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CHIO Aachen ein bisschen anders bemerkt PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Sonntag, 09. Juli 2023 um 18:40

Abschied des komplettesten Reiters von der großen Bühne, von einem, der mehr ist als der „ewige“ Uli, von einer tieftraurigen Pflegerin oder Überlegungen, wer wohl FEI-Präsident Ingmar de Vos beerben könnte...

Als Ludger Beerbaum in Mannheim 1997 bei der Europameisterschaft doppeltes Gold mit der großartigen Stute Ratina Z gewann, spielte er den Gedanken auch bereits mal durch, wie er sich das Ende seiner Sattelkarriere vorstelle. Er sagte: „Ich reite bei einem Turnier und habe plötzlich eine bestimmte Eingebung, ganz spontan und einfach Tschuess zu sagen. Ohne besonderen Grund.“ Das war nun alles so beim 109. Internationalen Offiziellen Reitturnier (CHIO) von Deutschland am 2. Juli 2023. Ludger Beerbaum, der vielleicht kompletteste Springreiter aller Zeiten, sattelte ab, ohne große Reden, doch mit Dank an alle, die ihn an entscheidenden Stellen in seinem Leben begleiteten. Er hörte auf am richtigen Ort, dort, wo der Sport wie sonst nirgendwo jedes Jahr die Menschen so magisch anzieht wie in Aachen, wo 1929 das erste Offizielle Turnier von Deutschland organisiert wurde und nun zum 80. Mal in der Soers. Wo man aber anscheinend von solchen Zahlen der Historie wenig bis nichts hält, sonst würden sie erwähnt werden. Den Springreiter Ludger Beerbaum (59) im Roten Rock mit dem Bundesadler oder in den grauen Farben des Stalles gibt es nicht mehr in der Parcourslandschaft.

Von Olympia verabschiedete sich Ludger Beerbaum bereits 2016 in Rio de Janeiro. Der Westdeutsche Rundfunk hatte den Niedersachsen nach deutscher Zeit in den Mittagsstunden an jenem Donnerstag in Rio ans Telefon bekommen. Auf die Frage, ob es stimme, dass es sein letzter Auftritt gewesen wäre in einer Olympia-Equipe, antworte er höflich und völlig unaufgeregt, nachdem er zunächst den Reporter berichtigen musste, dass er nicht erst 1992, sondern bereits 1988 in Seoul dabei war: „Ja, das war`s.“ Er freue sich, dass er um eine Medaille im Mannschaftswettbewerb nicht nur dabei gewesen wäre, sondern auch einiges dazu beigetragen habe. Ohne seinen fehlerlosen Ritt im Wettbewerb, dem insgesamt nur zweiten im Springen, hätte die deutsche Equipe das Stechen gegen Kanada nicht erreicht und keine Bronze-Medaille gewonnen.

Nach den Olympischen Spielen in Rio ließ er sich überreden und ritt 2022 im englischen Hickstead nochmals für Deutschland einen Preis der Nationen, zum insgesamt 135. Mal, Rekord im deutschen Springsport. Neunmal war er deutscher Meister (Rekord), viermal gewann er bei Olympia eine Goldmedaille, sechsmal wurde er bei einem kontinentalen Championat mit Gold geehrt, zweimal als Einzelchampion ausgezeichnet, zweimal Mannschafts-Weltmeister war er, und 1993 wurde er mit Ratina Z Deutschlands erster Weltpokalgewinner, dazu kommen u.a. an Ehrenpreisen über 70 gewonnene Automobile.

Seine Zukunft bleibt weiter eng mit dem Pferd und dem Sport verbunden. Er ist im Vorstand der Global Equestrian Group Mitglied, zuständig für den Springsport, der Däne Andreas Helgstrand leitet die Sparte Dressur. Beerbaum hat seinen Betrieb – Zucht, Handel und Sportstall - dort eingebettet, „ich bleibe aber als Geschäftsführer an Bord“. Das Unternehmen nennt sich „Pferdesportzentrum Riesenbeck International“. Erdacht, entwickelt und umgesetzt wurde das Projekt an der Surenburg 2014 von Constantin Freiherr Heereman von Zuydtwyck (+2017) und Ludger Beerbaum, mit den beiden als Gesellschafter.
Von großen internationalen Veranstaltungen fand die Springreiter-Europameisterschaft 2021 bereits dort statt, nächste Großereignisse sind ein Wettbewerb der Global Champions Tour (20. bis 23. Juli) und die Europameisterschaften in der Dressur und Paradressur (4. bis 10. September). Es werden zusätzlich weiter andere Turniere durchgeführt in allen möglichen Klassen und Arten. Beerbaum möchte auch den Handel ausbauen, den Sportstall will er aber ebenfalls nicht vernachlässigen, im Gegenteil, seine „Spitzenjockeys“ Philipp Weishaupt und Christian Kukuk sollen sich immer für große Events anbieten können aufgrund des Pferdematerials, ihr Können steht außer Frage. Das Pferdezentrum Riesenbeck International soll zugleich zu einem Wirtschaftsfaktor in der Region werden mit zusätzlichen Arbeitsplätzen, da ist Ludger Beerbaum mehr als Beifall gewiss.

