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Zum Tode von Pferdemann Jean-Claude Dysli PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Raimund Hesse   
Dienstag, 14. Januar 2014 um 14:22

Jean-Claude Dysli, Bauingenieur wollte er werden - er widmete sein Leben den Pferden, nun starb er mit 78 Jahren, nur eine Woche nach seinem Lieblingshengst...

(Foto: Raimund Hesse)

Gelsenkirchen. Ein großer Pferdemann jenseits des bekannteren deutschen Turniersports  Springen, Dressur oder Vielseitigkeit ist tot:  Jean-Claude Dysli. Den Pferdeverstehern wird er in Erinnerung bleiben.

 

 

Der Grandseigneur der europäischen Westernreiterei, Jean-Claude Gaston Dysli, verstarb am 15. Dezember 2013 an Herzversagen, der gebürtige Schweizer wurde 78 Jahre alt. Eine Woche zuvor musste Dysli seinen Quarter Horse-Hengst „Okie Isma Dad“ im Alter von stolzen 27 Jahren einschläfern lassen. Auf der Internetseite der JCD RIDING ACADEMY, die er mit dem Ehepaar Sabine und Frank Bareuther 2012 gründete, heißt es auf den ersten Zeilen eines Nachrufes unter anderem: „Die Seelen von Jean-Claude Dysli und Okie Isma Dad waren auf Erden miteinander verbunden und sind es nun in der Ewigkeit.“ Dass dieser Hengst eine ganz besondere Rolle im hippologischen Wirken von Dysli gespielt hat, ist im Wortsinn eine eigene Geschichte für sich - und davon später mehr an anderer Stelle.

 

Wie soll man einen Mann charakterisieren, der aus einfachen elterlichen Verhältnissen kommt, der seine Jugend auf einem Schweizer Bauernhof erlebte, der eigentlich Bauingenieur werden wollte - und dann der erste Schweizer Cowboy wurde, nachdem er zu Beginn der 60er Jahre in Kalifornien im Traningsstall der damals renommierten Ausbilder George und Harry Rose das Westernreiten kennen lernte?

 

Auszug aus einem Interview (1995) mit dem Autor

 

„Es war damals wie ein Virus, der mich packte. Diese für mich neue und andere Reitweise faszinierte mich von Anfang an, obwohl ich an der Schweizer Kavallerieschule in der klassischen Reitweise ausgebildet wurde und somit etwas von der Reiterei und Pferden verstand - dachte ich. Dann kamen in USA die Erfahrungen mit der Pferderasse Quarter Horse, für mich eine andere Welt, weil ich ja nur die bekannten Warmblutpferde aus der Schweiz und aus Deutschland kannte.“

 

In Amerika lernte Dysli nicht nur das Westernreiten, sondern auch Tom Dorrance ( 2003) und Ray Hunt ( 2009) kennen, beide hatten schon zu Lebzeiten einen Legenden-Status. Dorrance gilt als Begründer der Horsemanship-Bewegung und prägte mit „Feel, Timing and Balance“ eine Philosophie, die vom damaligen Schüler Dysli verinnerlicht und in späteren Jahren dann in seinen Lehrgängen umgesetzt wurde. Bei Dorrance blieb Dysli etwa vier Jahre, die er immer wieder „mit der besten Zeit seines Lebens“ beschrieb. Auch die Arbeit mit Ray Hunt prägte den Jungtrainer aus der Schweiz, daraus entwickelte sich eine über 50-jährige dauernde Freundschaft. Dysli erinnert sich gerne an den sogenannten Verfasser des Grundlagenwerkes der Natural Horsemanship-Methode: „Ray sagte oft zu mir: lasse zu, dass das Pferd dir sagt was es will - aber dieses Verstehen musst du lernen, und immer wieder lernen. Wenn du das schaffst, bist du auf dem richtigen Weg.“

 

Die oft im Volksmund zitierte Lebensweisheit - „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ - bekam Dysli oft zu spüren, wenn er nach einem 16-18-Stundentag sein Tagwerk beendete. Junge Pferde einreiten, das Studium von Blutlinien der Quarter Horses und die Philosophie einer effizienten Pferdezucht bestimmten seine Arbeitstage - alles ohne Handy oder Internet. Neben diesen Tätigkeiten nahm er an Turnieren teil, um in den damals populären Rinderklassen, Cutting und Working Cowhorse, zu starten und um Geld zu verdienen. Unter anderem gewann er die Trophy „Best Cowhorse of Nevada“.

