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Gut, dass Totilas selbst nichts sagen kann... PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Donnerstag, 02. Februar 2012 um 20:32

Wassenberg. Holländer sind gute Geschäftsleute und wahrlich nicht blöd. Dass ihr Dressur-Coach Sjef Janssen plötzlich im Stall von Totilas in Kronberg als Trainer für Nachwuchspferde auftauchen sollte, war fast sensationell, aber für Kenner durchaus verständlich, man scheint auf dem Schafhof am Ende der Weisheit angekommen, vor allem mit dem Unternehmen Totilas gestrandet.

 

 

Er wohnt in Voerde nahe der Autobahn. Die A 1 führt direkt an seinem Hof vorbei nach Holland. Aus der Küche heraus kann er sie beobachten, die großen Transporter, die PKW`s mit den entsprechenden Insaßen aus Russland, der Ukraine, egal woher auch, „früher kamen sie und blieben in Deutschand“, sagt Reitmeister Johann Hinnemann (63). Sie hätten früher in Deutschland angehalten, trainiert, Pferde gekauft, „jetzt fahren sie alle weiter nach Holland, um dort zu trainieren und auch Pferde zu erwerben.“

 

Nun läuft plötzlich auf fast wunderbare Weise alles mal andersherum. Jetzt kommt erstmals in der großen Geschichte des deutschen Dressursports ein Coach aus Holland nach Deutschland. Und nicht irgendwer, gleich ein Meistermacher, nämlich Sjef Janssen, er hat einen Job angenommen auf dem Schafhof in Kronberg im Taunus. Dort, wo Hollands wunderbarerer Hengst Totilas steht, der für die Niederlande unter Edward Gal in zwei Jahren alles gewann, was auf dem Markt war: 2009 zwei Goldmedaillen bei der Europameisterschaft, den Weltcup 2010 und im gleichen Jahr die drei möglichen drei Goldplaketten bei der Weltmeisterschaft. Dann wurde er für neun Millionen Euro nach Deutschland verkauft (Sjef Janssen: „Uns wurde gar kein Angebot gemacht“) und sollte weiter zu Siegerschleifen strampeln. Doch daraus wurde zunächst nichts. Und wahrscheinlich wird daraus auch nichts bei Olympia, Matthias Rath (27) hat nicht die Klasse eines Edward Gal, dafür kann er nichts, dorthin wird er auch nicht kommen, sonst wäre er schon weiter.

 

Geld schießt im Fußball vielleicht Tore, aber in der Dressur trabt oder passagiert  das Geld Gott sei Dank noch nicht zu Gold. Ein Reiter ohne Pferd ist bekanntlich nur ein Mensch, aber ein Pferd ohne den entsprechenden Könner im Sattel bleibt nur ein  Tier. Dem Himmel sei nochmals Dank, sonst wäre die Dressur mausetot. Man darf letzten Endes auch glauben - an eine aufrichtige Richterei.

 

„Film ab“ am 30. November in Mühlen

 

Den Deal des Kaufs von Totilas hat einzig und allein Paul Schockemöhle eingefädelt, bereits 2009. Was bereits vielen schon bekannt war, sollte an jenem 30. November 2010 in der Reithalle der Pferdefabrik Schockemöhle in Mühlen als wichtig verkündet werden. Die Halle war abgedunkelt, geladen waren vor allem Claqueure, dann ging der Vorhang auf – und herauskam nichts, was man nicht schon wusste. Vielleicht nur, dass nun auch Ann Kathrin Linsenhoff Mitbesitzerin war des Trakehnerhengstes, „auf Augenhöhe“, wie sie sagte. Und die ersten öffentlichen Lektionen ritt an jenem Abend Matthias Alexander Rath, inzwischen 27, nicht gerade von außergewöhnlichem Talent gesegnet, aber Schockemöhle meinte, der wäre der geeignete Reiter. Und dann begann eine wahre Märchenstunde. Laut Klaus-Martin Rath, zweiter Ehemann von Ann Kathrin Linsenhoff und Vater von Matthias Alexander Rath – Mutter die bekannte Fotografin und Schwester des früheren Olympia-Dritten Karsten Huck, Melitta, - habe Schockemöhle bei ihnen in Kronberg angerufen und gemeint, Matthias könnte doch als Reiter passen, dann habe man zusammengesessen und diskutiert, Matthias Alexander hätte gesagt, er habe den Mut, dieses Pferd zu reiten. Also fuhr man nach Mühlen, wo ja Totilas inzwischen stand.

