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Vor 100 Jahren wurde der große Dressur-Ausbilder Willi Schultheis geboren PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Sonntag, 06. März 2022 um 19:35

Wassenberg, Willi Schultheis gehört unbestritten zu den ganz Großen des Dressursports, was Ausbildung, Fachwissen und eigenes Können angeht. Doch, vielleicht war er zu gut, um beim deutschen Verband eine Lobby zu besitzen. Er wurde damals 1979 nicht gerade nach nobler Art als Bundestrainer abserviert. Eine kleine Erinnerung an den ersten zum Reitmeister ernannten Dressurreiter, der an diesem 6. März 2022 100 Jahre alt geworden wäre.

 

Willi Schultheis war von 1974 bis Ende 1979 deutscher Bundestrainer der Dressurreiter, sein Honorar betrug 3.500 Mark im Monat. Er war verheiratet, hatte vier Kinder und war gefragt als Ausbilder in der ganzen Welt. Weil das Gehalt so gering war, durfte er auch privat noch Kunden trainieren, „das war ausdrücklich erlaubt und abgesegnet von höchster Warte“, wie er damals sagte. Doch intern kam das nicht gut an.

Der gebürtige Berliner arbeitete am 16. September 1979 in der Halle des Deutschen Olympiadekomitees für Reiter (DOKR) in Warendorf gerade mit Uwe Schulten-Baumer jun., da kam der nach seinem Team-Olympiasieg von 1956 beim DOKR angestellte Alfons Lütke-Westhues und sagte: „Du Willi, Du sollst Dich für ein Gespräch mit Präsident Dieter Graf Landsberg-Velen bereit halten.“ Als Schultheis nach dem Gespräch zurückkam, war er zwar nicht entlassen, aber seinen Job als Bundestrainer los, man hatte ihn zum Honororartrainer runtergestuft. Alles ein Jahr vor den vorgesehenen Olympischen Sommerspielen in Moskau, wohin dann die Mehzahl der westlichen Reiternationen aus Protest nicht fuhren, weil – welch` skurrile Parallele zur jetzigen Situation in der Ukraine – der damaligen Roten Armee der einstigen UdSSR der Einmarsch in Afghanistan befohlen worden war, der bekanntlich ruhmlos endete.

Ausschnitte aus seinem Leben

Das Leben des Willi Schultheis war von Kindheit an verknüpft mit Pferden. Sein Vater Karl arbeitete als Berufs-Jockey auf der damals berühmten Galopprennbahn in Hoppegarten vor den Toren Berlins, Jockey sollte auch Willi werden. Bereits mit acht Jahren sammelte er erste Erfahrungen im Sattel der Vollblüter, er sollte und wollte seinem Vater nacheifern. Schnell wurde allerdings klar, dass dem zuviel Körpergewicht entgegenstand. Mehr durch Zufall fiel er 14-jährig im Tattersall Tiergarten Otto Lörke auf, der für die Olympischen Spiele 1936 als Trainer nach Berlin gekommen war, der holte ihn zu sich und förderte ihn. In den folgenden vier Jahren konnte er seine Ausbildung zum Berufsreiter bei Lörke abschließen. Eingezogen zu einer berittenen Einheit im Zweiten Weltkrieg, kam Schultheis in der Heeres Reit- und Fahrschule Krampnitz wieder mit dem damals weltbesten Trainer Lörke zusammen, der dort Leiter des Schulstalles geworden war. Die dort von Felix Bürkner initiierte Große Schulquadrille für Olympia von Berlin ließ Schultheis gemeinsam mit Albert Stecken und George Theodorescu bei den Olympischen Spielen 1972 in München wieder aufleben – als einen der gefeierten Höhepunkte der Veranstaltung.

