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Paul Schockemöhle wird 65 und offiziell Rentner PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Freitag, 19. März 2010 um 17:02

 

Mühlen. Am kommenden Montag, 22.März, beginnt für Paul Schockemöhle das Rentenalter. Er wird 65. Er habe auch in die Rentenkasse einbezahlt, sagt er, „doch leben von der Rente kann ich nicht“. Braucht er auch nicht. Wie sagte mal ein Angestellter einer dortigen Bank, früher habe Paul bei ihnen Geld geliehen, wenn wir jetzt Geld bräuchten, gingen wir zu ihm...

 

 

Wenn er morgens aufsteht, hat er schon gearbeitet. Auch in diesem Punkt ist Paul Schockemöhle anders als andere. Noch im Bett hantiert er bereits mit dem Handy. Der Mann ist auf seine Art ein Genie. Von Kleidung hält er wenig, vor nicht langer Zeit genügten ihm zwei Rollpullis, einer gelb, der andere grau. Er hält auch wenig von Familientagen, Weihnachten oder Ostern braucht er nicht unbedingt. Das passt nicht in seinen gewohnten Rhythmus. Solche Tage lenken ab, vor allem vom Geldverdienen.

 

Er ist genügsam, Pommes mit einem halben Hähnchen reichen ihm Mittags. Und dass einer aus dem Dorf Mühlen nicht ins benachbarte Steinfeld zieht, das juckte ihn auch nicht. Er zog dahin. Am Montag wird dieser Paul Schockemöhle 65 Jahre alt. Der frühere Leitwolf des nationalen und internationalen Springsports ist noch ein bisschen grauer geworden, auch ruhiger, ausgeglichener, „ich bin nicht mehr so drin im Sport“, sagt er. Er kennt sich dennoch nach wie vor bestens aus. Wer ihn näher kennt, der weiß, der Vulkan brodelt noch.

 

In dieser Umgebung fühlt er sich am wohlsten, auf seinem Gut in Lewitz, und er weiß alles über den nachwuchs seiner Pferde - wie mkein anderer. Auch das ist mehr als bewundernswert.

 

Mit 17 größter Eierproduzent Europas

 

 

Als sein Bruder Alwin (72) auf Ferdl in Rom 1960 zusammen mit Hans Günter Winkler und Fritz Thiedemann  Mannschafts-Olympiasieger wurde, nagelte Paul Schockemöhle  auf dem über 400 Jahre alten elterlichen Hof  seine ersten Hühnerställe zusammen. Zwei Jahre später war er Europas größter Eierproduzent. Täglich legten seine Hennen 1,5 Millionen Eier. Nach dem Abitur ging er zuerst einmal zur Uni Münster, dort belegte er die Fächer Betriebswirtschaft, Kreditverkehr und Buchhaltung. Nach dem ersten Semester sagte er: "Das reicht. Mehr kann ich hier auch nicht lernen." Mit 17 war er schon DM-Millionär.

 

In der Dressur-Mannschaft und Kür

 

Auch er hat unten angefangen mit der Reiterei, wenn auch ein bisschen später als andere. Mit 17 ritt er in der Mannschaft des RV Mühlen in Vechta eine Prüfung aus L-Dressur, Kür und Springen. Bruder Alwin: „Unser Verein bestand genau aus sechs Reitern, diese Zahl war vorgeschrieben für eine Mannschaft. Auf Betreiben unserer Vaters ging man dann auf vier Reiter in einer Equipe zurück, denn wenn bei uns einer ausfiel, platzte auch die Mannschaft.“

 

