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Ludger Beerbaum gab seinen Rücktritt bekannt - überlegt und ohne Tränen PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Donnerstag, 18. August 2016 um 22:04

Ludger Beerbaum auf der Holsteiner Stute Chiara Sieger im Grand Prix der Global Champions Tour in diesem Jahr vor Schloss Chanitilly - so wird man den Niedersachsen weiter im großen Sport sehen können, nur nicht mehr in einer deutschen Nationalmannschaft

(Foto: GCT/ Stefano Grasso)

Köln/ Rio. Nicht unbedingt leise, aber dafür klar und ohne irgendwelche Hintertürchen hat einer dem ganz großen Sport aus der Ferne Adieu gesagt: Ludger Beerbaum. In seiner Stimme lag dennoch auch eine gewisse Wehmut…

 

 

Der Westdeutsche Rundfunk erreichte ihn nach deutscher Zeit in den Mittagsstunden an diesem Donnerstag. In Rio war gerade Morgen. Der WDR-2-Mann sagte, er meine, es wäre sein letzter Auftritt gewesen, und Ludger Beerbaum antwortete höflich, nachdem er zunächst den Reporter berichtigen musste, dass er nicht erst 1992, sondern bereits 1988 in Seoul dabei war: „Ja, das war`s.“ Er freue sich, dass er um eine Medaille im Mannschaftswettbewerb nicht nur dabei war, sondern auch einiges dazu beigetragen habe. Ohne seinen fehlerlosen Ritt im Wettbewerb, dem insgesamt nur zweiten im Springen, hätte die deutsche Equipe das Stechen gegen Kanada nicht erreicht und keine Medaille gewonnen.

 

Im weiteren Interview spürte man fast schon ungewohnt eine gewisse Wehmut in der Stimme des „perfektesten Springreiters aller Zeiten“, wie mal Alwin Schockemöhle sagte. Viel habe er aus den sieben Olympischen Spielen mitgenommen, darüber auch nachgedacht, dass nun alles zu Ende ist. Er sei anders im Olympischen Dorf aufgestanden und habe jeden Tag anders wahrgenommen. Er sei glücklich, dass er mit seinem fehlerlosen Ritt auf dem Wallach Casello die Tür zu einer möglichen Medaille aufgestoßen habe. „Ich bin am Ende glücklich, dass ich von den anderen nicht mitgeschleppt wurde, sondern letzten Endes die Chance auf eine Medaille die Medaille erhalten konnte.“ Im Einzelspringen am Freitag ist er nicht mehr, qualifiziert war er, doch pro Nation dürfen nur drei Starter antreten. Vor Jahren hätte ein Ludger Beerbaum knallhart sein Recht auf einen Start angemeldet und begründet. Diesmal hätte er auch gute Gründe gehabt, denn mit seinem fehlerlosen Ritt im entscheidenden Umlauf wurden seine beiden Abwürfe in den beiden Springen davor so unwichtig wie ein Fliegenschiss am Fenster. Im entscheiden Durchgang war er wieder der ganz große Ludger Beerbaum, der nur ein Ziel hatte, ohne Fehler aus dem Parcours zu reiten. Die Bronzemedaille war letzten Endes sein Abschiedsgeschenk an die Teamkameraden, sie sehen das auch so. Dankbar und voller Hochachtung vor diesem Ausnahmereiter.

 

Nun sagte er auch, mit 52 sei er der älteste Teilnehmer der deutschen Mannschaft gewesen, da habe auch bei ihm das Überlegen angefangen. Er habe noch mal den Aufenthalt im Olympischen Dorf genossen, vieles mitgenommen für seine andere Zukunft als Unternehmer im Reitsport und in der Zucht auf seiner mustergültigen Anlage in Riesenbeck.

 

Als Ludger Beerbaum in Mannheim 1997 bei der Europameisterschaft doppeltes Gold mit der großartigen Stute Ratina Z gewann, spielte er den Gedanken auch bereits mal durch, wie er sich das Ende seiner Sattelkarriere vorstelle. Er sagte: „Ich reite bei einem Turnier und habe plötzlich eine bestimmte Eingebung, ganz spontan und einfach Tschuess zu sagen. Ohne besonderen Grund.“ Und er sagte: „Wenn ich beim Parcoursabgehen mal das Gefühl haben sollte: Das schaffst Du nicht mehr, dann wäre sofort Schluss. Aber solange ich behaupten darf: Diese Hindernisse springt Dein Pferd allemal – solange reite ich weiter.“ Seine Pferde werden immer und überall auf der Erde alle vorgestellten Hindernisse bewältigen, doch nicht mehr mit ihm. Er hat sich längst andere Ziele gesetzt.