Ludger Beerbaum wäre sicher auch in der Dressur für ganz oben gut gewesen, das sagte nämlich Reitmeister Jan Bemelmans, der den Dressurreiter Beerbaum vor Jahren während des Hallenturniers in Stuttgart für eine Showeinlage in Frack und auf einem Dressurpferd einstimmte: „In Kürze hätte der auch einen Grand Prix geritten...“

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Von zuhause hatte er kein Vermögen zu erwarten, er kam dennoch nach oben. Nun lief er beim CHIO in Aachen mit blauem T-Shirt und Schriftzug „Great Britain“ herum, leutselig wie immer, bester Laune und mit einem Lächeln im Gesicht. Uli Kirchhoff im Dienste vom britischen Olympiasieger Ben Maher. Für ihn geht es immer irgendwie weiter...

Sein Vater Willi (+) arbeitete als Pfleger bei Paul Schockemöhle in Mühlen, Sohn Ulrich ritt auf Ponies herum. Eines Tages schwang sich der damals 16-Jährige auf sein sein Fahrrad, strampelte zu Alwin Schockemöhle ins nahe gelegene Mühlen und fragte: „Herr Schockemöhle, kann ich bei Ihnen reiten?“ Der antworte: „Ja, aber der Chef ist Franke Slothaak,“ So waren die Rollen gleich verteilt.

 

Uli Kirchhoff im Dress der Ukraine - immer fröhlich

(Foto: privat)

Ulrich Kirchhoff (55) begann ohne Drehbuch eine filmreife Karriere, nur mit Fleiß und Talent und einer angeborenen Schläue. Und er sog alles in sich auf, was ihm der große Alwin Schockemöhle auch plausibel erklärte.Kein Pferd zeigte damals im Parcours jene sprichwörtliche Losgelassenheit wie die aus dem Schockemöhle-Stall. Alwin Schockemöhle kannte den Namen Kirchhoff natürlich bereits als Ponyreiter, „und in dieser Klasse hatte er bereits acht von zehn Springen gewonnen, ein ganz großes Talent“, so der Olympiasieger (86).

Vater Willi Kirchhoff förderte seinen Sohn, wo und wie er konnte. Da Paul Schockemöhle ihm nicht mehr bezahlen wollte als Pfleger, verdingte er sich als Fahrer bei der Bundeswehr. Der Sohn war das Ziel. Und der hatte nicht gerade ein angenehmes Leben mit dem damals bereits großen Franke Sloothaak. Alwin Schockemöhle ist bis heute sein Idol, sein Vorbild, „er brachte mir vor allem die dressurmäßige Ausbildung eines Springpferdes bei.“

Vier Jahre biss er sich auf dem Schockemöhle-Hof durch. Er ritt danach unter anderem bei Paul Schockemöhle und beim niederländischen Team-Olympiasieger und internationalen Pferdehändler Jan Tops in Valkenswaard. 1993 wagte er den Sprung in die Selbständigkeit mit einem Handels- und Ausbildungsstall auf der Anlage seines Schwiegervaters. Und dann eines Tages kam dieser großartige Hengst Jus de Pommes zu ihm nach Höven. Die niederländischen Besitzer Wiebke Van De Lageweg und Adrie Jespers gaben den Fuchs nach Deutschland, „weil ihn niemand reiten wollte“, so Ulli Kirchhoff. Jus de Pommes war das Pferd, das wie kein anderes zu ihm passte. Der Hengst mit belgischem Brand drehte vor Olympia bei der Deutschen Meisterschaft in Balve im Sauerland fünf fehlerfreie Runden und trug den Reiter wie fast logisch zum Titel, danach beim CHIO von Deutchland in Aachen hatte man den Eindruck, als würde sich Jus de Pommes gar vor Hindernissen ekeln. Kein Fehler im siegreichen Nationen-Preis-Team. Olympia in Atlanta 1996 konnte kommen. Uli Kirchhoff und Isabell Werth in der Dressur wurden mit je zwei Goldmedaillen die erfolgreichsten deutschen Olympioniken.

