Hetzel-Auktion ein Rendez-Vous von Freunden... Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Mittwoch, 07. Dezember 2022 um 15:47

Goch. Mit einer relativ kleinen Mannschaft schafft Holger Hetzel (62) durchaus Großes, neben einer Auktion noch Lehrgänge zu organisieren, Pferde anzukaufen, Turniere zu veranstalten und mit den Kunden Freundschaften zu pflegen – dazu gehören Können, Mut und Unternehmergeist. Was mal aus einer Momentidee ewurde...

Am Anfang stand eine Schnapsidee. Und die hatte Dietmar Gugler (61), einst Nachwuchs-Bundestrainer im Dienste der deutschen Reiterlichen Vereinigung, früher auch im Dienste von Pferde-Mogul Paul Schockemöhle in Mühlen und ebenfalls selbst im Springsattel sehr erfolgreich. Damals 2005 an einem Septembertag saß man in kleiner Runde am wahrlich keineswegs großartigen Stall bei Holger Hetzel in Goch-Pfalzdorf zusammen. Gugler schlug so nebenbei Hetzel vor, doch einen „Tag der Offenen Tür“ in Zukunft zu veranstalten. Und weil man bester Laune war, sagte einer, Holger Hetzel solle doch mal Pferde zeigen. Und dann sagte jemand, wir könnten doch auch gleich einmal so eine Art Auktion durchspielen. Hetzel: „Wir wollten nur Pferde zeigen.“ Aber einer fing an zu bieten. Am Ende wurden zehn Pferde versteigert. Eine Stakkato-Stute ging für 225.000 Euro weg nach Finnland. 2005 – jedoch gleichzeitig der Beginn kommender überaus erfolgreicher Auktionen für Springpferde.

Zwei Pferde über 1 Million Euro

Vor wenigen Tagen fand die 17. Auktion mit großer Veranlagung statt. 20 Pferde standen zum Verkauf, alle 20 wurden verkauft, zwei gingen für über eine Million Euro weg. Nicht weniger als fünf Pferde sicherte sich Hetzel-Freund Frank Auer aus Mülheim, auch für 1.350.000 die Preisspitze, nämlich den sechsjährigen Wallach Level Up von Dominator Z. Insgesamt wurden an diesem Abend 6.575.000 Euro – Rekord - umgesetzt, im „Schnitt“ kosteten die Pferde 328.750 Euro. Nicht zu vergessen, dass auf die Preise noch 19 Prozent Mehrwert- und sechs Prozent Kommissionssteuer geschlagen wurden.

Was mal ganz klein und überaus bescheiden begann, ist Geschichte. Wo mal ein kleiner Bauernhof seines Onkels stand, mit Ställen für Kühe und Schweine, ließ Holger Hetzel eine mustergültige Reitanlage entstehen, mit komfortablen Boxen, einer modernen Reithalle, Außenplätzen, Weiden, alles, um sich als Pferd, aber auch als Angestellter, wohlfühlen zu können. Er selbst ließ vor vielen Jahren zunächst eine Traglufthalle hinstellen, „denn an eine richtige Halle war aus finanziellen Gründen nicht zu denken.“

Stress- Sechs Monate Klinik

Dann machte er aber forsch den zweiten Schritt vor dem ersten. Er pachtete 1994 im benachbarten Kevelaer die „Schravelsche Heide“ mit Hotel als Zentrum für Lehrgänge. Den Vertrag schloss er auf zehn Jahre ab. Auf dem Hof seines Onkels in Pfalzdorf sollte der normale Alltag organisiert werden, Training , Turniervorbereitung und Verkauf von Pferden. Doch nach zwei Jahren, von Stress gebeutelt, erlitt er einen Gehörsturz, sechs Monate lag Hetzel im Krankenhaus, den Kontrakt musste er dennoch erfüllen. Das war ihm eine bittere Lehre. Die Fortsetzung folgte in positiver Richtung dann in Goch. „Ich bin danach schrittweise vorgegangen, ich wollte mich auf keinen Fall überschulden.“

Zeugen der diesjährigen Auktion in festlichem Rahmen ohne Pomp waren 700 Gäste, Größen aus dem nationalen und internationalem Pferdesport, der Politik und Showgeschäft. Früher gab es Stehplatzkarten, die gibt es nicht mehr. Es waren nur Gäste da. „Und ich möchte, dass sich alle als Gäste auch so fühlen können“, so der 33-malige Nationen-Preis-Reiter. „Natürlich will ich auch Geld verdienen“, sagt er, „aber die Auktion soll in jedem Jahr vor allem ein Treffen von Freunden sein,“ Und er sagt: „Ich lasse keinen fallen, ich weiß, woher ich komme.“

