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Vor elf Jahren starb der große Fritz Thiedemann PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Montag, 03. Januar 2011 um 21:59

Fritz Thiedemann auf Meteor - Abschied von der sportlichen Bühne

Heide. Sterbedaten sind Erinnerungen, an besondere Menschen, wie zum Beispiel an Fritz Thiedemann. Er, einer der größten Springreiter, starb am kommenden Samstag vor elf Jahren. Er war 82 Jahre alt. Posthum wurde er 2008 in die „Ruhmeshalle des Sports“ aufgenommen.

 

Der über 400 Jahre alte Hof der Thiedemanns

Sich selbst nannte er den „letzten geglückten Versuch meines Vaters“. Am 3. März 1918 kam Fritz Thiedemann in Weddinghusen auf die Welt, als neuntes von neun Kindern. Alle Holsteiner damit, daheim in einem deutschen Landstrich, wo man sturer ist als sonstwo, vielleicht auch erdverbundener. Die Thiedemanns („der Name mit `Ha` hinter dem `T`, alle anderen gehören nicht zu uns“, ließ er wissen) leben und arbeiten weit über 400 Jahre auf diesem Hof, alle acht Geschwister von Fritz Thiedemann kamen dort auf die Welt, das neunte scherte aus und eroberte die Welt: Fritz Thiedemann. Er wurde vom Papst empfangen, vom US-Präsidenten, er schüttelte der britischen Queen die Hand und vielen anderen ebenso, doch er blieb immer er selbst. Die Schicki-Micki-Welt war nie sein Zuhause, in jene „musste man hineingeboren werden“, sagte er mal.

 

Jeden Tag ein Brief an Lieschen

 

Mit seiner Frau Anneliese („Lieschen“) lebte er in einem schmucken Haus in Heide, eben in Holstein, Sohn Claus wurde Banker, dessen Zwillingsbruder Hartwig Apotheker wie auch die Tochter. Lieschen Thiedemann war auf fast allen Turnieren dabei, „und wenn ich mal nicht dabei war, dann schrieb mir Fritz jeden Tag einen Brief.“

 

Sein reiterliches Leben hatte Fritz Thiedemann in einem kleinen, zuletzt arg zerfledderten Heftchen mit Pappeumschlag festgehalten. Er schrieb alles rein, die Siege, Stürze, Fehler oder die Gewinngelder, wann seine Frau mit war auf einem Turnier, wann nicht. Insgesamt löste er sich 132 mal bei Turnieren vom Pferd, so addierte er. Mit neun Jahren war er erstmals von einem Pferd gefallen, von einem Pony, mit dem er das Grabenspringen übte. Beim 41. Sprungversuch streikte das Tier. Der kleine Thiedemann lag im Bach. Auch die Siege hatte er schriftlich festgehalten: 550.

 

„Ich höre mit dem Sport auf...“

 

Den letzten Erfolg feierte der „große Fritz“ am 1.Juli 1961 im Preis der Nationen beim deutschen CHIO in Aachen. Einen Tag später setzte er sich plötzlich neben seine Frau und flüsterte ihr ins Ohr: „Ich höre mit dem Sport auf.“ Sie glaubte es nicht, wiederum 24 Stunden danach ging Fritz Thiedemann in Aachen beim Abschied der Nationen mit dem schweren Holsteiner Wallach Meteor auf die Abschiedsrunde. Handgelder, die damals auch schon gezahlt wurden, konnten ihn nicht zum Weitermachen überreden, „ich habe mich nie einkaufen lassen, mein ganzes Leben nicht.“ Und weiter meinte er mal: „Ich habe sicherlich im richtigen Augenblick aufgehört.“ Und mit ihm trat auch Meteor von der großen Bühne des Sports ab.

 

Meteor hieß Moritz und kostete 2.250 DM

 

Der "Dicke" und Fritz Thiedemann über einem Birken-Oxer

Der „Dicke“, wie er überall genannt wurde, der mal Moritz hieß, einen Milchwagen zog, ehe ihn Fritz Thiedemann kultivierte, hatte 2.250 Mark gekostet. Insgesamt gewann er 150 mal, war 84 mal Zweiter und 54 mal Dritter,  wie er in sein Notizbüchlein schrieb, alles zusammen, nämlich 499 Plazierungen, ergab eine Lebensgewinnsumme von für damalige Verhältnisse schier unglaublichen 177.361,78 Mark, „dazu kamen 5.564,32 Mark vom Deutschen Olympiade-Komitee in Warendorf und nochmals 13.506,43  an Züchterprämien.“ Thiedemann über Meteor, dessen Name geschützt ist wie auch der Stute Halla von Hans Günter Winkler: „Ein sturer Bock, ein unglaublich schwieriges Pferd, das schwierigste, das ich jemals ritt. Von Dressurarbeit hielt der Wallach  gar nichts.“ In Bronze gegossen steht Meteor in Lebensgröße als Denkmal in Kiel.