Nach den Spielen lagen für den Hengst Kaufangebote von Züchtern aus den USA, Belgien und Mexiko in Höhe von über drei Millionen Mark vor. Jus de Pommes, der auch überall den Stilpreis gewonnen hätte, wurde nicht verkauft. Drei Wochen nach Olympia war Jus de Pommes tot. Wegen Entzündungen des Dünndarms und des Kehlkopfes wurde der Hengst zunächst in zwei deutschen Kliniken behandelt, „dann legte er sich hin und stand nicht mehr auf. Er konnte wohl nicht mehr, nachdem er zwei Wochen nur in den Boxen stehen musste“, sagt Ulrich Kirchhoff. Die genaue Todesursache wurde nie geklärt.

Für den Olympiasieger brach eine Welt zusammen. Er dachte sogar ans Aufhören, „aber ich hatte ja außer reiten nichts gelernt, was sollte ich also machen?“ Von Verbandsseite kam keine Hilfe, „ich hatte auch nie einen Sponsor, der kaufte, was der Markt hergibt, der damals gesagt hätte: Bleibe mal ganz ruhig, wir finden vielleicht irgendwo Ersatz, ich kaufe Dir einen neuen Kracher...“ Er vermisste Herbert Meyer, der nach den Spielen 2000 in Sydney zurücktrat, „der war vor allem sportbezogen, der hat eher fünf Mark gegeben als genommen, der hat Verbindungen geschaffen zwischen Reitern und Mäzenen oder Sponsoren wie zwischen Ludger Beerbaum und Madeleine und Dieter Winter-Schulze oder zwischen Lars Nieberg und Katarina Geller.“ Von deutscher Verbandsseite kam auch keine Hilfe.

Aber Hermann Günter Ulrich Kirchhoff ging nicht unter. 2008 heuerte ihn die italienische Unternehmerin und Springreiterin Jonella Ligresti an, er zog mit einem Tiel seiner Pferde in deren Stallanlage in der Nähe von Verona, übernahm den Job als Trainer und Stallmagaer, hatte zusätzlich Kunden in Ägyptemn und Griechenland. Am 18. Dezember 2012 erhielt er einen Anruf des Ukrainers Alexander Onischenko, der überredete ihn zum sportlichen Umzug in die Ukraine. Seit 23. April 2013 startet er für das osteuropäische Land, war mit der Equipe – 20 Jahre nach seinen Goldenen Ritten in Atlanta – in Rio 2016 wieder bei Olympia, wenn auch ohne Erfolg, und mit ihm in der Equipe hatte sich die Ukraine auch für die Sommerspiele in Tokio 2021 qualifiziert, doch den Start nicht wahrgenommen. Der Südoldenburger parliert in drei Fremdsprachen fließend, in englisch, niederländisch und italienisch. Er besitzt nach wie vor die deutsche Staatsangehörigkeit, hat aber einen Sportpass für die Ukraine, „das erleichtert ungemein die Startmöglichkeiten in Italien, aber auch sonst wo.“

Bei einem Trip in diesem Frühjahr nach Wellington, wo sich die Hautevolee des Reitsports in den Wintermonaten aufhält, sprach ihn der Brite Ben Maher, Goldmedaillengewinner von Tokio, an, ob er ihm nicht helfen könne beim Training, er leide noch unter Nachwirkungen eines Schlüsselbeinbruchs. Kirchhoff sagte zu. In Kürze soll auf Bitten der Besitzerin von Mahers Pferden ein Vertrag mit ihm in England unterzeichnet werden.

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Wer „Hacki“ (75) nicht kennt, war nie in der Pferdeszene zuhause. Reinhard Wolfgang Korsch, wie er richtig heißt, so genannt nach dem früheren auf dem Spielfeld Haken schlagenden und einsatzfreudigen Fußball-Spieler Herbert „Hacki“ Wimmer von Borussia Mönchengladbach, zuhause in Bottrop, war nach dem Großen Preis von Aachen, richtig aus dem Häuschen, angefressen, wie man sagen muss. „Hacki“ war erzürnt, dass Mel Jobst, Pferdepflegerin im Betrieb von Marcus Ehning und dem erneuten Sieger im Grand Prix von Aachen bei der Ehrung für das Reiterpaar Ehning und Stargold zwar auch namentlich über Lautsprecher genannt wurde, doch nach vorne gerufen zu den Geehrten, wurde sie nicht. So stand Mel Jobst traurig „nur“ am Rande.

