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Profi-Reiter haben oft mehr Herz als viele Kritiker erahnen können..... PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Samstag, 14. November 2020 um 20:50

Heiner Engemann und Aboyeur - er holte persönlich mit seinem Fahrzeug sein Lieblingspferd nach Ende der sportlichen Laufbahn zurück aus Italien auf seinen Hof

(Foto: Kalle Frieler) 

Wassenberg. Der Hobbyreiter hängt an seinem Pferd, der Profi muss mit einem Pferd auch Geld verdienen. Für Rührseligkeiten bleibt da meist wenig Platz. denn der Reiter ist auch Arbeitgeber, Steuerzahler, eben Unternehmer, auf den das Finanzamt auch keine Rücksicht nimmt. Reiter haben aber auch Herz und sind oft ganz anders, als sie von einigen geschildert werden…

 

Die Zeit, dass in Deutschlands Medien Erfolge deutscher Reiter egal welcher Sparte auch auftragsgemäß verkündet wurden, ist Historie. Wird Doping öffentlich, dann ist Platz dafür in den Gazetten. Sogar gegen Fußball oder  Formel 1. Nach negativen Meldungen giert der Leser oder Hörer oder TV-Seher eben eher, menschlich durchaus verständlich. Gute Nachrichten hört oder sucht man seltener in den Medien, eher versteckt oder es werden Extrakapitel initiiert. In Zeiten von Corona oder Trump darf man zurecht mal auch im Reitsport ein paar positive Gegebenheiten erzählen, die auch zur momentanen Tristesse gehören.

Da wäre die Geschichte um den Westfalen-Wallach Aboyeur. Er war das Erfolgspferd des neuen kolumbianischen Nationaltrainers Heiner Engemann (61). Vor Jahren sagte er, er wolle mal einen Preis der Nationen für Deutschland reiten, es wurden 45. Das Leben meinte es mit ihm nie einfach, aber er biss sich durch. 2006 und 2008 war er jeweils Zweiter der Deutschen Meisterschaft, 2006 ritt er in Spruce Meadows unweit von Calgary um den Sieg im Preis der Nationen gegen die Niederlande das entscheidende Stechen, er gewann, er wurde dazu auch noch 2008 Dritter im Weltcupfinale.

Heinrich-Hermann Engemann, nur Heiner gerufen, hatte zwei ganz große Pferde in seinem Leben, Candela und Aboyeur. Candela war die schnellste Stute, die jemals in einem Parcours über die Hindernisse flog und mit der er auch einen wahrlich bemerkenswerten Weltrekord aufstellte: Er war in 132 schweren Springen mit ihr erfolgreich. Doch sein Herz hing an Aboyeur.

Mit dem Westfalen-Wallach Aboyeur wurde der diplomierte Reitlehrer Engemann in den Championatskader aufgenommen, „doch die Anfangsjahre waren nicht so leicht mit ihm“, sagt er. Aboyeur war ein Spätentwickler, am Ende hatte er 1,4 Millionen Euro an Gewinngeld. Engemann: „Er hatte als Sportpferd unglaublich Charakter, er machte immer einen guten Job, ob in der Halle oder im Freien, egal wo, egal auf welchem Boden.“ Für Aboyeur lagen Millionen-Angebote auf dem Tisch, er wurde nicht verkauft. Aber der Wallach gehörte nicht Engemann, sondern seinem damaligen Schwiegervater. Als die Ehe zerbrach, wurde Aboyeur mit einem ganzen Lot weiterer Pferde an den holländischen Pferdehändler Jan Tops verkauft.

