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Paris und Moskau - unverkennbare politische Parallelen... PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Sonntag, 15. Oktober 2023 um 18:36

Wassenberg. In neun Monaten finden die Olympischen Sommerspiele in Paris statt, ob Russen oder Weißrussen teilnehmen können, bleibt nach wie vor unklar. Ein Start ist nach dem Reglement nur möglich, wenn auch vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) zunächst eine entsprechende Einladung ergangen ist. Dr. Thomas Bach als oberster Olympier hält sich mehr als bedeckt. Vielleicht sollte er sich die denkwürdige Rede des deutschen Verbands-Präsidenten Dieter Graf Landsberg-Velen aus dem Jahre 1979 nochmals durchlesen, als es darum ging, ob eine deutsche Mannschaft an den olympischen Spielen 1980 in Moskau teilnehmen soll, nachdem Truppen der damaligen UdSSR in Afghanistan einmarschiert waren – wie im letzten Jahr Russen in der Ukraine, die Parallelen sind unverwischbar.

Am 26. Juli 2024 sollen die 33. Olympischen Sommerspiele der Neuzeit in Paris beginnen, weiterhin ist völlig unklar, wie das Internationale Olympische Komitee (IOC) mit russischen Sportlern verfahren wird. Die Tür für eine Teilnahme neutraler Sportler sei weiter offen, sagte der deutsche IOC-Präsident Thomas Bach auf der IOC-Session im indischen Mumbai. Und weiter sagte der frühere Fecht-Olympiasieger, man folge den eigenen Prinzipien und werde keine Sportler für Handlungen oder Taten ihrer Offiziellen oder Regierungen bestrafen oder sanktionieren.

Auf der bisherigen Starterliste für Paris sind bisher jedoch keine Athleten aus Russland oder Belarussland aufgeführt. Und um bei Olympia starten zu können, muss eine entsprechende Einladung an das jeweilige Nationale Olympische Komitee (NOK) eines Landes durch das IOC ergehen, doch wie soll eine Offerte an die Russen zum Beispiel erfolgen, da die IOC- Exekutive vor wenigen Tagen in Mumbai die Suspendierung des russischen NOK (ROC) beschloss?

Im März hatte das IOC den Weltverbänden empfohlen, russische und belarussische Sportler, die nach dem Überfall auf die Ukraine ausgeschlossen worden waren, unter bestimmten Bedingungen wieder in die Wettkämpfe einzugliedern. Politiker, Funktionäre und Sportler vor allem aus Europa kritisierten die IOC-Haltung, der Reiterweltverband (FEI) hielt sich bisher nicht an den IOC-Tipp.

Paris 2024 erinnert an Moskau 1980, doch eben anders. Paris wollen mehrere westliche Nationen wegen des Überfalls der Russen auf die Ukraine meiden, Moskau boykottierten viele westliche Länder, weil die damalige UdSSR 1979 die 40. Armee nach Afghanistan geschickt hatte, um angeblich einen Volksaufstand gegen die Kommunistische Demokratische Volkspartei zu beenden. Moskau fürchtete jedoch  vornehmlich, der durch einen Putsch an die Macht gekommene Präsident Amin könnte sich den USA zuwenden. Der Einmarsch der russischen Truppen wurde international scharf verurteilt, bis zum Ende des Krieges 1989 verloren 1,5 Millionen Menschen ihr Leben, 5 Millionen waren auf der Flucht.

Am 19. Juli 1980 begannen in Moskau die 22. Olympischen Sommerspiele der Neuzeit – mit einer wahrlich überschaubaren Zahl von Sportlern westlicher Nationen. Für den 15. Mai des gleichen Jahres hatte das deutsche NOK zu einer Generalversammlung nach Düsseldorf geladen, es ging in erster Linie um die Teilnahme einer Mannschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau. Einer der Redner war der deutsche Reiter-Präsident Dieter Graf Landsberg-Velen (+2012). Und er hielt eine mehr als denkwürdige und mitreißende Rede mit einem Echo weit über Düsseldorf und Deutschland hinaus.