Mit Springen befasste sich der Mann aus dem erzkatholischen Südoldenburg intensiv  mit 23 Jahren. "Ich bin kein Spätberufener", sagt er, "berufen war ich nicht." Doch was er anpackt, macht ein Paul Schockemöhle mit abgrundtiefer Leidenschaft, Ehrgeiz und Verstand, aber auch mit Dickköpfigkeit.  Und nichts kann ihn dann mehr aufhalten. Was er als Springreiter und als Geschäftsmann erreichte, hat er sich alles allein erarbeitet. Als Gesellschafter verschiedener Firmen mit  einer Spedition, im Baubereich, auf dem Kunststoffsektor, mit Immobilien (Deutschland und USA) und in der Pferdezucht  setzt er im Jahr rund 300 Millionen Euro um. An die 3.000  Pferde besitzt er, 40 gekörte  Hengste, die Zucht - vor allem auf seinem Gestüt in Lewitz -  ist Teil seines Lebens geworden. Rund 1.000 Angestellte stehen auf den Lohnzetteln.

 

Gestüt Lewitz: Junghengste voller Lebenslust...

(Alle Fotos: Werner Ernst, der wie kaum ein anderer Fotograf Zugang hat in das Gestüt - und auch zu Paul Schockemöhle)

 

 

„Wie ich belogen und betrogen wurde...“

 

Als er 1971 nicht für die Europameisterschaft nominiert wurde, verkaufte er seine vier Spitzenpferde im Lot für damals märchenhafte 800.000 Mark an den damaligen Bau-Löwen Josef Kun nach Moers. 1975 überging ihn der Springausschuss erneut für das kontinentale Championat in München. Auf einer von ihm nach Düsseldorf einberufenen Pressekonferenz legte er los, "wie ich belogen und betrogen wurde."

 

Er wuchs auch für die anderen seiner Zunft zu einer Persönlichkeit heran, und manchmal wollte er auch mit dem Kopf durch die Wand. "Ich verlange keine Milde, keine Ausnahmeregel, aber Recht", sagte er oft. Manchmal wusste man nicht, ob in vielen Situationen mehr das Herz oder der  Verstand bestimmte.

 

 

Vor Titelgewinn einen Journalisten „abgebürstet“

 

 

Am 13.September 1981 in München gewann er erstmals die Europameisterschaft.  Er ritt und stritt auch damals. Einem Hamburger Journalisten blies er kurz vor seiner letzten Runde noch  heftig den Marsch, dann ritt er ein - und gewann.  Als bisher einziger Springreiter noch zweimal hintereinander, jeweils auf dem Hannoveraner Wallach Deister, den keine Schönheit drückte, der aber für immer unvergessen bleibt. 1,4 Millionen Mark Gewinngeld für damalige Verhältnisse ist nicht gerade wenig.  Schockemöhle: "Ich hielt mich nie für einen begnadeten Reiter. Was ich habe und hatte, das ist Ehrgeiz, Kampfgeist und Gefühl für Pferde. Aber vielleicht arbeitete ich auch ein bisschen mehr als andere."

 

Silber und Bronze brachte er mit von den Olympischen Spielen 1976 und 1984, mit dem Team wurde er 1982 Vizeweltmeister, sechs Mal legte man ihm die deutsche Championatsschärpe um die Schulter, erst sein ehemaliger Schüler Ludger Beerbaum löste ihn als Rekordhalter ab.

 

 

Abschied bei EM in St.Gallen 1987

 

 

Den sportlichen Abschied nahm er 1987 bei der Europameisterschaft. in St.Gallen. Er wetterte gegen den schlimmen Boden, wurde daraufhin sogar öffentlich im Stadion verhöhnt.  Gegen seinen Willen sattelte er seinen Wallach Deister zur letzten Runde am Schlusstag, chancenlos auf eine vordere Platzierung bereits, "ich wurde gezwungen, vom Springausschuss. Das ist mein schmerzlichstes Erlebnis im Sport, dass ich mich dem Druck beugte." Im Schlamm des Stadions erlitt der Wallach praktisch einen fast totalen Sehnenabriss, für ein Springpferd normalerweise das Ende, nicht nur der sportlichen Laufbahn. PS über Deister: "Der Wallach war weit mehr als ein Pferd für mich."

