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Hugo Simon - der einsame große Kämpfer 80 PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Montag, 01. August 2022 um 21:35

 

Hugo Simon bei der Parcoursbesichtung während des letzten CHIO von Deutschland in Aachen

(Foto: Kalle Frieler)

Wassenberg. Für das Leben des Hugo Simon stehen ganz bestimmte Eckdaten, vor 50 Jahren ritt er in München erstmals bei Olympia für Österreich, als 50-jähriger holte er mit der Austria-Equipe Silber in Barcelona 1992, mit 70 heiratete er nochmal, mit 75 erfüllte er sich einen Jugendtraum, und nun wurde er an diesem Mittwoch 80 – Hochzeits- und Geburtstag zugleich...

Vor 30 Jahren wurde der für Österreich reitende Hugo Simon 50 Jahre alt, mit ihm holte das Team im Real Club de Polo de Barcelona Olympia-Silber, seine Geburtstagsfete übertrug ein TV Sender live in die Vereinigten Staaten. Er war damals schon ein Springreiter-Star, der gegen jeden ritt und den „niemand schockte“, wie er schon früher immer sagte. Mit 70 heiratete er zum zweiten Mal, mit 75 machte er sich mit Freunden zu einem Trip in die kanadischen Rocky Mountains auf und erfüllte sich einen Jugendtraum. Jetzt wurde er 80 an diesem Mittwoch, dem 3. August, und sagte gleich vorneweg: „Zu Hause bin ich nicht. Ich bin mit meiner Frau on Tour. Ohne Kinder, ohne Verwandte.“ Sie werden im Norden Deutschlands sein, das befreundete Ehepaar Janne Friederike Meyer-Zimmermann und Ehemann aufsuchen, dort Pferde begutachten und wohl dann weiterfahren vermutlich nach Sylt, wo sie den 75. ebenfalls schon gefeiert hatten. Gesagt hat er es nicht. Aber Sylt ist von Pinneberg ja keine Lichtjahre entfernt.

Für die Verabschiedung seiner großen Pferde, da war er zu haben, das wollte er, das hatten sie auch verdient, meint er. Er selbst lehnte eine persönliche Abschiedsfeier ab. Er hörte einfach auf, ohne sich vom Sport loszusagen. Er war immer ein bisschen anders, stets in erster Linie Einzelkämpfer. Ihn zwicken natürlich auch viele kleine oder auch größere Wehwehchen, er sagt: „Dann bewege ich mich schneller. Da spürt man keinen Schmerz.“ Er macht alles mit Tempo. Und wehe, es kommt einer nicht damit klar, vor allem, wenn sich jemand um eine Stelle bei ihm bewirbt. Da wirft er gerne vorher rasch einen Besen in die Stallgasse, hebt der Jobsucher den Besen nicht auf oder läuft vielleicht um ihn herum, wird er gleich verabschiedet. Hugo Simon ist eben anders, keine Kopie, immer echt, aber natürlich auch mit Macken. Alle seine Fahrzeuge sind beispielsweise in Ferrari-Rot lackiert.

Echte sentimentale Regungen zeigte er fast nie, oder nur, weil auch er sicht nicht mehr dagegen wehren konnte. Wie bei der Verabschiedung seines Ausnahme-Wallachs E.T. und dann nochmals am 5. Oktober 2014. Da siegte er auf C.T. im Grand Prix in Wiener-Neustadt, „da hatte ich wirklich erstmals bei einem Turnier Tränen in den Augen während der Siegerehrung.“ Mit über 70 gewann bisher noch kein Springreiter auf solchem Niveau einen Grand Prix.

 

So sah er sich immer am liebsten und war am glücklichsten - mit einem Pferd und einem Siegerpokal

(Foto:privat)

Der Sport vergibt Pokale nur für Leistungen. Und die hatte er immer gebracht. Welcher Erfolg machte ihn besonders froh, zufrieden oder gar glücklich? Hugo Simon: „Ich habe mich über jeden Erfolg gefreut, weil ich auch immer gewinnen wollte.“ Er hat natürlich noch eigene Pferde, die trainiert er auch, „und zwei werden von Richard Vogel auf Turnieren vorgestellt“.

