ich wusste, es kann wirklich gehen. Und nach dem Team-Springen war ich dann auf dem ersten Platz im Einzel.

Das habe ich allerdings gar nicht mehr an mich rangelassen. Ich bin Schritt für Schritt alles in der Vorbereitung durchgegangen, was ich mir bereits zurechtgelegt hatte, war beim Abendessen und als ich wieder auf dem Abreiteplatz unterwegs war, nicht besonders nervös, sondern eher positiv angespannt. Ehrlich gesagt habe ich mir gedacht: So, Mandy, das geht. Wir machen das jetzt. Vielleicht hat es den Unterschied gemacht. Und Mandy wusste definitiv, dass es in diesem Moment richtig wichtig war. Es war ein Wahnsinnsgefühl und hat wirklich Spaß gemacht, diese Runde zu reiten.“

Der Moment des Sieges. Können Sie sich noch an Ihre Gedanken erinnern, als Sie mit Mandy plötzlich als Siegerin durch den Parcours galoppiert sind?

J.K.: „Die Erinnerung daran ist leicht verschwommen (lacht). Es war emotional, schwer zu fassen. Wirklich so ein Moment, in dem man sich überlegt: Was fange ich damit an? Was bedeutet das: Olympiasiegerin? Aber es war sehr schön, nur etwas surreal.“

Das Jahr war für Sie zunächst alles andere als von schönen Emotionen erfüllt. Der Tod Ihres Vaters. Dann die schwere Erkrankung von Samourai du Thot, die Entfernung des Auges. Und mit Mandy als zukünftiger Olympiastarterin hatte nun auch keiner wirklich gerechnet...

J.K.: „Viele Leute fragen mich aktuell, wie ich es geschafft habe, das so durchzuhalten und letztendlich zu diesem unglaublichen Erlebnis Olympiasieg zu reiten. Es ist nicht so leicht zu beschreiben. Bereits das Jahr zuvor war schwierig für uns alle, denke ich. Eine Ausnahmesituation wie Corona hatten wir noch nicht erlebt. Und das Verschieben der Spiele war für uns Sportler natürlich ein Rückschlag. Dann der Winter. Das war hart für mich. Aber wenn es schwierig ist, die Dinge nicht so laufen, wie ich es mir wünschen würde, wenn das Leben einfach nur mies ist... dann kann ich am besten darüber wegarbeiten. Ich bin niemand, der ewig zurückblickt, sondern jemand, der sich dann in seine Arbeit stürzt und sich sagt: Mach was! Im Winter zog ich viel Kraft aus meiner Familie, meinem Freund, den Freunden, aber auch aus der Reiterei. Mein Fokus lag dabei gar nicht so sehr auf Tokio, aber ich machte mir Turnierpläne und Ziele zur Ausbildung meiner Pferde, und das hat mir Kraft gegeben. Gerade während des ersten Coronajahres war es mir schwergefallen, keine sportlichen Perspektiven zu haben. Das war nun wieder möglich. Aber natürlich kamen die Emotionen immer wieder hoch, gerade kurz vor Tokio.“

Wenn Sie auf die vergangenen Championate mit den Misserfolgen blicken, haben Sie da auch diese Herangehensweise genutzt, um sich wieder aufzurappeln?

J.K.: „Ja, so etwas ist ohne Zweifel ein ganz mieses Gefühl. Und ich habe es häufig erlebt. Doch es bringt nichts, am Boden liegenzubleiben. Die Arbeit mit den Pferden hat mir immer geholfen, darüber hinwegzukommen, und die Ziele haben mich weitermachen lassen. Ich bin immer Schritt für Schritt vorgegangen, habe überlegt, was ich besser machen kann. Auch, wie ich mit der Situation umgehe, mit der schlechten Presse, den Zweiflern, meinen eigenen Emotionen. Ich wollte solche Erlebnisse nicht wiederhaben. Und ich denke, das ließ mich noch mehr an mir selbst arbeiten. Klar hatte ich auch Selbstzweifel. Meine Familie und andere Menschen, die mir nahestehen, waren dabei immer mein Rückhalt. In schweren Zeiten lernt man, wer wirklich zu einem steht. Natürlich haben all die Erfahrungen mich menschlich reifen lassen. Das hat im Vergleich zu Rio, denke ich, auch einen großen Unterschied gemacht. Mit Gold kann man selbstverständlich nicht rechnen. Mein Ziel für Tokio war ein Platz unter den besten Acht.“

Bundestrainer Hans Melzer war einer derjenigen, die immer an Sie geglaubt haben?

J.K.: „Hans ist ein unglaublich positiver Mensch, der immer für mich da war. Er weiß als Trainer, dass jeder seiner Reiter sein Bestes gibt. Es würde ja keiner absichtlich einen Sprung verweigern. Aber es passiert nun einmal auch sehr leicht. Deswegen ist man kein schlechter Reiter. Als Trainer steht Hans nicht nur daneben, sondern ist voll mit dabei. Und er hat tatsächlich immer an mich geglaubt.“

Wenn Sie Ihre Mandy in drei Sätzen beschreiben sollten: Was macht sie so besonders?

