Sie befinden sich hier: Home Sport Wiederholt man sich zu oft - verlieren die Worte an Kraft...

Wer ist Online

Wir haben 2130 Gäste und 3 Mitglieder online

Suche

Anzeige

Anzeigenschaltung

Google Translate

German Chinese (Simplified) Chinese (Traditional) Czech Danish Dutch English French Galician Greek Hungarian Italian Japanese Norwegian Polish Portuguese Romanian Russian Spanish Swedish Turkish Ukrainian

Zugriffe seit 16.09.2009

Anmeldung



Anzeige

Banner

Anzeige

Anzeige

Banner

Anzeige

Anzeige

Anzeige

Fotoanfragen über KHFrieler@aol.com

Anzeige

Banner

Anzeige

Banner
Anzeige



Wiederholt man sich zu oft - verlieren die Worte an Kraft... PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Peter F. Cronau/ dl   
Samstag, 17. Mai 2025 um 13:18

Die Weltcup-Finals in Springen, Dressur und Voltigieren Anfang April in Basel sind Geschichte. Doch unerwartet hallt ein Echo nach. Turnierchef Dr. Thomas Straumann war großzügig, der Bitte von „R-haltenswert“ nachgekommen, eine unabhängige Kommission zu beauftragen, im Hinblick auf das Tierwohl Beobachtungen zu registrieren und zu dokumentieren. Inzwischen mischen sich zusätzlich Medien fern von Stallgeruch ein, so dass sich nun auch der international renommierte Pferdedoc Dr. Peter F. Cronau zu einem Kommentar veranlasst sah.

Nach jahrhundertelanger Beziehung zwischen Mensch und Pferd stehen wir offensichtlich vor einer grundlegenden Reflexion über die gesellschaftliche Einstufung des Sportpferdes. Eine spitze Zunge bedeutet in vielen Ländern schon unerlaubter Waffenbesitz.

Das Pferd ist ein altes Haustier. Die Domestikation erfolgte ab dem Zeitpunkt 4.000 v.Chr. In der langen Geschichte der Pferdehaltung stand überwiegend die Nutzung der Muskelkraft im Vordergrund, sei es als Reit-, Trag- oder Zugtier. In vielen Gegenden haben auch Pferde bis heute eine große Bedeutung für die Fleischgewinnung (Deutschland 2024 insgesamt 932 Tonnen pro Jahr). Mit der Entwicklung moderner Zugmaschinen sind Pferde aus dem Transportwesen und aus der Landwirtschaft verdrängt worden. Immerhin werden schätzungsweise weltweit gegenwärtig etwa 62 Mill. Pferde gehalten.

In der Öffentlichkeit bzw. mainstream genießt das Sportpferd heutzutage die größte Aufmerksamkeit. Das hängt natürlich mit der Medien-Präsenz, Verbreitung und mehreren anderen Faktoren zusammen. Jeder schräge Furz vom Pferd ist Gegenstand eines medienrelevanten Berichts. Aber wiederholt man sich zu oft, verlieren die Worte an Kraft. Schon 1978 beschrieb Margarete Mitscherlich in ihrem Buch „Das Ende der Vorbilder“ die Aspekte von Vorbildern, die die Menschen inspirieren könnten, Ziele setzen, sie können als Orientierungshilfen dienen und dazu beitragen, die Motivation und das Selbstvertrauen zu steigern. Sie betont die Notwendigkeit, die Vorbilder kritisch zu hinterfragen und nicht unkritisch zu verherrlichen. Die eigene Identität und Individualität sollen im Mittelpunkt stehen, anstatt sich ausschließlich an Vorbildern zu orientieren.

Verwerflichkeit, Manipulation und Betrug im Pferdesport sind aktenkundig schon in der Vergangenheit: Kaiser Nero hat im Jahr 67 v. Chr. das Wagenrennen bei Olympia in Griechenland gewonnen, obwohl er in einer Kurve aus dem Anhänger geschleudert worden war. Zum Sieger wurde er trotzdem erklärt, was ihn der Überlieferung nach 1 Million Sesterzen kostete.