Zuhause ist er in Weisenheim am Sand, für Österreich startet er seit 1972, „wenn ich auch im Herzen immer Pfälzer bin“. Bis 1971 ritt er für Deutschland, drei Nationen-Preise sogar. Als es um die Aufstellung der deutschen Equipe für die Olympischen Spiele in München 1972 ging, zeigten die Verbandsoberen in Warendorf zwar Interesse an seiner Ausnahmestute Fair Lady, aber nicht an ihm. Da entsann sich seine damalige Frau Gabi, dass er ja neben der deutschen auch die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt. Die Eltern hatten nämlich nach dem Zweiten Weltkrieg ihre böhmische Heimat verlassen müssen, dort in Krummwasser war aber Hugo Simon geboren. Als eine Art Entschädigung jedoch blieb den Flüchtlingen aus dem ehemaligen K&K-Reich auch die österreichische Staatsangehörigkeit. Das Erlangen des Austria-Passes fädelte sein damaliger Schwiegervater aufgrund hervorragender geschäftlicher Verbindungen ein. Innerhalb einer Woche war Hugo Simon auch Österreicher, hatte zwar einiges gekostet, wie später zu hören war. Der Sprung über die rot-weiß-rote Planke gelang somit mühelos. Hugo Simon wurde auf Lavendel in München Vierter, platzgleich mit Hartwig Steenken auf Simona, „dass kein Deutscher besser war, das war für mich entscheidend“, sagte er damals.

„Reite nicht mehr für Asche...“

Geplant hatte hatte er mal, mit dem großartigen Wallach E.T. auch selbst von der Bühne abzutreten. E.T. verabschiedete er in einer stimmungsvollen Atmosphäre am 8. November 2004 beim „Fest der Pferde“ in der Wiener Stadthalle vom Sport. Danach bekam der Fuchs bei ihm das Gnadenbrot bis zu seinem Ende. Er selbst machte weiter und sagte damals: „Ich reite, solange ich selbst Spaß habe, solange die Zuschauer mich sehen wollen.“ Und: „Der Unterschied zwischen den anderen und mir ist doch ganz einfach der: Ich reite nicht mehr um Asche, ich reite nur noch fürs Publikum.“ Gesagt am 3. Januar 2004 in Neumünster, am nächsten Tag gewann er auf E.T. den Großen Preis.

Geld, oder Asche wie die Branche sagt, hat er satt. Allein E.T. sprang - ohne Autos und andere Ehrengaben - 3,6 Millionen Euro ein, ein Rekord für ein Springpferd. Und nicht weniger als 77 Autos gewann er als Extraprämien bei Springen. Er handelt auch noch nach wie vor mit Pferden, gibt Unterricht oder trainiert die Pferde anderer wie die des Spaniers Sergio Alvarez Moya oder coacht den zur Spitze vorgestossenen und ebenfalls nun für Österreich startenden Bayern Max Kühner. Er hatte auch sonst investiert, in kleinere Supermärkte, die er inzwiwchen verkaufte. Er wusste immer, was harte Arbeit bedeutet. Jetzt sagt er: „Wenn ich mal keine Lust zum Reiten habe, dann setze ich mich auch gerne hin, trinke ein Bier und einen Schnaps.“ Und er sagt: „Wenn ich mit meiner Frau irgendwohin fliege, buche ich Erste Klasse, ich muss für andere nicht mehr sparen…“ Seine Kinder sind versorgt.