J.K.: „Drei Sätze sind schwierig (lacht). Mandy springt unfassbar gut, das Gefühl im Gelände und Springen ist nicht zu beschreiben. Sie ist mental unglaublich stark, hat ein unheimliches Kämpferherz, gibt immer alles, lässt sich vom Drumherum nicht beeindrucken. In dieser Hinsicht ist sie anders als Sam, der manchmal etwas schüchtern war, und damit gab sie mir beispielsweise in Tokio eine große Sicherheit. Ich beschreibe sie auch gern als meine Löwin, die immer für mich kämpft und einen unglaublichen Charakter besitzt. Sie wirkt immer etwas überlegen gegenüber den anderen Pferden und einfach cool.“

Wie lange reiten Sie die Stute jetzt schon?

J.K.: „Ich habe sie sechsjährig unter den Sattel bekommen und jetzt ist sie elf. Vor ihrer Zeit bei mir ging sie kleinere Springen, von daher war das schon immer ihre größte Stärke. Sie stand lange Zeit tatsächlich im Schatten von Samourai du Thot, aber konnte dort auch heranreifen. Nicht so leicht war zu Beginn, ihren Ehrgeiz oder auch Überehrgeiz in geordnete Bahnen zu bringen. Sie möchte immer 120 Prozent geben. Heute kann ich das gut kanalisieren.“

Wie sieht die weitere Planung mit Mandy aus?

J.K.: „Nach Tokio durfte sie ein paar Wochen relaxen und ging nur auf die Weide. Aber mittlerweile will sie natürlich wieder in den echten Sport, und ich reite sie regelmäßig. Wir bereiten uns in Ruhe auf die nächste Saison und die WM in Dänemark vor. Momentan gehen wir viel spazieren und bald lege ich ihr auch wieder den Dressursattel auf.“

Und wie sieht es bei Ihnen aus? Worauf liegt der Fokus bei Ihrer Arbeit momentan?

J.K.: „Von einem einzigen Pferd kann ich nicht leben und vom Olympiasieg auch nicht (lacht). Daher arbeite ich jetzt vermehrt mit den jungen Pferden, welche über den Sommer etwas zurückstehen mussten, als alles auf Olympia ausgerichtet war.“

Wie geht es Sam mittlerweile in seinem Ruhestand?

J.K.: „Ihm geht es gut und er wird auch geritten von mir. Momentan steht er noch bei mir am Olympiadekomitee, aber langfristig werden wir uns etwas anderes überlegen. Voraussichtlich geht er zu meinen Schwestern, die bei Hamburg leben. Er ist als Aktivrentner nach wie vor sehr motiviert. Allerdings war für mich klar, dass ich es nicht nochmals mit dem Spitzensport mit ihm versuchen wollte. Viele Pferde machen ja auch mit einem Auge sportlich weiter, aber das wollte ich ihm mit 15 Jahren nicht aufbürden. Sam war immer schon etwas guckig und ich denke, das wäre einfach nicht der richtige Weg für ihn. Ich bin unglaublich glücklich, dass er seine Erkrankung so gut überstanden hat und die körperliche Kraft langsam wieder zurückkam.“

In einem unserer früheren Interviews zu Olympia 2016 meinten Sie, dass Sie sich mit der Teilnahme bei Olympia schon den vielleicht größten persönlichen Wunsch erfüllen konnten. Ihr anderer Wunsch war seinerzeit ein etwas schönerer LKW mit ein klein wenig mehr Luxus für Pferd und Reiter. Hat das auch geklappt? Und gibt es jetzt überhaupt noch offene Wünsche?

J.K.: „Tatsächlich, das mit dem LKW hat geklappt (lacht)! Und jetzt hat er nach langem Gebrauch von über fünf Jahren doch seinen Zenit schon fast wieder überschritten. Will heißen, es gibt einen neuen LKW-Wunsch, an dessen Umsetzung wir gerade arbeiten. Das hört sich natürlich ein bisschen nach Luxusproblemen an, aber wir sind ja quer durch Europa damit unterwegs und da möchten wir vor allem den Pferden den bestmöglichen Komfort gönnen. Im LKW verbringe ich manchmal mehr Zeit als in meiner Wohnung. Und ansonsten... Puh, ein Olympiasieg ist einfach so krass. So was wünscht man sich vielleicht insgeheim, aber denkt niemals daran, dass es in Erfüllung geht... Aber jetzt würde ich mir wünschen, dass ich meine Selbstständigkeit, in die ich mich vor einem Jahr begeben habe, weiter auszubauen kann und ich es immer schaffe, davon zu leben und den Sport noch lange weiterzumachen. Corona war kein leichter Start in die Selbstständigkeit, aber es wird jetzt hoffentlich besser. Mein größter Wunsch ist, dass meine Familie und ich von weiteren Schicksalsschlägen verschont bleiben. So etwas lenkt die Perspektive auf das Leben und was darin wichtig ist, doch sehr deutlich. Eine Goldmedaille kann derartiges nicht aufwiegen, aber sie kann zeigen, dass das Leben weitergeht und wieder schöne Momente hervorbringt, auch wenn man denkt, es geht nicht mehr.“

 

 

 

 

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