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Totilas war auch Diskussionsthema auf dem Rechtstag PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: offz/ DL   
Donnerstag, 06. Juli 2023 um 18:59

Kassel. Auf dem 19. Deutschen Pferderechtstag in Kassel wurden u.a. 27. neue Urteile zur Tierhalterhaftung behandelt, außerdem wurden die Änderungen der Gefahrstoffverordnung erörtert, was erhebliche Auswirkungen auf alle Gebäude haben wird, vor allem auf jene, die vor dem 31. Oktober 1993 errichtet wurden.

Das Programm begann mit dem jährlichen Schuldrechts-Update 2023 mit aktueller Rechtsprechung und deren Auswirkungen auf das Pferdekaufrecht und die Haftungsrisiken für die Pferdewirtschaft und den Pferdesport. Der Referent Prof.Dr.Ansgar Staudinger von der Universität Bielefeld hat dazu viele neue Urteile vorgestellt und deren Folgen ausführlich erläutert. Aktuelle Entwicklungen bei Schmerzens- und Trauergeld bis zum Schockschaden bei Tierverletzungen wurden ebenso angesprochen wie die Änderungen beim Hinterbliebenengeld. Dann wurden zahlreiche neue Urteile zum Thema Tierarzthaftung vorgestellt sowie Versicherungsrechtliche Fragen zur Tierärztlichen Aufklärungspflicht behandelt. Es folgten über 27 neue Urteile zur Tierhalterhaftung unter Verweis auf die umfangreichen Tagungsunterlagen.

Dann stellte der Referent einen Verordnungsentwurf zur Änderung der Gefahrstoffverordnung und anderer Arbeitsschutzverordnungen des Arbeitsministeriums vor, der erhebliche Auswirkungen auf alle Gebäude haben wird, die vor dem 31.10.1993 gebaut wurden. Dann wird gesetzlich unterstellt, dass diese Gebäude Asbest enthalten mit erheblichen Pflichten für Besitzer, die Reparaturen durch Dritte veranlassen. Somit dürften auch eine Vielzahl von Pferdebetrieben davon betroffen sein mit erheblichen Mehrkosten und bisher so nicht gekannten Zusatzrisiken. Auch wurden sehr umfangreich Versicherungsrechtliche Entwicklungen dargestellt, deren Auswirkungen auch die Pferdebranche direkt tangieren.

Einige neue Urteile zur Betriebsgefahr der §§ 7 und 8 StVG mit direktem Bezug zu Landwirtschaftlich genutzten Maschinen und Fahrzeugen zeigten deutlich den Beratungsbedarf für Pferdebetriebe zur Vermeidung teilweise noch nicht bekannter Risiken. Das galt auch für die Urteile zu weiteren Haftungsfragen wie z.B. Aufsichtspflichtverletzungen von Eltern von Minderjährigen und entsprechende Anforderungen daraus für Reit- und Pferdebetriebe. Im zweiten Teil seines Vortrages befasste sich Prof.Dr. Ansgar Staudinger dann mit dem neuen Pferdekaufrecht. Es wurden Formulierungsfragen für Pferdekaufverträge beim Verbrauchsgüterkauf (B2C) nach der zum 1.1.2022 umgesetzten Warenkaufrichtlinie besprochen, was nach Ansicht des Referenten bei den Marktteilnehmern wohl noch immer verkannt wird. Zunächst wurden eine Reihe von Urteilen zum (Tier)Kaufrecht besprochen, die noch nach altem Recht ergangen sind. Dabei ging der Referent auf die jeweils für den Pferdekauf relevanten Punkte ein und was das weiter bedeutet, insbesondere was auch nach dem neuen Kaufrecht weiter gilt und was nicht mehr.

Der Referent sezierte dann intensiv die neuen Regeln für die Abfassung von Verbrauchsgüterkaufverträgen (B2C). Unter anderem verwies er darauf, dass negative Beschaffenheiten eines Pferdes einem Verbraucherkäufer deutlich sichtbar vorab mitgeteilt werden müssen. Eine klassische Ankaufsuntersuchung und ein Verweis auf ein dem Vertrag beigefügtes Protokoll reicht heute nicht mehr zur Erfüllung der neuen Informationspflichten. Allein die negativen Befunde sind dabei vor Abschluss eines Vertrages einem Verbraucherkäufer von Verkäufer mitzuteilen in einer für den Verbraucher nachvollziehbaren und verständlichen Form. Auch eine Verkürzung der Verjährungsfrist von Gewährleistungsansprüchen kann nicht mehr im kleingedruckten untergebracht werden und muss ebenso vorab gesondert und deutlich sichtbar dem Käufer bekannt gegeben werden.