 

Als Rentner 2007 ab in die Rocky Mountains -

Erfüllung eines Kindheitsstraums

(Foto: privat)

Hugo Simon, der in der Dressur früher gegen Josef Neckermann ritt, in der Vielseitigkeit antrat, seine Pferde wie kaum ein anderer nach wie vor dressurmäßig gymnastiziert, pflegte auch große Freundschaft zum deutschen Altkanzler Helmut Kohl. Er war dreimal Weltcup-Gewinner, zehnmal Österreichs Staatsmeister (Rekord), gewann mit der Equipe völlig überraschend in Barcelona 1992 zusammen mit Thomas Frühmann, Boris Boor und Jörg Münzner Olympisches Silber hinter Holland, holte in Rotterdam bei den sogenannten Olympischen Ersatzspielen 1980 – nach West-Boykott von Olympia in Moskau wegen des Überfalls auf Afghanistan durch die damalige Rote Armee der UdSSR – auf Gladstone neben Team-Bronze noch Einzelgold, er nahm an sieben Olympischen Spielen teil, ritt zwölf Europameisterschaften - verlor die Goldmedaille 1979 in Rotterdam mit Gladstone an einem „Gatter“ als letzten Sprung, so „nur“ Bronze -  kam zu Silber in Mannheim 1997 auf E.T. und er startete bei sechs Weltchampionaten, dabei Bronze auf Lavendel in Hickstead 1974. Einsame Rekorde. Er hat sich jedem und überall gestellt, Fünfmal hängte man ihm in Hamburg das Blaue Band als Zeichen des Siegers im Deutschen Derby um. Und 30 Jahre ritt er um den Großen Preis des CHIO von Deutschland in Aachen, 1998 siegte er auf E.T. FRH, endlich.

Die Alpenrepublik zeichnete ihn mit verschiedenen Orden aus, mit dem Goldenen Vaterländischen Verdienstzeichen 1979, 1992 mit dem Ehrenzeichen für die Verdienste um die Republik und 2016 mit dem Goldenen Ehrenzeichen von Austria. Man erhob ihn fast in den schließlich bereits abgeschafften Adel und nannte ihn „Hugo Nationale“. Vor zwei Jahren im Februar nahm ihn Schweden in die „Hall of Fame“ des schwedischen Sports auf während des Weltcupturniers im Göteborger Scandinavium, wo er 1979 auf Gladstone das Finale um den ersten Weltcup gewonnen hatte.

Als Rentner durch die Rockys

 

Drei Freunde - "die glorreichen 3" (von links) Michael Ritter, Hugo Simon und Siegfried Nied

(Foto: privat)

Den Eintritt ins offizielle Rentenalter 2007 begann er in den kanadischen Rocky Mountains. Er erfüllte sich mit seinen beiden Freunden Dr. Michael Ritter und Siegfried Nied einen Kindheitstraum. Das Trio ( Aufschrift auf den T-Shirts: „Die glorreichen 3“) ritt acht Tage jeweils 60 km, sie schliefen in Indianerzelten und versorgten sich selbst. Sie saßen auf den trittsicheren Mustangs und waren fern jeder Zivilisation.

Böse Stürze überstand er auch mental bravourös. Zum Beispiel: In Neumünster 2000 hatte er einen Schulterbruch, 2004 einen Sehnenabriss in der Schulter nach Sturz im Training zuhause, 2013 erlitt er in Peking bei einem Sturz von einem Leihpferd eine Brustbeinprellung und einen Bluterguss in der Lunge. Er stand immer wieder auf und kam auch jeweils zurück, „ich hatte nie Zeit, über Schmerzen nachzudenken.“

Sein Lieblingspferd war zweifellos Flipper, dann sind von seinen besonderen Pferden zu nennen Little One, der von ihm herausgebrachte holländisch gezogene Wallach The Freak, verkauft an Dirk Hafemeister und unter Ludger Beerbaum in Seoul 1988 Team-Olympiasieger mit der deutschen Equipe, auf Gladstone gewann er als Erster in der Weltcupgeschichte den inzwischen begehrtesten Pokal, doch mit E.T. FRH steht sein Name für alle Zeit wie in Stein gemeißelt in der Reitsportgeschichte.

Wünsche hat er keine mehr, „ich war überall auf der Erde, nur in Sibirien nicht“. Auf was er sich freue, „auf den 90. Geburtstag in zehn Jahren“, ruft Margit Simon...

 

 

 


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