Seit der Verwendung des Sportpferdes auf Turnieren (Erstes Springturnier Royal Dublin Horse Society am 15. April 1964; erstes Vollblutrennen in Deutschland 15. Juli 1821 in Aachen-Brand, erstes Galopprennen UK:18. März 1622, Lord Salisbury gegen den Marquis of Buckingham, danach nimmt die Entwicklung ihren Lauf. Der Ehrgeiz des betroffenen Personenkreises steigt mit der speziellen Entwicklung der Pferdesportdisziplinen. Viele bedeutende Pferdefreunde und auch solche, die noch nie auf einem Pferd gesessen sind, haben ihre Meinung dargestellt. Die Meinungsbildung fokussierte sich auf die Tendenz, dass fast nur noch Beiträge publiziert wurden, die ausschließlich von Pferden involvierten Personen geschrieben waren. Eine externe Betrachtung von Personen, die nicht befangen sind, ist kaum zu erkennen.

So war es ein Novum, dass erstmals in der Historie von einem Veranstalter (Dr. Thomas Straumann CHI Basel) und auf Initiative von „R-Haltenswert“ eine engagierte Kommission eingeladen worden war, das Pferdewohl auf einem Turnier festzuhalten (Ludwigs Pferdewelten 2). In sehr aufwändiger Betrachtung werden zahlreiche lesenswerte Kritikpunkte nach unterschiedlichen Aspekten der Pferdesportdisziplinen beschrieben. Mit Verlaub gesagt, vom Sattelgurt bis zur Aufzäumung wurde fast alles umgedreht. Physiologische Abläufe wie Luftzufuhr, Anwendung von Hilfszügeln, Reitweise und Bewegungsabläufe sind ebenfalls Teil der kritischen Betrachtung gewesen. Dr. Thomas Straumann postuliert, dass Bedenken hinsichtlich Fehlverhalten oder Verstößen gegen das Wohlergehen des Tierschutzes an die FEI-Stewards, die Richter oder die Veterinäroffziellen weitergeleitet werden.. Er sagt weiter: “Wir alle hoffen, dass wir diese Maßnahmen nicht in Anspruch nehmen müssen, denn wir wollen nur fairen Sport – jetzt und in Zukunft.“

Post-hoc-Analysen sind verpönt. Das ist so, wenn man Leute auf eine Wand schießen lässt und im Nachhinein die Schusslöcher als Zielorte definiert. Applaus kann bigott sein, wenn verloren wird, werfen die Leute mit Blumen, da sind dann die Töpfe noch dran.

Das klingt alles nach einer tollen Idee, ein populistischer Touch kann aber nicht verheimlicht werden. Mich stört vor allem, dass das Jahrhunderte alte Problem Doping mit keinem Wort erwähnt wird, geschweige denn, sich mit dem Begriff Manipulation und Missbrauch mit Hinweis auf Geschehnisse in England, Dänemark aber auch jüngst in Deutschland erwähnenswert zu halten. Der gesellschaftliche Anspruch an die Meinungsbildner hat sich geändert. Argumente von Sportlern wie „ein bisschen Doping darf sein“ zählen nicht mehr.

Was tun wir Menschen uns selber an? Der Punch eines Schwergewichtsboxers bedeutet 770 Kg auf 6,5 qcm des Körpers! Muhammed Ali schlug zwölf Schläge in drei Sekunden, diese Beispiele deuten nur darauf hin, wie pervers der Mensch sein kann. Diese Erwähnung kann beliebig fortgesetzt werden.

Man sollte meinen, dass der Weltpferdesportverband (FEI) in eigener Verantwortung sich mit den Verfehlungen beschäftigen würde. Aus meiner persönlichen Erfahrung und Sicht bedeutet es das Verhalten eines Scheinriesen, der, je weiter er sich von der Problematik entfernt, umso kleiner wird.