 

Mel und der Siegerhengst Stargold von Marcus Ehning

(Foto: Jenny Abrahamson)

„Hacki“, von Beruf Rechtsanwaltsgehilfe und von Springreiter-Weltmeister Hartwig Steenken 1972 in seinen Turnierstall nach Mellendorf abgeworben: „Die Prüfung war mit 1,5 Millionen Euro dotiert, da wären doch ein paar Euro für einen gravierten Zinnteller für die Pflegerin des Siegerpferdes zum Beispiel drin gewesen...“ Es war im Grunde eine Missachtung des Pflegerjobs. Und in Aachen wird nämlich bei Ehrungen niemand vergessen, der für die Organisatoren wichtig ist.

Ohne Pfleger gäbe es keine Sieger und keine gesunden Pferde. Sie wachen auf Turnieren Tag und Nacht über die Tiere, der Pfleger liebt die Pferde ehrlich. Und wenn es sein muss, schläft er bei ihnen gar in der Box. Der Tag eines Grooms hat garantiert 25 Stunden, es hat sich zwar einiges inzwischen verbessert, doch richtig angesehen ist der Job immer noch nicht. Und meist fahren die Pfleger auch noch mit LKW`s zu Turnieren und wieder zum heimischen Stall zurück, ohne Murren, ohne Klagen, und die Bezahlung ist auch nicht gerade üppig. Und die oft nicht gerade gute Laune eines Reiters, sollten im Parcours die Stangen gepurzelt sein oder im Dressurviereck eine Lektion vermasselt wurde, müssen sie auch noch erdulden, ohne Widerspruch.

Vor über 30 Jahren sagte Ludger Beerbaum: „Wir müssen endlich aufhören, Pferdepfleger wie Menschen zweiter Klasse zu behandeln.“ Und die gelernte Bibliothekarin und spätere Angestellte beim deutschen Bundestrainer Otto Becker, Christl Sailer, meinte mal: „Mit Messer und Gabel zu essen, musste man uns doch nicht beibringen…“

Vor einem Jahr wurde die Internationale Vereinigung der Pferdepfleger (International Grooms Association/ IGA) gegründet. Es sollte alles besser werden, besser wurde einiges. Aachen hat eine Chance vertan, nämlich dem Beruf am Pferd eine besondere Note zu geben, und Mel Jobst wäre dazu mehr als geeignet gewesen. Sie gehört nämlich dem neuen IGA-Vorstand an. Aber wie die Pferde werden auch die Pfleger nicht gefragt, worunter sie leiden, was sie auch seelisch schmerzt. Sie haben stumm zu bleiben und vielleicht bei den Pferden zu weinen.

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FEI-Präsident Ingmar de Vos und FEI-Generalsekretärin Sabrina Ibanez

(Foto: FEI)

Sportpolitik wurde in Aachen auch diskutiert. Nachdem der Belgier Ingmar de Vos (59) auf der Generalversammlung 2026 nicht noch einmal für weitere vier Jahre als Weltpräsident in seinem Amt bestätigt werden kann, schließlich sitzt er bereits seit 2014 auf dem Thron des Weltverbandes (FEI), wird bereits über seine Nachfolge spekuliert. Wie Insider zu wissen glauben, schiele de Vos auf das Präsidialamt als Chef des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), dem steht bisher noch der Deutsche Dr. Thomas Bach (69) vor. Beide Organisationen haben ihre Hauptquartiere in Lausanne. Bach, ein geschickter Strippenzieher auf jedem Sektor, kann zu einer weiteren Regierungszeit nach 2025 nicht mehr antreten, so will es das Reglement. Und damit wäre die Tür für de Vos sperrangelweit offen. Bach und de Vos kennen sich gut, der Belgier wurde auch bereits 2017 mit 70 von 78 möglichen Stimmen ins IOC aufgenommen. Und für den wichtigsten Job bei der FEI wird der Name Sabrina Ibanez (Schweiz) gehandelt, zur Zeit FEI-Generalsekretärin, und auf ihrem Stuhl könnte dann möglicherweise Sönke Lauterbach (49) Platz nehmen, der Generalsekretär des deutschen Verbandes (FN) seit 2009, so wird gemunkelt.

 

 

 


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