EuGH-Urteil nimmt CAS die Unangreifbarkeit und gibt einigen Hoffnung |
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Geschrieben von: Dieter Ludwig |
Sonntag, 17. August 2025 um 17:55 |
Wassenberg. 1984 wurde auf Betreiben des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) der Court of Arbitration for Sport (CAS) eingerichtet, die Idee dazu hatte der damalige IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch (Spanien). Gegen Urteile des CAS konnte nur noch vor dem Schweizer Bundesgericht Einspruch eingelegt werden. Der deutsche Reitsport erlebte beim CAS auch meist keine positiven Erfahrungen. Aber nun urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) dahingehend, dass gegen CAS-Entscheidungen vor ordentlichen Gerichten in den EU-Ländern vorgegangen werden könne, wozu der bekannte Anwalt Dr. Ulf Walz (Schweiz) ein Statement notierte. Wer nach einer Verurteilung durch Sportgerichte wegen Verfehlungen gegen Reglements der Föderationen oder Tierquälerei im Pferdesport zum Beispiel ein Veteo einlegte und bis zur höchsten Instanz Court of Arbitration for Sport (CAS) durchhielt, hatte letzten Endes meist nur noch zusätzliche Kosten zu tragen. Recht erhielt nur in ganz seltenen Fällen einer. Doch nun setzte der Europäische Gerichtshof (EuGH) als höchste Instanz der Europäischen Union einen Konter und entmachtete praktisch das Schweizer Bundesgericht. Nun können Verbände und Sportler bei CAS-Urteilen weiter vor ein Gericht eines europäischen Landes ziehen. Der Schweizer Anwalt Dr. Ulf Walz (66) aus Basel hatte erstmals mit dem CAS bereits 1986 zu schaffen. Er begrüßt das EuGH-Urteil, „denn der CAS ist kein staatliches Gericht, sondern ein Schiedsgericht, man könnte sagen: Weltsportschiedsgericht. Und wer vor dem CAS verlor, konnte noch zum Schweizer Bundesgericht mit einer Beschwerde, doch mit wenig Erfolgsaussichten wegen der eingeschränkten Anfechtungsmöglichkeiten.“ Er kritisiert auch, dass die Prozessprache nur Englisch oder Französisch ist, und Deutsch nie akzeptiert wurde, „obwohl dies nach dem CAS-Reglement möglich gewesen wäre.“ Der CAS ist nun auch gebunden, sich an europäische Rechtssprechung zu halten. Ulf Walz, viersprachig, deutsch, französisch, englisch und schwedisch, war im Reitsport damals schnell legendär, hartnäckig, quirlig, effektiv und zuverlässig – und dazu erfolgreich vor allem mit Reitern in Prozessverfahren und dort speziell bei Medikationsfällen. In der deutschen Reiterzentrale Warendorf habe vor seinem Kommen oft, so ein ondit, Allergien ausgelöst, er hat auch einen Vorschlag jetzt nach dem EuGH-Urteil für eine elegante Lösung. „Der CAS hat die Reglemente der Sportverbände anzuwenden. Wenn nun aber eben diese Reglemente zwingenden Grundsätzen und Bestimmungen der öffentlichen Ordnung der EU widersprechen, gibt es ein ein Problem.“ Der CAS löse solche Dinge meist sehr elegant dadurch, dass er entweder gar keine Überprüfung vornehme, oder aber sage, dass die umstrittene Reglementsbestimmung des Sportverbandes „eu-rechtskonform“ sei. „Dann kann man diesen (falschen) CAS-Entscheid zwar beim Schweizerischen Bundesgericht anfechten. Doch dort trifft man wiederum auf die gleiche Misere: Das Bundesgericht prüft die Vereinbarkeit der Reglementsbestimmung mit dem zwingenden EU-Recht nicht, sondern nur auf Vereinbarung mit dem sogenannten „Ordre Public“. Was aber „ordre public-widrig“ ist, ist nirgends gesetzlich definiert. Klar scheint nur, das das Bundesgericht jedenfalls nicht der Meinung ist, dass der schweizerische Ordre Public die Grundsätze und Bestimmungen der zwingenden öffentlichen Ordnung der EU umfassen würde. Folglich unterbleibt eine Überprüfung - und das CAS-Urteil wird „rechtskräftig“, so Walz. Weiter sagt der Advokat: „Aber nicht nur das: Weder der CAS, noch das Schweizer Bundesgericht sind dazu berechtigt oder verpflichtet, solche „EU-Rechtskonfomitätsfragen“ dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Und das Urteil des Bundesgerichts kann dann ordentlicherweise nicht und nirgends mehr angefochten werden.“ Der betroffene Sportler oder Sportverein müsse dann versuchen, über den nationalen Gerichtsweg in einem EU-Staat zu seinem Recht zu gelangen, „denn dieses nationale Gericht kann dann die EU-Rechtskonformitätsfrage dem EuGH vorlegen, wie dies im Falle des RFC Seraing gegen den Fußball-Weltverband FIFA der Fall war. Ob aber ein nationales EU-Gericht eine entsprechende Rechtskonformitätsfrage dem EuGH vorlegen würde, solange der CAS und das schweizerische Bundesgericht nicht abschließend entschieden haben, ist fraglich.“ In der Zwischenzeit aber liefen die Zeit und das Geld davon. Im Falle des RFC Seraing/ FIFA stände man nun bereits im zehnten (!) Prozessjahr, und es sei noch immer nichts entschieden, „ob denn nun jene FIFA-Bestimmung gegen zwingendes EU-Recht verstößt oder nicht. Der EuGH hat nur und erst entschieden, dass diese Frage geprüft und entschieden werden müsse. Eine Lösung läge nach Walz darin, „dass einerseits der CAS in seine Statuten schreibt, dass es Verbandsreglements-Bestimmungen auch auf ihre Vereinbarkeit mit dem zwingenden EU-Recht prüft, und dass andererseits das schweizerische Bundesgericht eine Praxis-Änderung dergestalt vornimmt, dass es das zwingende EU-Recht zum „Ordre Puublic“ der Schweiz zählt. Beides erscheint aber wenig wahrscheinlich.“ Eine andere, einfachere und rascher zu realisierende Möglichkeit wäre, „einfach den Sitz des CAS in einen EU-Staat zu verlegen. Dann käme es zwangsläufig und von vornherein zur EU-Rechtskonformitätsprüfung, einer raschen Vorlegung der Streitfrage beim EuGH stünde nichts mehr im Wege.“
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