So begann mal alles…

Sein 2008 gestorbener Vater Horst Beerbaum erinnerte sich auf Anhieb an jenen Tag, „es war der 11. November 1976, wir hatten elf Grad unter Null, und es war schon spät.“ An jenem Abend begann letzten Endes die reiterliche Karriere für den damals 13 Jahre alten Ludger Beerbaum in der Reithalle von Adelebsen bei Göttingen. Beerbaum junior legte die Prüfung zum Jugendreiterabzeichen ab, die Berechtigung, an Prüfungen bei offiziellen Turnieren teilzunehmen. Vater Horst Beerbaum war es auch, der bei den ersten Reitversuchen seines Sohnes von einem Esel erzählte, was seltsamerweise einigen Journalisten nicht in den Kram passt, doch der Vater dürfte kaum Märchen erzählt haben.

 

Die ersten Erfolge auf einem Großpferd errang Beerbaum auf einer Stute namens Wetteifernde. Sie gehörte einem Vereinsmitglied, das das Pferd dem Gymnasiasten zur Verfügung stellte. Auf Wetteifernde wird Ludger Beerbaum 1982 Zweiter der deutschen Junioren-Meisterschaft, der damalige Bundestrainer Hermann Schridde lädt ihn ein zu einem Lehrgang, fördert ihn, „er hat mir das Springreiten nähergebracht, das Auge für Distanzen geschult“, sagt Beerbaum, „ich war ja eher wie ein Cowboy geritten.“ Wetteifernde hat er übrigens 23-jährig in einem Bauernhof in Belgien aufgestöbert, verdreckt und heruntergekommen, er hat sie zurückgekauft, bis zu ihrem Tod erhielt sie bei ihm das Gnadenbrot, „ich hatte sie nie vergessen, denn alles hatte ich ja dieser Stute zu verdanken.“

 

1984 startet Beerbaum auf Wetteifernde erstmals international bei einem großen Turnier, in Hannover. Paul Schockemöhle, der Pferdemogul, spricht ihn an in bekannt knapper Wortwahl: „Du, ich hätte Verwendung für Dich.“ Der Betriebswirtschaftstudent Beerbaum bricht nach drei Semestern das Studium ab und geht nach Mühlen, „dort war ich der Neger, aber besessen vom Reiten, ich wollte lernen, lernen und nochmals lernen.“ Schockemöhle zahlte ihm im Monat 1.200 Mark, von ihm erlernt Beerbaum Planung von Turnieren, Stallmanagement, Logistik und natürlich Handel. In Mühlen ist er auch mit Franke Sloothaak zusammen, über ihn sagte er: „Vielleicht der kompletteste Reiter, den es gab.“

 

Ab ins Allgäu zu „Almox“

 

Bis zum 6. Juni 1989 steht Ludger Beerbaum auf der Lohnliste von Paul Schockemöhle, er gilt bereits als Erbe des Pferde-Imperiums. Doch er verliebt sich in Schockemöhles Ehefrau Barbara, geht weg, nimmt die Frau des Chefs mit nach Buchloe ins Allgäu, wo er vom den reitsportbesessenen Alexander Moksel und Rodo Schneider mit offenen Armen empfangen wird. Ihnen gehörte das Fleischimperium „Almox“ mit einem Jahresumsatz von damals 3 Milliarden DM. Beerbaum wird dort angestellt, innerhalb weniger Wochen darf er für vier Millionen Mark Pferde in der ganzen Welt einkaufen. Auf Classic Touch wird Beerbaum in Barcelona 1992 Olympiasieger, die Stute geht danach vertragsgemäß an Rodo Schneiders Sohn und Springreiter Ralf,  als „Ersatz“ kauft Rodo Schneider in Belgien bei Leon Melchior (Gestüt „Zangers Heide“) für umgerechnet genau 2.126.000 Mark die Stute Ratina Z. Mit Ratina wird Beerbaum 1996 in Atlanta zum zweiten Mal nach 1988 Team-Olympiasieger, zum Einzelspringen kann er wegen einer Verletzung der Stute nicht mehr antreten.

 

Seit 1996 war Ludger Beerbaum, der stets zu dem stand, was er sagte, mehrmals Weltranglisten-Erster, deutscher Rekordhalter mit 133 Einsätzen für Deutschland in einem Preis der Nationen,  zweimal Mannschafts-Weltmeister, erster deutscher Weltcupgewinner, neunmal deutscher Meister, zweimal  Derbysieger, sechsmal Europameister und viermal Olympiasieger – nun ist Schluss. „Ich glaube“, so sagte er auch in dem WDR-Interview, „nun war der richtige Moment, um aufzuhören. Mit einer Medaille. Ich bin mit mir im Reinen.“

 

Er wird weiter auch international reiten, aber in keiner Equipe mehr im nächsten Jahr in einem Preis der Nationen, nicht mehr bei Championaten und nicht mehr bei Olympia. Seinen letzten großen Auftritt in einer deutschen Equipe hat er im September (22. bis 25. September) beim Finale der besten Nationen-Preis-Equipen im Real Club de Polo in Barcelona, dort, wo er 1992 Einzel-Olympiasieger wurde. Hans Peter Vogelsanger als gewichtiges Mitglied des Real-Clubs wird sich garantiert für diesen letzten Auftritt des außergewöhnlichen Springreiters  Ludger Beerbaum etwas ganz Besonderes einfallen lassen…

 


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