Drei bis fünf Medaillen erwartet die deutsche Reiterei in Rio |
Geschrieben von: FN-Pressestelle/ DL |
Mittwoch, 06. April 2016 um 20:51 |
Warendorf. In 120 Tagen beginnen die Reiterwettbewerbe bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro. Drei bis fünf Medaillen stehen auf dem Erwartungsplan der deutschen Reiter in Brasilien, bei früheren Spielen waren die Hoffnungen jeweils höher…
Drei bis fünf Medaillen – die sollten die deutschen Reiter aus Rio de Janeiro mit nach Hause bringen. So zumindest lautet die Zielvorgabe des Deutschen Olympiade Komitees für Reiterei, wie Geschäftsführer Dr. Dennis Peiler am Mittwoch vor knapp 130 Journalisten bei der Pressekonferenz der Deutschen Reiterlichen Vereinigung in Warendorf sagte. Natürlich waren die Olympischen und Paralympischen Spiele dabei Schwerpunktthema. Zwölf Vertreter der Disziplinen Dressur, Para-Equestrian, Springen und Vielseitigkeit sprachen dabei über den Stand der Vorbereitungen und ihre Hoffnungen für den Saisonhöhepunkt.
Para-Equestrian: 20 Jahre Paralympics
Die paralympische Geschichte des Pferdesports begann 1996 in Atlanta. „Damals wurde noch mit Leihpferden gestartet, das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Man hatte zwischen fünf und acht Tagen Zeit sich auf ein Pferd einzustellen und gegebenenfalls einem Nicht-Dressurpferd noch etwas Dressur beizubringen“, sagte sie schmunzelnd.
Bei der ersten Sichtung, dem CPEIO in Mannheim Ende Mai, hoffen die Para-Dressurreiter nun auf das Triple: Den dritten Nationenpreissieg in Folge. „Wir haben zehn Reiter auf der Longlist, die wir über die Saison regelmäßig beobachten werden“, sagt Bundestrainer Bernhard Fliegl, der seit 2010 die deutschen Para-Dressurreiter betreut. Unter ihnen auch die erfolgreichste Vertreterin ihrer Disziplin, Hannelore Brenner aus Wachenheim, wenn auch nicht mit ihrem bisherigen Erfolgspferd Women of the World. „Wir haben Hanne nach langem Nachdenken mitgeteilt, dass wir kein 21-jähriges Pferd mit nach Rio nehmen werden. Es kann sein, dass es kein Problem ist, aber wir werden und wollen das nicht testen. Wir würden uns aber sehr freuen, wenn sie sich mit einem ihrer Nachwuchspferde Cavango oder Belissima M qualifiziert“, sagte Equipechefin Britta Bando (Hamburg). Zumal das deutsche Aufgebot in diesem Jahr nur aus vier statt fünf Paaren besteht. „Das hängt mit den Plätzen auf der Weltrangliste zusammen“, erklärte Bando. „Zum Glück konnten wir uns aber bei den Weltreiterspielen direkt einen Mannschaftsstartplatz sichern.“
Vielseitigkeit: „Der Druck ist gut!“
„Meine Chance auf einen Platz im Team stehen bei 33,3 Prozent, Reservistin zu sein, bei 41 Prozent“, rechnete Julia Krajewski (Warendorf) vor. Für die Saison hat sich die 27-jährige Diplom-Trainerin persönliche Ziele gesetzt: Den ersten Vier-Sterne-Start mit ihrem Toppferd Samourai du Thot in Luhmühlen und „wenn es gut läuft, ein Start in Aachen“. Generell werde sie versuchen, sich optimal zu präsentieren, sagte sie. Ihre Einschätzung klang allerdings realistisch. „Wenn es um Olympische Spiele geht, zählen aber vor allem die Erfahrung von Reiter und Pferd. Damit kann ich nicht so dienen, andere dafür umso mehr.“
Eine davon ist die zweimalige Olympiasiegerin Ingrid Klimke (Münster), die sich erst vor Kurzem einer kleinen Operation unterziehen musste, mittlerweile aber schon wieder einen Sieg verzeichnen konnte. „Dank meiner guten Stallmanagerin sind meine Pferde trotz der Pause gut in Schuss und gut drauf“, sagte sie. Mit ihrem EM-Pferd Horseware Hale Bob plant sie Anfang Mai den Start in der internationalen Vier-Sterne-Vielseitigkeitsprüfung in Badminton. Wegen der besseren Leistungen in der Dressur ist die Hannoveraner Stute SAP Escada FRH momentan Klimkes Nummer 1 für die Spiele, auch wenn sich Bundestrainer Hans Melzer sicher ist, „dass die Vielseitigkeit in Rio nicht in der Dressur entschieden wird.“ „Die Strecke in Deodoro hat das anspruchsvollste Profil aller drei Olympischen Spiele, bei denen ich bisher als Trainer dabei war. Sehr lang, hügelig, aber mit sehr gutem Boden“, schilderte er seine Eindrücke nach dem Testevent im vergangenen Sommer.