Willi Schultheis, der nach wie vor als einer der besten Pferdeausbilder der Welt gilt, wurde als erster Dressurreiter mit dem Titel Reitmeister geehrt, achtmal gewann er das Deutsche Derby in Hamburg, die Bundesrepublik Deutschland zeichnete ihn mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse aus, 165 Siege in schweren Prüfungen holte er selbst, seine Schüler erritten bei Olympia, Welt- und Europameisterschaften nicht weniger als 32 Medaillen. In seiner Ziet als Bundestrainer wurde das deutsche Dressurteam 1976 Olympiasieger, zweimal Weltmeister und dreimal Europameister. Warendorf war unter seiner Ägide ein Weltzentrum des Dressursports, in dem nicht nur deutsche Reiter trainierten, sondern auch Reiter aus Großbritannien, Frankreich, den USA und anderen Ländern. Für eine 1961 brachte Ariola eine Schallplatte heraus mit seiner Ansicht „Vom Umgang mit Pferden“. Zu seinen zahlreichen Auszeichnungen gehörten u.a. das Deutsche Reiterkreuz in Gold, die Goldene Ehrennadel des Hannoveraner und des Trakehner Verbandes sowie die Sportplakette der Stadt Hamburg. Ein Start bei Olympia blieb ihm vergönnt, da bis zum Olympischen Kongress 1981 in Baden-Baden Berufssportler von Olympia ausgesperrt waren. Er starb im Alter von 73 Jahren am 24. Juli 1995 in Warendorf.

Willi Schultheis wollte aber auch die Erinnerung an Großartiges neben dem Viereck nicht dem Vergessen überlassen, wie ein handgeschriebener, persönlicher Brief über vier Seiten vom Juli 1993 belegt.

(Foto: Achim Begall)

Der wuchtige Pokal „Coppa d´Oro Mussolini“ aus purem Gold ging nach drei Siegen deutscher Spring-Equipen hintereinander - 1931, 1932 und 1933 - beim CSIO von Italien in Rom für immer nach Deutschland und wird in Warendorf an einem geheimen Ort aufbewahrt. Auch die begehrte Coppa war mit anderen Tropäen vor dem Zugriff der Russen nach Ende des Zweiten Weltkrieges gerettet worden. Im Haus des Deutschen Olympiadekomitees für Reiterei (DOKR) ist eine Kopie zu besichtigen.

 „Lieber Dieter Ludwig,

am 25.II.93 verstarb in Walsrode ein alter Freund von mir im 85. Lebensjahr, Erich Voigt, alter Trakehnerzüchter, viele gute Hengste geliefert. Maladrit-Postmeister…

Warum ich schreibe, ist folgende Geschichte: Als 1945 die Heeres-Reit- und Fahrschule Krampnitz unter Leitung des letzten Kommandeurs Oberst Hans-Heinrich Brinckmann mit ca. 20 Wagen flüchtete, alle Wagen mussten von den Pferden selbst gezogen werden, z.B. Otto Lörkes Pferde Dorffrieden und Fanal mussten den Wagen auch ziehen, darunter wurde mitgeführt der Vollblüter Strachow xx (Olympiakandidat 1.Klasse unter Oberst Robert Wilcke für die Olympischen Spiele 1940 in Tokio, die ja dann nicht stattfanden). An diesem Treck nahmen auch so Turnierpferde wie Absinth, Trakehner, Silber mit der Equipe in Berlin 1936 unter Oberst Friedrich Gerhard, dann zwei Hannoveraner Klingsor und Pankgraf des damaligen Chefs des Militarystalles Oberst Busse teil, beide Pferde waren Spitze und gehörten zur großen Schulquadrille von Oberst Felix Bürkner, später von mir wieder hervorgeholt und in München 1972 erstmalig als „In Memoriam Felix Bürkner“ vorgestellt. Die Quadrille dürfte nach meiner Meinung nur so heißen, denn mit der dann genannten Olympia-Quadrille hat niemand anderer etwas zu tun, alles ist das alleinige Werk von Oberst F.Bürkner.