Und so begann Graf Landsberg-Velen: „Wir haben unsere Position bereits vor einigen Wochen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, nachdem die Informationen aus den Medien, auf die wir ausschließlich angewiesen waren, uns nicht nur die erschütternde Unfähigkeit des Internationalen Olympischen Komitees offenbarten, auf die Afghanistan-Krise in der gebotenen Weise zu reagieren, sondern überdies den Eindruck erwecken mussten, dass das Nationale Olympische Komitee, das NOK für Deutschland, die Teilnahme in Moskau um jeden Preis verfolge, auch um den Preis des Verzichts auf eine angemessene Berücksichtigung der gegebenen politischen Verantwortung sowie des Verzichts auf die Schaffung der Voraussetzungen für eine Teilnahme, wie sie von Moskau gefordert worden sind.“

Die aufgezeigte Tendenz des NOK sei in krassem Widerspruch „zu unserer Auffassung“ gestanden, „das konnten wir nicht länger stillschweigend hinnehmen, ohne unsererseits den falschen Eindruck der Konformität zu vermitteln. Zudem erschien es mir unfair, dies nicht beizeiten zu verdeutlichen. Und unterscheiden nur der Weg zu diesem Ziel, die Beurteilung der Lage und die daraus für richtig befundenen Konsequenzen.“

Unser gemeinsame Ziel müsse doch sein, „die Olympischen Spiele zu erhalten und ihre geistige Substanz zu retten“, den Begriff Boykott der Olympischen Spiele lehne er ab, sagte Landsberg-Velen, „es geht doch um die Einladung eines Organisators Olympischer Spiele, der in Afghanistan den Frieden gebrochen, die Menschenrechte verletzt und damit seinerseits die ideellen Grundlagen der Spiele boykottiert hat, und wollte man hier zwischen Organisator und zuständiger Regierung unterscheiden, so wäre das nun wirklich sophistisch“, allein diese von den Sowjets gesetzten Tatbestände hätten unsere Teilnahme in Moskau zur Frage werden lassen. „Eine Frage, die ohne Zweifel direkt an uns gerichtet ist, solange Frieden und Freiheit, Menschenwürde und Menschenrecht zu den Grundwerten unserer politischen Selbstverständlichkeit gehören…“

Das politische Bewusstsein eines Staatsbürgers sei gefordert, für einzelne Lebensbereiche gebe es keine Spaltung des politischen Bewusstseins, „gefordert ist jedoch eine klare und ungeteilte Meinung“ für Sportler und Funktionsträger.

Landsberg zitierte auch den Beschluss des Verbandes der Schweiz: „Der Schweizerische Reitsportverband hat die Nichtteilnahme seiner Reiter an den Spielen in Moskau gegenüber seinem NOK unter anderem mit diesen Worten erklärt: Langfristig ist die Ausübung jedes Sports in Frage gestellt, wenn die Menschenrechte und die persönliche Freiheit nicht gewährleistet sind. Es wird immer wieder gesagt, der Sport sei von der Politik zu trennen. Damit sind wir prinzipiell einverstanden, jedoch nur solange die Politik nicht unsere elementaren Rechte als Bürger eines freien Staates gefährdet. In einer freien Demokratie sind wir eben auch alle Politiker. Da nun die Kompetenzen in sportlichen Angelegenheiten nicht bei unseren Politikern liegen, ist es an uns den Entscheid zu treffen.“

Verzicht auf Olympia in Moskau

Den Verzicht der Entsendung von Reiter-Equipen nach Moskau begründete Graf Landsberg-Velen so: „Die Entscheidung über Teilnahme oder Nichtteilnahme unterliegt infolge des vorgetragenen Sachverhalts nicht mehr nur sportlichen, sondern auch politischen Kriterien. Das ist zwar ein äußerst bedrückendes, aber unbestreitbares Faktum, das uns die Gesamtszene der Politik drastisch genug darbietet.“ Dagegen helfe kein Hinweis auf ähnliche Fälle früherer Olympischer Spiele, „es gibt nämlich keinen vergleichbaren Fall. Der politische Boykott der olympischen Charta durch den Ausrichter der Spiele ist bislang einmalig“. Politik und Sport hätten von der UdSSR seit Ausbruch der Afghanistan-Krise unaufhörlich und eindringlich die Schaffung der Voraussetzungen für eine Teilnahme aller Sportler verlangt, was der UdSSR jedoch nicht gelungen wäre. Die Konsequenz daraus könne nur lauten: „Verzicht auf unsere Teilnahme an den Spielen in Moskau“.