 

Klaus-Martin Rath damals:„So ein Pferd zu reiten, ist der Höhepunkt einer reiterlichen Karriere, ob sich nun Erfolg direkt einstellt oder nicht.“  Der Hengst ziehe einfach alle in seinen Bann, „er nimmt einen mit.“ Paul Schockemöhle erklärte, er sei mit dem Kauf von teuren Pferden immer am besten gefahren, wohl auch deshalb, weil aus seiner Zucht noch nie ein wahrer Champion kam, wie Insider bemerken. Den Kaufpreis nannte der dreimalige Springreiter-Europameister nicht, „habe ich bereits vergessen...“ Er sagte auch nicht, dass er zunächst Isabell Werth gefragt hatte, ob sie nicht Totilas in Zukunft vorstellen wolle, doch die hatte abgewunken. Schockemöhle meinte an jenem Abend in Mühlen weiter, er habe sich immer schon für Dressur interessiert. Im Gegensatz zu seinen damaligen Springreiter-Kollegen hätte er sich bei Olympischen Spielen auch die Dressur angeschaut, „weil mich das interessierte.“

 

Und als er von und über Totilas sprach, wurde seine Stimme brüchig, vor allem, als er sagte, er wollte für den deutschen Sport etwas tun.“ Da kamen bei anderen fast die Tränen, denn ein Paul Schockemöhle, wahrlich nicht in die Smoking-Welt hineingeboren, hatte immer und einzig das Geschäft im Kopf, hemdsärmelig, zum eigenen Vorteil, direkt und ohne Umweg. Er hatte sogar einen Vertrag mit dem holländischen Besitzer im Sack, dass beim Verkauf von Totilas, egal wohin, ihm die Provision zuzukommen habe.

 

Deutschland im Totilas-Fieber

 

Der Beginn der Deutschland-Karriere von Totilas lief so ab. Schockemöhle (66) ließ den Hengst in Mühlen absamen, fürs Decken 4000, nochmals 4000 Euro sind fällig bei Geburt eines gesunden Fohlens. Wie man zu Geld kommt, muss man einem Paul Schockemöhle nicht erzählen. Für den Sport war Kronberg zuständig. Und dort erlag man einer gewissen Hybris. Eigener Manager, eigener Pressechef, auf Turnieren eigene Leibwächter, Totilas wurde als Premiummarke angepriesen. Der wahre Reitsport-Freund verstand nichts mehr. Es konnte nicht gut gehen, für den, der sich nur ein bisschen auskennt, und das hätte man auch vom Kronberg-Clan erwarten müssen. Größter Faux Pas zweifellos: Ausgerechnet bei der Europameisterschaft in Rotterdam einen Stand zu mieten, auf dem alle möglichen Totilas-Klamotten verkauft wurden zu Irrsinnspreisen mit der Aufschrift „We are the Champions“. Ungeschickt, ausgerechnet in Rotterdam, wo Deutsche besonders sensibel sein sollten in Erinnerung an die schlimmen Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg durch deutsche Stukas, und dann auch noch mit jenem Pferd, auf das Holland so stolz war und ausgerechnet nach Deutschland verkauft wurde.… Mit dem Champion war nichts, Silber in der Mannschafts-Wertung.

 

Deutschland, zunächst der Totilas-Hysterie erlegen, drehte den Jubelhahn rasch auf Normalmaß herunter. Hatten in München beim ersten Auftritt mit Matthias Rath nie zuvor solche Menschenmassen ein Dressurviereck umlagert, doch wenige Wochen später hatte sich Balve für die deutschen Meisterschaften mit Gedanken herumgeschlagen, die Plätze könnten nicht reichen, denn Totilas kam ja. Man konnte sich dann in Balve auf den Tribünen querlegen. So rasch lassen sich Sauerländer nicht elektrisieren.