 

Eine weitere Lebensstation folgte im kalifornischen Hollister, dort kaufte er eine kleine Ranch, die schon bald zu einer gefragten Adresse wurde. Schnell sprach sich herum, dass ein Schweizer Cowboy eine gute Hand für Pferde hatte. Zwischenzeitlich brachte er immer wieder Quarter Horses nach Europa und gab etliche Kurse im damals noch jungfräulichen Western-Deutschland. Auch Wolf Kröber ( Erfinder der Pferdemesse EQUITANA) wurde auf Dysli aufmerksam und lud ihn 1973 zu der zweiten Messeausgabe ein, im Showprogramm mitzuwirken. Man kann heute ohne Übertreibung sagen, dass Dysli zu dieser Zeit den Grundstein des europäischen Westernreitens legte, und somit einen ganz entscheidenden Anteil an der heutigen Entwicklung hatte.

 

Dysli erkannte schnell, dass das Ausbildungswesen im Westernreitsport in europäischen, insbesondere in deutschen Landen ganz gewaltig im Argen lag. Für ihn wurde schnell klar, dass seine Zukunft nicht schwerpunktmäßig im Turniersport liegen kann, sondern in der Ausbildung von Ross und Reitern - so wie er es in Amerika gelernt hatte. Seine Philosophie und die damit verbundenen Kurseinheiten kamen mehr als gut an.

 

Auszug aus einem Interview (1995) mit dem Autor:

 

„Es ist eigentlich recht banal und dennoch ein schwieriger Punkt. Wir arbeiten mit Lebewesen, jedes ist eine Persönlichkeit mit individuellen Eigenschaften, mit Höhen und Tiefen - es ist kein mechanischer Teil. Viele Reiter machen den Fehler, oft sich selbst in das Pferd hineinzuprojizieren, was natürlich falsch ist. Man muss das Pferd so nehmen, wie es ist - und damit meine ich keine einsam geführten Monologe eines Reiters/Besitzers an sein Pferd auf der Stallgasse vor und nach dem Reiten. Man muss es erfühlen können, nicht nur erfassen vom rein Ideologischen her, sondern erfühlen. Das ist die Schwierigkeit, die in meinen Kursen oft zu Diskussionen mit den Reitern führt - diesen Leuten ist meistens nicht zu helfen, weil sie das Pferd nicht verstehen. Würden sich Pferdebesitzer, Ausbilder und auch Reiter mehr mit den Tieren befassen, etwas mehr Zeit opfern, gäbe es halb so wenig Kommunikationsprobleme. Das ist im Übrigen keine These von mir, sondern der große Fredy Knie senior vom Zirkus  arbeitete mit dieser Erkenntnis seit Jahrzehnten, und das mit Erfolg. Wer einmal bei seiner Morgenarbeit dabei war und nur einen Bruchteil dessen begriffen hat, was in der Manege passierte, kann erst einmal nur erahnen, was humane Pferdedressur überhaupt bedeutet.“

 

Dysli war irgendwie ein Typ, der das Leben liebte und das Leben liebte ihn. Seine Stärke war oft eine unendliche Geduld mit seinen Schülern, auch wenn er wusste, viele von ihnen kommen wieder, weil sie nach wie vor Probleme mit ihren Pferden haben. Das sei, so in einem Interview im damaligen Schweizer Kavallerist, das Problem überhaupt, weil zu viele „Trainer“, die in ihrem Leben vier oder sechs Wochen in einem amerikanischen Trainingsstall irgendwelche Jobs machen durften, und dann als „Trainer“ zurückkommen, um den Problemreitern irgendwelche Trainingseinheiten zu verkaufen - natürlich für viel Geld. Dysli wurde nie müde, auf diese Missstände hinzuweisen, wodurch er bei seinen „Trainerkollegen“ nicht besonders beliebt war.

 

Dysli – ein heißes Thema

 

Jean-Claude Dysli und die Zucht von Quarter Horses in Deutschland war in den ersten 20 Jahren des Bestehens der Deutschen Quarter Horse Association (DQHA) als Zuchtverband ein beliebtes wie auch heißes Diskussionsthema. Wie es so oft bei Verbandsfunktionären in der Pferdezucht so ist, driften die Vorstellungen von der Realität ab - weil Pferdezucht, heißt in Generationen zu denken. Dysli wies oft darauf hin, dass man die amerikanische Quarter Horse-Industrie nicht 1:1 nach Europa projizieren könne, weil man jenseits und diesseits des Atlantiks unterschiedlich ticke. In den USA war damals die Quarter Horse-Zucht ein Massengeschäft, und in Deutschland wollte man Qualität. Es sollten viele, viele Jahre ins Land gehen, bis das Qualitätsbewusstsein sich durchsetzte. Auch daran hat im Laufe der Jahre Dysli mitgewirkt, sei es mit speziellen Lehrgängen oder mit persönlichem Engagement.