Das ist folgerichtig problematisch, wenn persönliche Werte sich mit wissenschaftlichen Erkenntnissen vermischen. Ich erlaube mir, zwei Beispiele aus meiner persönlichen Erfahrung zu berichten: Die Größe der Pferdeboxen im Heimatstall und der mobilen Boxen auf dem Turnier hatten ein Maß von 2,70 x 2,70 m. Jeder weiß, dass dieses Maß dem pferdegerechten Normanspruch nicht genügt. Ich schlug vor, eine transparente Größe von 12 x 2 m verpflichtend vorzuschreiben. Wie sollten große Pferde (z.B. „Calvaro“ des Schweizers Willi Melliger, Stockmaß über 1,80 m) sich drehen oder gar wälzen können? Im Bureau der FEI fand ich seinerzeit keine Fürsprecher (Selbstbeheizung, Schnarchverein). Einer der Gründe war, das werde alles viel zu teuer, weil die Transport-LKW`s Trennwände von solchen Maßen nicht laden könnten. (Parkplatzgröße Mercedes S-Klasse: 15 x 2 m).

Nach meiner Chairman-Zeit in der FEI übergab ich mein Amt dem Kollegen Prof. Dr. Leo Jeffcott, seines Zeichens Dekan der Universität Cambridge. Nach Rückkehr von seiner ersten Sitzung bei der FEI schrieb er mir: „Now I know what the FEI does, and does not!“

Es ist für die Pferdewelt an der Zeit, sie so zu akzeptieren, wie sie ist, und sie nicht so zu sehen, wie wir sie haben wollen. Das würde den Blick auf die Vergangenheit, aber auch auf die Gegenwart frei machen. Meine Einschränkung ist jedoch: Absolute Verpflichtung zur Fairness und Achtung der natürlichen Gegebenheiten der Pferdekreatur. Das ist kein Hirngulasch, sondern die Benchmark, ein genormtes Mess- und Bewertungsverfahren, ein über allem stehender Vergleichsmaßstab. Sonst würden wir im Haifischbecken landen, wo man nur durch Skrupellosigkeit, Eigennutz und Negieren jeglicher kulturell fundierten Erziehung überleben kann. Bertold Brecht hat gesagt, der große Sport fängt da an, wo er längst aufhört, gesund zu sein. Albert Einstein sagt, Vorurteile sind manchmal schwerer zu zertrümmern als Atome, und Probleme kann man nicht mit derselben Denkweise lösen, mit der sie entstanden sind.

Es gibt drei Arten von Pferdefreunden, den Tierliebhaber, den Tierschützer und den Tieraktivist. Letztere schrecken auch nicht davor zurück, die Nerze auf der Nerzfarm aus ihrer engen Behausung frei zulassen, um fehlgeleitet ihre lebensgefährliche Freiheit zu praktizieren. Das Licht der Erfahrung ist eine Laterne, die am Heck eines Bootes aufgehängt ist, sie beleuchtet nur die Welle dahinter. Das Gebot ist jedoch: Nach vorne zu sehen! Die Frage ist, ob wir richtig mit unserer Zeit umgehen, es ist - wie gesagt – unsere Zeit.

                                    ******************************* 

1N. Benecke, Der Mensch und seine Haustiere, Theis-Verlag 1994, Pferd: S. 288 -310

2 Ludwigs Pferdewelten, 08. Mai 2025, Nüchterne Nachlese zu dem Weltcupfinale in Basel zum Nachdenken

3 Thomas Straumann: Biomaterialien: mittels Stammzellen entwickeln wir den dritten natürlichen Zahn (NZZ v. 06.11,2022)

4 Margarete Mitscherlich, Das Ende der Vorbilder 1978

 

 


Um die Nutzbarkeit unserer Seiten zu verbessern, verwenden wir Cookies. Falls Sie mit der Speicherung von Cookies nicht einverstanden sind, finden Sie hier weitere Informationen. Weitere Informationen >>> Cookie-Hinweis.

Hinweis >>>