Der Reiter-Präsident widersprach auch dem damaligen NOK-Präsidenten Willi Daume, der von Gratwanderung und Hörigkeit gegenüber der Politik redete. Landsberg-Velen: „Was hat es denn mit Hörigkeit zu tun, wenn wir aus eigener Überzeugung unseren Konsens mit Parlament und Regierung bekunden, wenn wir uns aus Selbstdisziplin in unsere staatsbürgerliche Pflicht nehmen? Die Willensstärke, eigene Wünsche der besseren Einsicht und dem übergeordneten Verlangen zu opfern, beziehen wir doch nicht etwa aus Hörigkeit, sondern aus dem Besitz an innerer Freiheit. Die Gefahr der Hörigkeit beginnt nämlich gerade dort, wo solche innere Freiheit nicht besteht.“

Weiter sagte der Graf von Schloss Wocklum in Balve im Sauerland, der Sport dürfe seine so gerne oft hingenommene moralische Leitbildfunktion in unserer Gesellschaft nicht dann verleugnen, wenn sie mal zur Last werden könnte. Mit Fug und Recht habe Bundeskanzler Helmut Schmidt in seinem Gespräch mit Vertretern des Sports einige Wochen davor die Frage aufgeworfen, ob wir genauso ebenso lange diskutieren würden, ginge es diesmal nicht um die Ereignisse in einem viele Tausend Kilometer entfernten und uns fremden Land, sondern um das vergleichbare Geschehen des Jahres 1968 und das Niederschlagen des Aufstandes durch Panzer der UdSSR in der damaligen Tschechoslowakei.

Worte wie in Stein gemeißelt

Er halte es für müßig, darüber zu spekulieren, ob mit einem Verzicht auf eine Teilnahme in Moskau nun auch bereits das Ende der Olympischen Spiele oder des Weltsportverkehrs einherginge, „entweder verfügt die Olympische Bewegung noch über ideelle Lebenswerte und Ausstrahlungskraft, dann wird sie selbst Moskau überdauern, oder es wären wirklich alle Bemühungen vergebens. Wir glauben an ihre überdauernde Lebenskraft und wollen uns gerade deshalb nicht mit Spielen identifizieren, deren Gastgeber den Olympischen Geist verhöhnen. Wir wollen gerade deshalb ein Zeichen setzen, das wach rüttelt und über die olympischen Ideale wieder nachdenken lässt, das zu Initiativen anregt, ihnen ein solideres Fundament zu bauen.“

Der Entschluss treffe die Aktiven hart, schmerzlich, die deutschen Reiter, die olympisch zu den erfolgreichsten Sportlern zählen und auch in Moskau sicher chancenreich gewesen wären, „sind sich bewusst, worauf sie zu verzichten haben“. Der Preis, den die Reiterei für ihre Position erbringe, „ist nicht gering. Der Preis für die Preisgabe unserer Grundwerte läge jedoch unvergleichbar höher, denn er kostete nicht zuletzt unsere Glaubwürdigkeit. Seien wir vielmehr gewillt, gemeinsam unsere Verantwortung zu tragen und zwar mit jenem Mut, der uns bestimmt nicht verlässt, solange wir unserer Überzeugung und damit uns selbst treu bleiben.“

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Am Ende des Tages stand eine Abstimmung an, ob eine bundesdeutsche Mannschaft an Olympia teilnehmen sollte oder nicht, für die Reiter hatte Graf Landsberg-Velen bereits abgesagt. Bei der Abstimmung des Nationalen Olympischen Komitees in Düsseldorf um eine Teilnahme waren 99 Stimmen zu vergeben, 59 Mitglieder stimmten für einen Verzicht, 40 waren dafür.

Insgesamt nahmen in Moskau Sportler aus 81 Ländern teil, 42 Nationen blieben der Veranstaltung an der Moskwa aus politischen Gründen fern, 23 verzichteten aus sportlichen bzw. finanziellen Gründen.

 

 

 

 

 

 

 


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