Der Referent wies ausdrücklich darauf hin, dass neben dem Kaufrecht auch das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen zu prüfen ist, wenn man vorformulierte Klauseln verwendet. Die weiteren Folgen der Reform durch die Warenkaufrichtlinie wurden ausführlich dargestellt wie z.B. der Ausschluss von § 344 Abs.1 HGB. Der Mangelbegriff ( § 434 BGB) sowie Nacherfüllung, Rücktritt und Schadensersatz sowie weiter bestehende Abgrenzungsfragen wurden ausführlich dargestellt. Die Formerfordernisse für negative Beschaffenheitsvereinbarungen nach § 476, Abs.1 S 2 BGB wurden ebenso besprochen wie die Formerfordernisse bei rechtsgeschäftlichen Verjährungserleichterungen gem. § 476 Abs.2 S 2 BGB sowie Fragen der Verlängerung der Beweislastumkehr gem. § 477 BGB. Zu achten sei auch auf § 475 Abs.3 S 2 BGB, wonach § 442 BGB nicht mehr eingreift. In § 475 d ff. BGB ist zu beachten, nach der bei einem Verbrauchsgüterkauf vom Käufer keine Nachfristsetzung zur Nacherfüllung gesetzt werden muss. Der Referent machte einem konzentriertem Auditorium sehr deutlich, dass ein business as usual seit dem 1.1.2022 im Pferdekaufrecht nicht mehr möglich ist und erhebliche zusätzliche Haftungsrisiken beachtet werden müssen.

Der Vortrag von Rechtsanwalt Prof.Dr. Burghard Piltz aus Berlin befasste sich dann mit dem internationalen Pferdekaufrecht beim Import und Export von Pferden, Sperma, Einzellen und Embryonen. Der Referent stellte einen Fall aus der Praxis vor, an dem er beteiligt war, den Rechtsstreit um den Samen des Hengstes Totilas. Nach Darstellung der Fakten des Falls wurden die Folgen erläutert wie z.B. die Geltung des UN-Kaufrechts/CISG für internationale Pferdekaufverträge. Es ist dabei auch festgestellt, dass gewonnenes Sperma von Hengsten als eigenständiges Rechtsobjekt behandelt wird ebenso wie Eizellen und Embyonen. Zudem wies der Referent darauf hin, dass bei Pferdeverkäufen klare Regelungen zu Zuchtrechten nicht fehlen sollten.

Dann erläuterte der Referent die Geltungsprüfung des UN-Kaufrechts bei Import- und Exportverträgen und den Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts. Ausführlich wurden die parteineutralen Vorzüge des UN-Kaufrechts vorgetragen sowie die Probleme bei der internationalenen Rechtswahl beim internationalen Privatrecht (IprivR) unter Einbeziehung der Grenzen der Rechtswahl in der Rom I-VO. Der Referent wies darauf hin, dass man bei Im- und Exportverträgen den Ausschluss des UN-Kaufrechts wohl überlegen sollte, da dieses materiellrechtlich/inhaltlich besser als deutsches nationales Recht sowohl aus Käufer- wie auch Verkäufersicht sei. Desweiteren kann das UN-Kaufrecht in Verbindung mit einer Schiedsgerichtsklausel optimiert werden. Anhand einiger Praxisfälle konnten dann entsprechende Aussagen verifiziert werden.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sportrecht Marc Patrick Schneider (MBA) aus München befasste sich dann mit einer Tierwohlorientierten institutionellen Schiedsgerichtsbarkeit für Streitigkeiten rund um das Pferd. Einführend erläuterte der Referent die Grundlagen der Schiedsgerichtsbarkeit. Ausführlich wurde differenziert zwischen einer Verbandsschiedsgerichtsbarkeit und einer echten Schiedgerichtsbarkeit und deren ersichtlichen Vorteile. Weiter wurden Ad-hoc und Institutionelle Schiedsgerichte definiert. Dann wurde auf die besondere Motivationslage bei Pferdefällen eingegangen, die in der Zivilgerichtsbarkeit allein schon aufgrund der überlangen Verfahrensdauer dem Tierwohl des betroffenen „Prozesspferdes“ erheblich schaden. Das führte schon vor einigen Jahren zu Überlegungen einer eigenen Pferdeschiedsgerichtsbarkeit, welche zwischenzeitlich aufgrund aktueller Entwicklungen im Schiedsrecht sowie neuen rechtlich zulässigen Verfahrensformen umsetzungsreif sind. Sinn und Zweck dabei ist die Ausnutzung sämtlicher Vorteile einer echten Schiedsgerichtsbarkeit, die Meidung der typischen Effizienz- und Sachnähennachteile der ordentlichen Gerichtsbarkeit sowie die direkte Integration des Tierwohls bzw. Pferdes als zwangsweise Prozessbeteiligte im Schiedsverfahren.