„Nur schnell weg…“

Im Stall Tops ritt den Anmarsch-Sohn zunächst der damalige Bereiter Daniel Deußer („Mit Aboyeur kam man in jedem Springen an“), von Mannschafts-Olympiasieger Jan Tops wurde Aboyeur dann an den brasilianischen Spitzenreiter Alvaro Alfonso de Miranda Neto verkauft, der kam nicht so zurecht wie erwartet, Aboyeur ging zurück nach Valkenswaard, Deußer hatte ihn wieder unter dem Sattel und freute sich, doch eine verdiente Bleibe war in diesem Handelsstall natürlich nicht vorgesehen. Tops verscherbelte Aboyeur nach Italien an den früheren argentinischen Fußball-Nationalspieler Hernan Crespo,  der für Chelsea London, Lazio Rom, Internazionale Mailand Parma und Genua gekickt hatte. Crespo, der sich auch oft und gerne bei Holger Hetzel in Goch mit Springpferden eindeckt, kaufte Aboyeur für seine Frau Alessia Rossi. Mit dem ehemaligen italienischen Modell traf dann Heiner Engemann die Abmachung, „dass ich Aboyeur nach Ende seiner sportlichen Zeit zu mir holen kann.“

Anfang April 2012 war es soweit. Nach dem Großen Preis von Arezzo unweit von Rimini wurde der 18 Jahre alte Aboyeur in der Arena vom Sport verabschiedet, Heiner Engemann nahm den Sattel ab und führte den Wallach gleich auf den Transporter, „ich dachte nur, schnell weg, ehe sich jemand das wieder anders überlegt…“

Aboyeur hatte endlich den Stress in fremden Ställen, immer wieder unter anderen Reitern und den nur auf Reibach erpichten und meist nicht gerade zimperlichen Pferdehändlern hinter sich.

„Mit Wetteifernde im Stroh gelegen…“

Ludger Beerbaum (57) gilt nach wie vor als der perfekteste Springreiter. Was er sagt, hat Gewicht, ob es passt oder nicht. Beerbaum legt nirgendwo Schminke auf. Er sagt und steht dazu. Sein Stall in Riesenbeck ist durchorganisiert, wer hätte anderes gedacht, er ist Reiter, aber auch durch und durch Geschäftsmann. Er hat in seiner Zeit bei Paul Schockemöhle viel gelernt und mitgenommen. Aber er hat auch verdammt viel Herz. Gegen den früheren Zuchtimpresario Leon Melchior vom belgischen Gestüt Zangersheide führte er 2002 einen Prozess, um der Stute Ratina einen Lebensabend auf seinem Hof zu gewährleisten. Melchior hatte nicht unrecht, denn laut Vertrag sollte Ratina zurück zu ihm als früherem Besitzer nach Ende der sportlichen Karriere. Aber der Kontrakt lief damals mit dem Stall Moksel in Buchloe im Allgäu, wo Ludger Beerbaum nach dem Weggang von Paul Schockemöhle 1989 ritt. Ratina war für genau 2.126.000 DM unmittelbar nach den Olympischen Spielen 1992 für Ludger Beerrbaum von Rodo Schneider gekauft worden, Schneider war damals Vorstandsmitglied des Fleischimperiums Moksel mit angegliedertem Turnierstall, dessen Sohn Ralf erhielt dafür die Stute Classic Touch, auf der Ludger Beerbaum in Barcelona 1992 Olympisches Einzelgold gewonnen hatte.  

Doch der Stall Moksel wurde aufgelöst, damit war der Vertrag auch um Ratina gelöscht. Melchior wollte die Stute für die Zucht im Embryo-Programm. Gegen eine diese Gebärmaschinerie wehrte sich Beerbaum zusammen mit Rechtsanwalt Michael Klimke, das Gericht in Münster gab dem deutschen Rekordinternationalen Recht. Ratina, erfolgreichstes Championatspferd aller Zeiten, durfte bei ihm bis zum Tode kurz vor Weihnachten 2010 ihren Hafer fressen.