Zurück zu Erich Voigt. In diesem Treck zurück Richtung Westen befand sich auch ein Wagen (auch mit Pferden bespannt) mit den vielen wertvollen Ehrenpreisen der ehemaligen Kavallerieschule Hannover, einschließlich der Ehrenpreise des Rennstalles der Kavallerie-Schule (Großer Preis von Karlshorst etc.), alle diese Ehrenpreise standen beziehungsweise hingen im großen Krampitzer Offizierscasino.

Dank der Briten…

Der Treck ging erstmals bis Gardelegen, in der Mitte zwischen Stendal und Wolfsburg. Die Zonenaufteilung der Siegermächte – russische, englische, amerikanische und französische Zone – war ja festgelegt. Die englische Zonengrenze begann in Gardelegen. Dort war auch der erste Stopp des Trecks aus Krampnitz. Die Pferde wurden alle in Notquartieren untergebracht. Aber nach zwei Tagen, mitten in der Nacht, kamen zwei britische Offiziere und ordneten die sofortige Abfahrt (einspannen) an und Abmarsch aus der Umgebung von Gardelegen.

Dort gab es nämlich einen Streifen von etwa 12 km, der noch zur russisch besetzten Zone gehörte. Die beiden britischen Offiziere wussten von „Micky“ Brinckmann, um was es sich für Pferde bei dem Treck handelte!! Auf jeden Fall wurde alles wieder aufgeladen – und ab ging es. An der „neuen“ Grenze standen schon englische, französische und russische Besatzungsoffiziere. Die Russen wollten den Treck nicht passieren lassen, nur nach vielen Diskussionen und vielen Schwierigkeiten gelang es den Engländern, den Treck noch in die britische Zone zu bekommen.

Nur – für den Wagen mit den Ehrenpreisen wäre alles zu spät gewesen. Doch der Wagen war längst bei einem überaus ehrlichen Bauern versteckt worden. Den Wagen noch mitzunehmen, wäre unmöglich gewesen in dieser Nacht. Es verging eine relativ lange Zeit, nicht zu vergessen, das Ende des Zweiten Weltkriegs lag gerade kurz zurück.

Trophäen unter Rüben

In Warendorf hatte sich Gustav Rau mit dem Olympiadekomitee für Reiterei (DOKR) gerade eingerichtet, ich arbeitete als Dressurausbilder bei Baron Erich von Nagel in Vornholz. Eines Tages tauchte Erich Voigt mit einem Planwagen auf, zwei Stuten vorgespannt. Er wurde von Clemens von Nagel als Gestütsinspekteur eingestellt. Eines Tages kam das Gespräch auf die Ehrenpreise. Micky Brinckmann wusste ja, wo sich der Wagen mit den Pokalen befand – nur, wie den Wagen über die Grüne Grenze aus der russischen Zone in den Westen schaffen? Erich Voigt erklärte sich bereit, dieses Kunststück zu wagen. Mit Genehmigung von Gustav Rau vom DOKR und Micky Brinckmann machte sich Erich Voigt auf den Weg in Richtung Gardelegen. Wir in Vornholz hörten nichts mehr vom Unternehmen Voigt – doch plötzlich waren alle Ehrenpreise laut Liste von Micky Brinckmann in Warendorf. Erich Voigt gab nichts von sich, wie er alles geschafft hat. Mir gegenüber sagte er mal, er habe alle Trophäen auf einem Wagen unter Rüben versteckt durch Zig-Kontrollen der Russen und durch viele Gemeinden bis nach Wolfenbüttel gebracht. Darunter zum Beispiel die begehrte Coppa Musselini für drei Erfolge im Springreiten in Nationenpreisen und auch die Statuette des Olympiasiegerpferdes in der Dressur, Kronos. Dank Erich Voigt stehen diese Trophäen in Warendorf.

Herzliche Grüße,

Dein W.Schultheis.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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