 

Alles hatte inzwischen Normalmaß erreicht, die Extra-Box mit eigenem Wachdienst und Geleitschutz für Totilas wirkte auf dem Schlossgelände des Grafen Dieter Graf Landsberg-Velen irgendwie lächerlich und unangebracht. Rath gewann die deutsche Meisterschaft in Grand Prix Special und Kür, in der Kür hätte er auch durchaus Zweiter werden können hinter Christoph Koschel auf Donnperignon, wahrlich niemand hätte dagegen gepfiffen.

 

„Hallo liebe Fans…“

 

Nach der Europameisterschaft, wo man ja mit Gold zurückkehren wollte, so die Ankündigungen, verzog sich der Wirbel endgültig. Dann kamen Pausen, dann Turnierabsagen, angebliche Verletzungen. Und dann die Meldung, ab sofort werde neben dem Vater Sjef Janssen die Nachwuchspferde auf dem Schafhof trainieren. Und weiter lässt Matthias Rath („Hallo liebe Fans“) im Internet verkünden, „ich freue mich, mit dem derzeit weltbesten Dressurtrainer einen zusätzlichen Trainer… gewonnen zu haben“. Und ein paar Zeilen später: „Wenn man sich anschaut, was Sjef die letzten zehn Jahre geleistet hat und an Erfolgen erreicht hat, das ist beeindruckend, und zwar mit verschiedenen Reiter- und Pferdetypen. Denken wir beispielsweise an Bonfire, Salinero oder Parzival. Das sind alles Pferde unter seiner Trainerobhut, die lange gesund und erfolgreich im Sport sind oder waren“.  Und am Ende lässt Rath verlauten: „Wir können und werden viel von ihm lernen. Ich freue mich auf die gemeinsame Arbeit mit ihm.“

 

Die gemeinsame Arbeit wurde zunächst einmal verschoben. Die niederländische Föderation pfiff den Bondscoach zurück. Sjef Janssen (61), dessen Ehefrau Anky Van Grunsven als bisher einzige Dressurreiterin dreimal Einzelgold bei Olympia gewann, bei dem Weltmeister Edward Gal und die zweifache Europameisterin Adelinde Cornelissen mal anfingen, sagt: „Stimmt, aber alles beginnt erst nach den Olympischen Spielen. Ich trainiere Matthias nicht mehr, auch nicht die jungen Pferde.“ Junge Pferde hatten die Kronberger bereits bei Janssen in Holland eingestallt.

 

Wo bleibt der Aufschrei…

 

Mancher in Deutschland sollte geschockt sein, ein Aufschrei müsste durch das Land rollen, wie ein Tsunami, wie einstmals, als verschiedene Medien Sjef Janssen als den „Erfinder des engen Halses“, tierquälerischer Trainingsmethoden ans Kreuz nagelten. Und der Verein „Xenophon“ mit seinen hehren Grundsätzen zum Erhalt der klassischen Reitkunst müsste doch mal etwas sagen, zumal man ja Sjef Janssen mit Ehefrau Anky Van Grunsven nicht in den Club aufnahm… Nichts da, der Erfolg heiligt alle Mittel. Für den Erfolg gibt es eben nirgendwo Ersatz. Und das scheint in Kronberg nicht anders als überall in der Welt, wo man nun wohl nicht mehr weiter weiß, um mit Totilas zum Erfolg zu kommen. Und ein Paul Schockemöhle dürfte da sicher auch ein Wort gesagt haben, denn ohne Erfolg sinkt auch der Marktwert des Vererbers Totilas.

 

Brüskiert müssten auch die deutschen Trainer sein. Und der Verband in Warendorf dazu. Der deutsche Bundestrainer Holger Schmezer (Verden): „Ich sehe alles gelassen. Ein Engagement von Sjef Janssen ist eine reine Privatangelegenheit, und wenn eine pferdegerechte Ausbildung zum Erfolg führt – na, dann bitte.“ Holger Schmezer hört Ende des Jahres auf, er geht in Rente. Und Totilas selbst kann ja selbst nichts dazu sagen...

 


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