Aber die wahre Seelenstory gehört der Stute Wetteifernde. Das Pferd war dem damals jugendlichen Ludger Beerbaum zur Verfügung gestellt worden, er konnte die Hannoveraner Stute auch auf Prüfungen vorstellen. Mit Wetteifernde wird Beerbaum Zweiter der Deutschen Meisterschaft der Junioren 1982, der damalige Bundestrainer Hermann Schridde wird auf ihn aufmerksam und holt ihn zu Lehrgängen. Beerbaum, der im Gymnasium auch das Fach Musik belegt hatte, machte Karriere wie kaum ein anderer. Doch er vergaß Wetteifernde nie.  Er blieb ständig wie ein Jagdhund auf ihrer Spur, die ihn nach Belgien zu einem Bauern führte, wo er sie wiederfand. 23 Jahre alt, verdreckt, in einem dunklen Stall. Für 5.000 Mark kaufte er sie zurück und gab ihr das Gnadenbrot. Beerbaum: „Ihr verdankte ich doch alles, mit ihr lag ich als Junge in der Box auf Heu, sie hatte wirklich im Alter noch einige schöne Jahre verdient.“ Sie wurde 28 Jahre alt.

Tony, Gigolo, Apache und nun Satchmo

Die Liste guter Taten großer Reiter ist lang. Die sechsmalige Olympiasiegerin Isabell Werth (51) pflegte und pflegt ihre alten Cracks, auch ohne als Besitzerin eingetragen zu sein. Der Wallach Gigolo, für den sein Entdecker und Eigner Dr. Uwe Schulten-Baumer keinen Platz mehr hatte, erhielt bei Isabell Werth eine Extra-Box, dazu die Stute Reha für den Weidegang. Reha musste sogar mit, als in den Tagen vor dem Tod Gigolo in die Klinik gebracht werden musste. Nun hat sie in Rheinberg noch die Rentner Apache, Antony und Satchmo.

Hugo Simon, der Pfälzer, der ab 1972 für Österreich ritt, der dreimal den Weltcup gewann, überall in der Welt bestand, holte alle seine ehemaligen Spitzenpferde zu sich nach Weisenheim am Sand beim Verkauf mit der Abmachung, sie für das Gnadenbrot nach Hause holen zu dürfen. So hatten  Flipper, Gladstone oder Lavendel noch schöne Tage wie auch der berühmte ET und als Kompagnon Apricot.

Und Bundestrainer Otto Becker konnte sich bis zum Schluss den wunderbaren Hengst Dobels Cento vom Wohnzimmerfenster aus begucken, wie sich der von ihm im Sport herausgebrachte und erfolgreiche Schimmel-Hengst die Sonne auf den Balg scheinen ließ. 

Paul Schockemöhle, von dem man nicht gerade behaupten darf, er halte sich mit Rührseligkeiten auf, päppelte vor Jahren den berühmten irischen Wallach True Blue auf. True Blue hatte er als Springpferd in die Schweiz vermittelt, doch auf der Überfahrt mit der Fähre zum Weltcupfinale in Göteborg mit Reiter Willi Melliger  zog sich der Braune eine Lungenentzündung zu. Ein Jahr lang stand der Wallach in Mühlen bei ihm im Stall mit einer Kanüle im Atmungsorgan. Aber der Schlachter wurde nicht gerufen. True Blue erholte sich soweit, dass er wieder kleine Prüfungen gehen konnte. Dass der dreimalige Europameister seinem Erfolgspferd Deister das Gnadenbrot gönnte, erscheint fast logisch, dass er aber den Wallach Flint seiner damaligen Ehefrau nach der Scheidung nicht abschob, ist mehr als anerkennungswert.

Der berühmte Schimmel Milton wiederum konnte sich eines gewünschten, wenn er gekonnt hätte, Rentnerdaseins nicht erfreuen. Zunächst jedenfalls nicht. Das Besitzerehepaar schickte ihn nämlich mit seinem britischen Springreiter John Whitaker auf eine Abschiedstournee quer durch Europa – der „Asche“ wegen, wie man Geld bei den Springreitern nennt, drei Millionen Mark an Gewinngeld und 30 Autos waren wohl nicht genug gewesen…

 


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