Der Reitsport-Journalismus ist ärmer geworden... |
![]() |
![]() |
![]() |
Geschrieben von: Dieter Ludwig |
Donnerstag, 21. August 2025 um 19:09 |
"Kalle" Frieler + (Foto: Raimund Hesse) Gelsenkirchen. Die Zeit zwischen Leben oder Tod dauerte gerade mal 18 Tage, dann verabschiedete sich „Kalle“ Frieler für immer. Und wo er für immer ruht, bleibt anonym… Immer Mitte Januar eines jeden Jahres erhielten bestimmte Reitsport-Fotografen und einige Freunde Post von ihm. Und wie Stefan Lafrentz sagt, „stand genau drin, was es zu essen gibt bei unserem Treffen jeweils einen Tag vor Beginn des CHIO von Deutschland, für die Veganer wie für Vegetarier und normale Esser“. Über viele Jahre war Karl-Heinz Frieler, den alle nur Kalle riefen und nicht anders kannten, Gastgeber eines speziellen Treffens der Fotografen-Clique, die sich in Gelsenkirchen beim Ehepaar Monika und Kalle Frieler traf und bis spät am Abend feierte. Diesmal kam auch wieder Post, aber das Treffen wurde abgesagt. Kalle Frieler klagte über gesundheitliche Probleme. Am 2.August musste er ins Krankenhaus eingeliefert werden wegen einer akuten Lungenentzündung, Untersuchungen begannen. Fünf Tage später die Diagnose „Krebs in Lunge und Bronchien“, den Haupttumor hat man nicht gefunden, aber Metastasen in anderen Organen. Am 14. August wird bereits ein Hospiz gesucht, Kalle aber will nach Hause. Er soll im Krankenhaus bleiben, bis eine Palliativstation gefunden ist. Den Ärzten wird mit Einwilligung von Kalle die Patientenverfügung übergeben. Der Patient kann nicht mehr sprechen, erhält starke Medikamente, kann keine Nahrung mehr aufnehmen. Die Ärzte geben Kalle Frieler nur noch kurze Zeit. Am 20. August schreibt seine Frau Monika: „Gestern um 22.30 Uhr ist Kalle gestorben. Ohne Schmerzen und ganz ruhig, Für Kalle ist es gut so, aber vielleicht für mich auch, doch ich bin so traurig. Gerne wäre ich noch mit Kalle weiter gemeinsam gegangen, 51 Jahre haben wir uns gekannt...“ Kalle Frieler wurde 71 Jahre alt. Sein Tod schockt viele Reitsportjournalisten, nicht nur Fotografen. Der bekannte belgische Fotograf Dirk Caremans sagt: „Wir haben einen der Großen des Pferdesports verloren, ich einen tollen Kollegen und Freund.“ Und Reiter-Präsident Martin Richenhagen sagt über Kalle Frieler: „Ein außerordentlicher Fotograf, Pferdemann und sehr sympathischer Mensch mit viel Empathie!“ Kalle Frieler war mehr als ein guter Fotograf, sicher auch ein Kauz, ein Unikat seiner Branche jedenfalls, nicht einzubinden in Cliquen, auch Einzelgänger, manchmal verschmitzt, manchmal auch zornig, wenn er von Tierquälereien hörte, las oder gar selbst erlebte. Er hatte auf Turnieren einen Sonderstatus und den genoss er auch. Er war nicht kaufbar, unangepasst, und dazu stand er. Er sagte immer, was er dachte und was ihm nicht passte. Und er war loyal. Als Freund der Familie Ehning hätte er nie etwas aus dem Stall in die weite Welt hinausposaunt, egal auch was. Freundschaft war für ihn mehr als ein Wort. Und er wusste, worüber er redete. Wer ihn als Turnierfotografen verpflichtete, war seines kompletten Einsatzes gewiss, morgens beim ersten Pferd vor Ort mit der Kamera am Platz zu sein bis oft spät in den Abend hinein, er war meist der Erste und am Ende der Letzte, der einen Turnierplatz verließ. Das kostete, er brachte aber auch immer volle Leistung bis zur Erschöpfung. Und Jammern über persönliche Unpässlichkeiten gehörte auch nicht zu seinem Sprachgebrauch. Zuletzt war es ruhiger geworden um Kalle mit dem Schnauzbart, in dem soviel Herz steckte, der in Aachen 2003 mit der „Silbernen Kamera“ ausgezeichnet worden war für das Foto „Freudentränen“ von einer Para-Dressurreiterin. Er suchte sich für seine Motive nicht immer die ganz Großen aus, auch jene, die eher im Schatten stehen und dennoch großartige Leistung bringen, dafür hatte er ein Gespür. Studiert hatte er Maschinenbau, später Fotodesign. In den Pferdesport als Fotograf kam er durch seinen Kollegen Raimund Hesse. Und weil sich Hesse damals verstärkt dem Westernreiten verschrieb, empfahl er Kalle für Aufnahmen vor weit über 40 Jahren der damaligen WDR-Redakteurin Gerti Carnine (+2012), die damals jedes Jahr ein Medienturnier organisierte. Und dort begann alles. Ab 1986 widmete sich Frieler ganz dem Pferdesport. Er war nicht nur Fotograf, er hatte überall wache Augen und die Ohren auf Empfang. Ihm entging kaum etwas, „auch wenn viele meinten, ich sei nur ein Fotograf“, wie er mal sagte. Für viele Veranstalter war er zudem ein wichtiger Ratgeber, weil er sich auskannte in der Branche, und darin, was positive Berichterstattung braucht. Oder er sagte auch einigen, was nicht passt. Das Ruhrgebiet war seine Heimat, dort gehört er auch hin, er sprach die Sprache des „Pott“. Dort fühlt er sich zuhause, weil er die Menschen verstand und verteidigte, er war gradlinig, schnörkellos, aufrichtig und direkt. Wem er Freund war, blieb er es auch ein Leben lang. Der frühere Reiter-Präsident Breido Graf zu Rantazau nannte ihn bei der Auszeichnung mit dem „Reiterkreuz in Bronze“ einen „mit einem goldenen Herzen…“ So war er auch, der Kalle aus dem Pott. Und auf seine Bitte hin wird es keine Trauerfeier und keine Todesanzeige geben, die Urne mit seiner Asche werde anonym irgendwo in die Erde gelassen, sagt seine Frau Monika, "wie er es gewollt hat."
|