 

Noch heute belastet ihn die Verletzung von Deister mehr als die Barr-Affaire von 1990. Damals zeigte Deutschland mit dem Finger auf ihn. Er war der Tierquäler,  er hatte in dem unbedarften und völlig pferdefremden  Günter Jauch als damaligen Moderator des Aktuellen Sportstudios im ZDF einen total unqualifizierten Gegenpart. Das Volk jaulte am Bildschirm auf.  Jauch hatte die Claqueure auf seiner Seite, Paul Schockemöhle saß mit seiner Barrstange hilflos und machtlos da, als der Film ablief, auf dem die jungen Auktionspferde mit Stangen touchiert wurden. Kein qualifiziertes Nachfragen von Jauch,  Paul Schockemöhle knickte kurz ein, aber er fiel nicht hin.

 

Inzwischen ist längst wissenschaftlich erwiesen, dass fachmännisches Barren keine Tierquälerei ist. Über Doping und ärztliche Hilfe hat auch Paul Schockemöhle seine Meinung. Wer einem Pferd zu helfen suche, sei nun nicht auch schon gleich ein Doper, sagt er. Aber in der Reiterei sei eben alles verboten. Seine Forderung: „Was die Leistung nicht beeinflusst, darf auch nicht als Doping bezeichnet werden.“

 

 

Seit 1991 in neuen Rollen

 

 

Seit 1991 spielt Paul Schockemöhle, der vor allem die Behindertensporler bewundert, neue Rollen. Seine ehemaligen Starreiter wie Ludger Beerbaum, Otto Becker, Dirk Hafemeister oder Franke Sloothaak bewegen sich längst in ihrer eigenen Welt. Schockemöhle wurde zusätzlich Turnierveranstalter.

 

1988 erfand er zusammen mit dem früheren Boris-Becker-Manager Ion Tiriac die "German Classics",  mit Ulli Kasselmann veranstaltet er alljährlich die PSI-Auktion, das Schaufenster für Reitpferde der außergewöhnlichen Qualität. Die "Riders Tour" ist auch eine Erfindung des Paul Schockemöhle, und er gehört zum Management beispielsweise des Deutschen Derbys in Hamburg, der Turniere in Hannover, München und Neumünster. Verheiratet ist er in zweiter Ehe mit Bettina Gerdts, die ihm auch mal Kontra gibt. Aus erster Ehe mit Barbara Pohlmann, die später Ludger Beerbaum heiratete, stammt Tochter Vivien.

 

Gestüt Lewitz aus der Lufft. Paul Schockemöhle erwarb das 1400 ha große Areal am 26. November 1992 von der Treuhand für 16 Millionen Mark. Neben den Pferden stehen 7.000 Stück Rindvieh auf dem Gut 100 km östlich von Hamburg, unweit der Autobahn nach Berlin bei Neustadt-Glewe. Paul Schockemöhle schuf außerdem über 200 neue Arbeitsplätze. Auch die bekannten Lewitzer Scheken haben dort eine neue Heimat gefunden.

 

Schweiz als Unterschlupf

 

In der Schweiz hat er nicht nur Kunden und Freunde, im neutralen Helvetia fand er  Unterschlupf, als die deutschen Steuerbehörden ihn kaschen wollten. Er hatte nämlich am Fiskus vorbei in Liechtenstein einige Millionen deponiert. Doch dort wiederum  hatte ein Geschasster eine Discette mit rund 8000 Stiftungen mitgehen lassen und die Namen an die Presse weitergereicht. Unter den Namen eben auch  Kontoinhaber Paul  Schockemöhle. Er flüchtete nach Zürich, wohnte im Hotel und  zahlte später 10 Millionen Mark Strafe.

 

Was macht er an seinem Geburtstag? Paul Schockemöhle: "Ich bin jedenfalls nicht zu erreichen. Ich bin weg. Und das Handy habe ich auch aus.“

 


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