 

Ob Doma Vaquera oder die klassischen Reitweisen - für Dysli gab es damit keine Probleme, Berührungsängste hatte er sowieso nicht, eher das Gegenteil. In seiner hippologischen Vita tauchen auch bekannte Namen auf: Reitmeister Fritz Tempelmann, einer der großen Ausbilder von Dressurpferden und Reitern, unter anderem Nicole Uphoff, Ulla Salzgeber oder Margit Otto-Crépin, oder Reitmeister Willi Schultheis, ehemaliger Bundestrainer Dressur (1974-1979), oder Olympiagewinnerin Gabriela Grillo, deren Trakehner Ultimo Dysli in Düsseldorf reiten durfte. Don Álvaro Domecq Romero, Gründer der Königlich-Andalusische Reitschule in Jerez de la Frontera/ Spanien, und Raffaelo Corado (spanischer Champion in der Doma Vaquera) sind ebenfalls im Einklang mit Jean-Claude Gaston Dysli zu nennen - immer über die Symbiose Pferd.

 

Für Dysli war eine Begegnung mehr als beeindruckend: „Während einer Veranstaltung in München habe ich eine Vorführung mit dem ehemaligen Bundestrainer Dressur, Willi Schultheis, mit seinen damals 65 Jahren auf dem in Bayern gezogenen Hengst Rio Negro erlebt, der Hengst wurde einhändig auf blanker Kandare in den Grand Prix-Lektionen Passage, Piaffe und Einerwechseln geritten, und alles ohne Druck. “

 

In einem Interview wurde Dysli mal gefragt, ob er pferdeverrückt sei?

„Bei mir ist es mehr als eine Pferdeverrücktheit, es wurde zu einem Ziel, zu einer Leidenschaft, zu einem Beruf, den ich mit einer unwahrscheinlichen Akribie betrieben habe. Alles, was ich sonst hatte, habe ich aufgegeben. So unter anderem meinen Beruf als Bauingenieur sowie mein seinerzeit gut gehendes Geschäft in Zürich. Ich habe alles an den Nagel gehängt und mich ganz den Pferden gewidmet. Ich habe es noch nie bereut und werde es auch nicht bereuen.“

 

Hacienda Buena Suerte“ - was soviel für „Viel Glück“ steht - wurde in den 90er Jahren stets mit Jean-Claude Dysli und seiner damaligen Frau Magda in Verbindung gebracht. Es sollte nach all den Jahren des Reisens ein Domizil für den irgendwann nahenden Ruhestand und natürlich auch ein Refugium der etwas anderen Art werden. Hacienda Buena Suerte stand auch für unbeschwerten Reiterurlaub im andalusischen Villamartin, gelegen im Dreieck von Málaga am Mittelmeer und der Weltausstellungs-Metropole Sevilla und der Sherry-Stadt Jerez de la Frontera. Für Dysli war „Hacienda Buena Suerte“ mehr als ein Wohnort, es erinnerte ihn an Kalifornien. Dass zur Hacienda ein eigener Olivenberg gehört, sei der Ordnung halber erwähnt. Als beliebte Urlaubsadresse in der Verbindung mit Reiterferien war die Hacienda schnell eine gefragte Adresse - besonders, wenn Jean-Claude Dysli zugegen war und den Reitunterricht leitete. Viele Jahre ging es gut, dann trennten sich die Dyslis. Magda Dysli blieb auf der Anlage, und Jean-Claude baute sich etwas Neues in unmittelbarer Nähe der „Hacienda Buena Suerte“ auf.

 

Jean-Claude Dysli sagte vor einigen Jahren sinngemäß: „Ich bin wie ein altes Zirkuspferd und kann einfach nicht aufhören, ich brauche die Arbeit mit den Pferden, die mich jung hält.“

 

Generalsekretär Lauterbach: „Eine Legende…“

 

„Mit Jean-Claude Dysli hat die Welt einen Pferdemann durch und durch verloren. Jean-Claude war nicht nur eine Legende des Westernreitsports, sondern er zeichnete sich durch seinen Pferdeverstand aus und durch seinen stets liebevollen Umgang mit dem Pferd. Seine schonenden Ausbildungsmethoden und seine feinfühlige Reitweise sind das Vermächtnis, das er uns hinterlässt. Die Erinnerungen an diesen großartigen Mann werden wir im Herzen behalten. Unser Mitgefühl gilt in diesen Tagen besonders seiner Familie“, sagt Sönke Lauterbach, Generalsekretär des deutschen Verbandes (FN).

 


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