Dann erläuterte der Referent die aktuelle Entwicklung des Zentrums für Schiedsgerichtsbarkeit und Pferderecht, welches als gemeinnütziger Verein aufgestellt ist und möglichst viele Zielgruppen zur Mitgestaltung „pro equo“ einbinden wird. Neben der klassischen Schiedsgerichtsordnung werden weitere Optionen wie Schlichtungsverfahren, Mediationsverfahren auch neue Gestaltungsoptionen wie ein Schiedsgutachtenverfahren angeboten. Das Schiedsverfahren wird umfassend und spezialisiert administriert unter Digitalisierungsaspekten state of the art. Dazu ist ein für Parteien und Schiedsrichter tragbares Kostenmodell verfügbar, welches vor allem den Zeitfaktor für eine schnelle Erledigung von Pferdefällen fördern soll.

Das Auditorium fand diese Ansätze sehr spannend, was auch anhand der Fragen der Teilnehmer erkennbar war. Der Referent wies abschließend darauf hin, dass Interessierte für eine solche Schiedsgerichtsbarkeit sich einfach beim Deutschen Pferderechtstag ( Diese E-Mail-Adresse ist gegen Spambots geschützt! Sie müssen JavaScript aktivieren, damit Sie sie sehen können. ) melden können um weitere Informationen zu erhalten.

Der letzte Vortrag befasste sich mit Legal Tech, KI und ChatGPT in der anwaltlichen Praxis, eine Thematik an der heute kein Anwalt mehr vorbeikommt. Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Sascha Kremer aus Berlin führte in das Thema ein mit einer ausführlichen Erklärung der relevanten Begriffe und was diese im einzelnen bedeuten. Dann wurden die rechtlichen Entwicklungen in der EU dazu vorgetragen und welche Regulierungen diese neuen Technologien beherrschbar machen sollen. Der Referent wies auf die sogenannte Hochrisiko–KI hin und wie man diese behandeln will. Es wurden Beispiele der Generativen KI wie ChatGPT oder Midjourney erläutert, die als Grundlage das sogenannte Large Language Model nutzen, bei dem Modelle mit riesigen Datenmengen trainiert werden und einen Output in Form von Texten und Bildern o.ä. liefern. Wie man solche Tools einsetzen kann und vor allem darf, zeigte der Referent an eigenen Praxisfällen unter Bezugnahme auf die entsprechenden Vorschriften des Rechtsdienstleistungsgesetzes.

Dann wurde die Rolle des Anwalts näher betrachtet mit Bezug auf die BRAO. Ein Anwaltsvertrag ist ein Dienstvertrag gem. §§ 611 ff BGB bzw. ein Geschäftsbesorgungsvertrag gem. § 675 Abs.1 BGB mit einer persönlichen Leistungspflicht des Anwalts. Wenn man nun daran denkt, KI und Legal Tech Tools bei einer Mandatsbearbeitung einzusetzen, sollte man unter anderem darauf achten, keine Mandantendaten Dritten zu offenbaren, etwa Dienstleistern solcher Tools. Ein Zwischenergebnis des Referenten lautet daher, dass starke oder unkontrollierte KI oder Legal Tech Tools von Anwälten nicht nutzbar sind. Die Rechtsprechung verlangt allerdings aufgrund des Anwaltsvertrages , dass der Anwalt verpflichtet ist, die Interessen seines Auftraggebers in den Grenzen des erteilten Mandates nach jeder Richtung umfassend wahrzunehmen. Er muss sein Verhalten so einrichten, dass er Schädigungen des Auftraggebers vermeidet. So ist ein weiteres Zwischenergebnis des Referenten, dass gute (starke) KI und Legal Tech Tools zwingend nutzbar sein können für Anwälte.

Der Referent erläuterte anhand von Legal Tech Tools deren Vor- und Nachteile in der anwaltlichen Praxis , etwa Vertragsgeneratoren oder sonstige prozessunterstützende Tools. Bei KI Anwendungen ist dabei äußerste Vorsicht geboten, wie der Referent aus eigenen Versuchen ermittelt hat. Bei 10 gleichen Anfragen (Prompts) bei ChatGPT gab es 10 unterschiedliche Ergebnisse bis hin zu erfundenen Urteilen. Auch ist die Datengrundlage unbekannt, aus der Anfragen beantwortet werden. Jeder Anwalt muss zur Sicherung seiner Qualität an diesen Themen aber dran bleiben das Fazit des Referenten der mit großem Beifall des Auditoriums verabschiedet wurde.

 

 

 

 

 


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