 

Erster Derby-Erfolg 1949 – dann noch vier

 

1949 siegte Fritz Thiedemann erstmals im Deutschen Springderby in Hamburg-Klein Flottbek, danach noch viermal. Erst zwei Jahre zuvor hatte er das Abenteuer „Großer Reitsport“ als Beruf begonnen. Zwölf Siege notierte er im Jahre 1947, bei fünf Turnieren.

Thiedemann, Mitglied der berühmten Kavallerieschule von Hannover, und Hans Günter Winkler kamen erst im Alter gut miteinander aus. In ihrer eigenen sportlichen Ära waren sie Partner, Konkurrenten, keine Freunde. Thiedemann: „Ich war nur der kleine Holsteiner Bauer, Winkler dagegen galt als der Künstler.“ Der Erfolg schmiedete sie aneinander. Winkler: „Wir haben uns hart im Parcours bekämpft, aber immer ritterlich. Fritz war mein bester Partner im Sport, den ich jemals hatte.“ Er und HGW galten kurz nach dem Zweiten Weltkrieg auch als Botschafter eines anderen Deutschlands. Und auch Deutschlands Politiker vergaßen nicht. Am 4. Dezember 1974 erhielten Winkler und er in Bonn das „Grosse Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“.

 

Um eine Zehntelsekunde WM-Titel verfehlt


 

Fritz Thiedemann - auch in der Dressur erfolgreich - Bronze 1952

 

Gern erinnerte sich Fritz Thiedemann an die Olympischen Spiele 1952 in Helsinki, als er in Springen und Dressur jeweils eine Bronzemedaille gewann, „und das musste erst einmal jemand nachmachen. Aber Gold war eben Gold.“  Goldmedaillen nach Siegen in Preisen der Nationen bei Olympia wurden Fritz Thiedemann 1956 in Stockholm und 1960 in Rom umgehängt. Schmerzlich war für ihn, als er auf Diamant „wegen einer Zehntelsekunde“ den Welttitel 1953 verpaßte.

 

Fritz Thiedemann: Europameister 1958 in Aachen auf Meteor und "Sportler des Jahres"

1958 holte er auf Meteor in Aachen die Europameisterschaft, die deutschen Sportjournalisten wählten ihn zum „Sportler des Jahres“ als zweiten Springreiter nach Hans Günter Winkler (1955), er war gleichzeitig der letzte Reiter, den Deutschlands Sportjournalisten auf diesen Thron hoben. Fritz Thiedemann, der am liebsten Tierarzt geworden wäre, verleugnete nie seine Herkunft, „aber ich wollte auch immer weg vom Durchschnitt.“

 

Er war nicht nur Reiter, auch Züchter. Seiner Zucht entstammte beispielsweise der Wallach Farmer, auf dem Franke Sloothaak in Los Angeles 1984 Mannschafts-Bronze gewann. Über die Zucht im allgemeinen sagte Thiedemann: „Man muss ihr dankbar sein, was sie dem Reiter an die Hand gibt. Wenn oftmals behauptet wird, der Ausverkauf der deutschen Springpferde habe begonnen, dann kann ich nur antworten: Gebt mir und Alwin Schockemöhle den Rest an die Hand, und wir stellen damit noch zwei erfolgreiche Olympia-Equipen auf.“

 

„Wir saßen auf Ackergäulen...“

 

Er war bis zum Schluss immer noch auf Turnieren als Zuschauer dabei, und scherzhaft meinte er irgendwann beim Hamburger Derby, er könne immer noch die Fehler zusammenzählen. Aber auch das sagte er: „Viele wollen es nicht hören, aber der Springsport von früher hält dem heutigen durchaus stand. Man darf dabei nämlich nicht vergessen, dass wir auf Ackergäulen saßen, heute wird einzig und allein auf Leistung, und damit auf Sport gezüchtet.“ Und seine Worte über die deutsche Reiterei behielt bis heute Wertigkeit: „Im Nein-Sagen liegt oftmals der Erfolg. Nicht aus Geldgier auf jedes Kirmes-Turnier ziehen wollen, auch mal verzichten. Jeder Motor lässt sich überdrehen.“

 

Als seinen schlimmsten Sturz bezeichnete er den Unfall 1972 mit dem Moped, als er einen Schädelbasisbruch erlitt, „aber wir haben doch alle einen Dachschaden, oder nicht“, fragte er noch im Krankenhaus. Seiner Frau Lieschen riet er,  wenn er nicht mehr wäre, solle sie keine Turniere mehr besuchen. Die Kinder überredeten sie jedoch mit Erfolg, doch weiter auf Veranstaltungen zu gehen, „nach Neumünster, Kiel und zum Derby nach Hamburg, das reicht auch“, meint sie. Sie wird in diesem Jahr 86 Jahre alt.

 


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