Dressur: Mannschaftsgold im Visier
Das Pendant zu Sönke Rothenberger ist im Springsport der 25-jährige Patrick Stühlmeyer (Osnabrück), der Anfang des Jahres den Sprung aus der Perspektivgruppe in den A-Kader geschafft hat. Sein Spitzenpferd Lacan genießt derzeit eine Turnierpause und wird gezielt auf die Freiluft-Saison vorbereitet. „Lacan ist fit und frisch, wir sind viel ins Gelände gegangen. Als nächstes steht das Turnier in Bad Oeynhausen an diesem Wochenende auf dem Programm, wo es langsam wieder losgeht. Dann geht es zum CSIO der Schweiz in St. Gallen oder CSIO von Italien in Rom, das steht noch nicht ganz fest. Und mein Ziel ist es, in Aachen zu reiten.“
Springen: „Einzelmedaille wäre das I-Tüpfelchen“
Das Ziel der Springreiter ist eine Mannschaftsmedaille. „Eine Einzelmedaille wäre das I-Tüpfelchen“, sagte Becker. Noch konkreter wurde Monica Theodorescu, Bundestrainerin der Dressurreiter: „Wir haben einen breit aufgestellten Olympiakader, was das Alter der Reiter und Pferde angeht. Das ist eine gute Mischung und eine komfortable Situation. Alle Pferde und Reiter sind super in Form. Unser Ziel ist klar definiert: Wir wollen die Goldmedaille mit der Mannschaft und Einzelmedaillen.“ Nach den Erwartungen der Bundestrainerin wird es wohl auf einen Dreikampf mit den Niederlanden und Großbritannien hinauslaufen.
Mannschaftsweltmeisterin und Vize-Europameisterin sowie auch Weltranglisten-Erste Kristina Bröring-Sprehe ist im März mit ihrem Spitzenpferd Desperados FRH nach längerer Pause erfolgreich auf die Turnierbühne zurückgekehrt. „Desperados ist super in Form und er hat noch mehr Routine bekommen“, sagte Bröring-Sprehe. „Die EM in Aachen war unser bestes Turnier bisher, dass es nicht ganz für den Titel reichte, hat mich geärgert, und ich hoffe, dass wir dieses Jahr noch ein bisschen zulegen können.“
Auf seine siebten Olympischen Spiele steuert Ludger Beerbaum zu. „Ich habe mit Chiara und Casello zwei Pferde, die dafür infrage kommen. Chiara wäre natürlich die erste Wahl, aber am Ende wird entschieden, welche Pferde fit und gesund sind. Da ist es gut, mit Casello noch eine weitere Option zu haben“, sagte der 52-jährige viermalige Goldmedaillengewinner.
Sollte er das Ticket für Rio lösen, was sein erklärtes Ziel ist, würde er eine Großveranstaltung auf seiner Anlage in Riesenbeck verpassen – die Deutschen Jugendmeisterschaften, die zum ersten Mal dort ausgetragen werden. „Die Deutschen Jugendmeisterschaften finden parallel zu Rio statt. Wo ich dann bin, wird sich zeigen. Ich will nicht zu viel orakeln. Aber ich bin mir sicher, dass unser Team in Riesenbeck eine tolle Veranstaltung auf die Beine stellen wird.“
In den drei Olympischen Disziplinen werden Teams mit jeweils vier Reitern und Pferden für Deutschland in Rio starten (5. bis 21. August). Jeweils ein Ersatzpaar darf mit nach Brasilien. Die Shortlist mit den definitiven Kandidaten wird am 18. Juli, im Anschluss an den CHIO in Aachen aufgestellt. Bei den Paralympics werden vom 7. bis 18. September ebenfalls vier deutsche Paare antreten.
Mehr zum Nominierungsverfahren, zum Sichtungsweg, zu Reglement und Zeitplan lesen Sie hier: www.pferd-aktuell.de/rio2016/rio-2016 |