Sein Werdegang verlief relativ gradlinig. Tierarzt wollte er werden, als Jugendlicher ritt er Springen, Vielseitigkeit und Dressur. Nach dem Abitur und Bundeswehrzeit begann er eine Bereiterlehre in Dressur bei Paul Beck in Mönchengladbach und ritt fast nebenbei noch Springen bei Michael Fervers in Büttgen bei Neuss. Nach der Bereiterlehre fing er ein Studium an der Betriebswirtschaft in Mönchengladbach, „weil die Eltern meinten, ich solle einen vernünftigen Beruf ergreifen.“ Damit wollte er Geld verdienen und Reiten als Spaß betreiben.

„Die Spitze habe ich zuhause…“

Vor einigen Wochen auf der Weltmeisterschaft der jungen Springpferde im belgischen Lanaken meinte Hetzel lachend auf die Frage, ob da nichts für ihn und seine Auktion dabei wäre: „Die Spitze habe ich doch schon bei mir zuhause.“ Für seine Auktion ging Hetzel immer schon einen ganz speziellen Weg. Von Anfang an reiste er in der Welt herum und suchte für seine Auktion vor allem nach Qualität, „denn die spricht sich herum, und das wird mir inzwischen auch irgendwie gedankt.“ Hetzel sagt natürlich auch: „Geld verdienen muss ich, um alles zu unterhalten, aber ich habe vor allem auch Freude daran, junge Reiter weiter zu bilden.“ Seit Jahren ist er Landestrainer für den rheinischen Verband.

Auch bei den jungen Springreitern, die von seinem Können und Wissen profitieren wollen, legt er größten Wert auf eine gute Dressurausbildung, so fährt er selbst immer wieder zu Reitmeister Johann Hinnemann nach Voerde „zum Dressur-Nachhilfe-Unterricht“. Dem Nachwuchs und damit den Eltern schnürt er Komplettpakete, vom Suchen geeigneter Pferde über Ausbildung, Training bis hin zum Turniermanagement, „weil ich glaube, dauerhaften Erfolg hat man in dieser Branche nur mit optimaler Dienstleistung“. Und das Projekt "Pferde als Geldanlage" trieb er auch erfolgreich voran.

Er wird inzwischen weltweit akzeptiert

Hinter keiner anderen Pferde-Auktion der Welt muss er sich noch verstecken, er wird auch von der Konkurrenz akzeptiert und respektiert. Und er geht seinen eigenen Weg weiter, schnörkellos, unbeirrt. Am Niederrhein herrscht eine ganz private Atmosphäre, jeder kennt jeden, auch bei Hetzel und seinem Unternehmen, „alle sollen sich hier gut fühlen“.

Das Stammpersonal mit dem Herzstück Holger Hetzel als Chef, Anna Lemeyer als Managerin und Christine Dorenkamp vom Verkauf umfasst 20 Spitzenkräfte, dazu kommen für die Auktion weitere Frauen oder Männer für Sicherheit und andere Jobs, die, so Holger Hetzel, „auch bezahlt werden müssen am Galaabend mit der Auktion“. Bei der letzten Auktion ließ er Artisten und eine Band auftreten, was allein 16.000 Euro kostete. Und Auktionator Volker Raulf und Carsten Sostmeier („Sosti“) als Moderator werden auch nicht gerade für lau auftreten...

Alle Auktionspferde sucht Holger Hetzel selbst aus, nach vielen eigenen Beobachtungen auf Turnieren, oder durch andere anonyme Wissende in der Branche, man muss sich ja nicht die Preise kaputtmachen lassen. Er kauft sie oder nimmt sie in Kommission zum Verkauf. Zwei Monate vor der Versteigerung beziehen die Pferde ihre Boxen auf seiner Anlage, werden gepflegt, trainiert, es werden Videos gedreht und an Kunden oder Interessenten verschickt. Die Kosten nach der Einstallung trägt Hetzel für Futter, Tierarzt, Training oder Schmied. Das Risiko aber auch.

Am Tag nach der letzten Auktion sagte er nur: „Wir sind alle platt…“ Mehr als verständlich.

 

 

 

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