Veterinäre gehen schweren Zeiten entgegen - wenn... |
Geschrieben von: FN-Press/ DL |
Montag, 21. September 2020 um 17:23 |
Warendorf. Neue Richtlinien der EU verwirren zum Teil und sind auf den Reitsport nicht wie geplant übertragbar. Die deutsche FN möchte eine Ausnahme für lebende Tiere aus dem Verkaufsgüterkaufrecht erreichen. Bis zum 1.Juli 2021 sollen die neuen Richtlinien nämlich Eingang in nationales Recht finden.
Wer sich dafür entscheidet ein Pferd zu kaufen, der muss damit rechnen, dass es irgendwann einmal krank wird oder sich verletzt. Aus rechtlicher Sicht spielt dabei die Frage, ob eine gesundheitliche Beeinträchtigung bereits zum Zeitpunkt der Übergabe des Pferdes vom Verkäufer an den Käufer vorgelegen hat und damit auch der Zeitpunkt der Erkrankung oder Verletzung eine entscheidende Rolle. Wenn eine Privatperson ein Pferd von einem Unternehmer kauft, werden die Rechte des Käufers durch das sogenannte Verbrauchsgüterkaufrecht erneut gestärkt. Die EU hat im Jahr 2019 eine neue Warenkaufrichtlinie verabschiedet, die seitens der Mitgliedsstaaten bis zum 1. Juli 2021 in nationales Recht umzusetzen ist. Diese Richtlinie privilegiert einerseits den Verbraucher, enthält aber auch die Möglichkeit, den Verkauf lebender Tiere aus dem Verbrauchsgüterkaufrecht herauszunehmen. Dafür sprechen aus Sicht der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) verschiedene Argumente, wie FN-Justiziarin Constanze Winter erläutert:
Die Ausgangslage Wenn eine Privatperson ein Pferd von einem Unternehmer, etwa einem gewerblichen Pferdehändler oder -züchter kauft und das Pferd innerhalb von sechs Monaten einen Mangel aufweist, dann enthält das Verbrauchsgüterkaufrecht eine Vermutung, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe des Tieres an den Käufer (Gefahrenübergang) vorgelegen hat. Der Käufer muss dafür keinen Beweis erbringen, der Verkäufer kann aber versuchen, das Gegenteil zu beweisen (Beweislastumkehr). Tritt ein Mangel erst sechs Monaten bis zu zwei Jahren nach Gefahrenübergang auf, muss der Käufer beweisen, dass der Mangel schon zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs vorgelegen hat. Nach der neuen EU-Warenkaufrichtlinie soll der Käufer diesen Beweis erst nach einem Jahr erbringen müssen, wodurch ein Nachteil für den Unternehmer entsteht.
Kein Wissensvorsprung des Unternehmers Die Beweislastumkehr geht zugunsten des Verbrauchers, denn nach dem Gesetz wird vermutet, dass der Verbraucher gegenüber einem Unternehmer im Hinblick auf Informationen über die zu verkaufende Ware benachteiligt ist. Dies trifft jedoch nicht auf den Kauf eines Tieres zu, denn das zu verkaufende Tier wird individuell ausgewählt, besichtigt und ausprobiert. Sowohl der Käufer als auch der Verkäufer können das Tier freilich nur äußerlich betrachten und erproben. Alles weitere überlassen sie einem Tierarzt, der eine Kaufuntersuchung durchführt und dabei in begrenztem Umfang tiermedizinische Befunde erheben und mitunter bewerten kann. Eine vollständige Untersuchung des Tieres, die alle äußerlichen und vor allem innerlichen Befunde einschließt, ist jedoch nur in einem pathologischen Institut durch eine sorgfältige Sektion möglich. Dies würde allerdings eine von den Parteien sicherlich nicht gewollte Tötung des Tieres voraussetzen. Diese naturgegebenen Grenzen beschränken Unternehmer und Verbraucher gleichermaßen. Auch ein Verbraucher kann die vorhandenen tiermedizinischen Erkenntnismöglichkeiten ausschöpfen. Deshalb ist ein Wissensvorsprung des Unternehmers fast ausgeschlossen.
Beweislastumkehr mit lebenden Tieren unvereinbar Die Anwendbarkeit der Beweislastumkehr setzt die bei der Kaufuntersuchung tätigen Tierärzte einer nicht erfüllbaren Erwartung aus: Sie sollen Prognosen zur weiteren gesundheitlichen Lebensgeschichte eines Pferdes und dessen Eignung für einen Einsatz im Sport oder der Zucht abgeben. Die tierärztliche Kaufuntersuchung ist jedoch stets eine Momentaufnahme, die keine Prognosen über den mittel- und langfristigen Gesundheitszustand und die Leistungsfähigkeit des Pferdes zulässt. Darüber hinaus sind auch die tatsächlichen Möglichkeiten des Tierarztes beschränkt, weil ihm das untersuchte Pferd klinisch anders erscheinen kann als es tatsächlich beschaffen ist, wenn es zum Beispiel keine Symptome zeigt. Der Gesetzgeber hat außerdem irrtümlich angenommen, die tiermedizinische Wissenschaft habe so gewaltige Fortschritte genommen, dass diese es ermöglichten, rückblickend festzustellen, ob ein tiermedizinischer Befund zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen hat. Das Gegenteil ist der Fall; denn die Tiermedizin kann solche Feststellungen in aller Regel nicht leisten und wird dies auch künftig nicht können. Sie versteht sich seit jeher als zukunftsgerichtete Heilkunde, deren Bemühen darin besteht, Verletzungen und Erkrankungen möglichst schnell zu therapieren, anstatt sie aufwändig retrospektiv hinsichtlich ihres Entstehungszeitpunkts zu erforschen.
Lebewesen verändern sich stetig
Verbraucherschutzregeln nicht zu Lasten der Tiere
Fazit
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