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Bach: "Der Sport muss politisch sein - aber neutral" PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: DOSB   
Mittwoch, 02. Mai 2012 um 08:19

 

Frankfurt/ Main (DOSB) Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Dr. Thomas Bach, hat die von deutschen Politikern erhobene Forderung nach einer Verlegung der Spiele der Fußball-Euromeisterschaft aus der Ukraine nach Deutschland zurückgewiesen.

 

Dazu erklärte Bach: „Die Forderung zeugt von großer internationaler Respekt- und Instinklosigkeit, weil sie über die Köpfe selbst des Mitgastgeberlandes Polen, aber auch der anderen europäischen Nationen und des Veranstalters UEFA hinweg erhoben wird. Sie ist im Übrigen kontraproduktiv, weil sie sich auch gegen den erkennbaren Willen des ukrainischen Volkes richtet und dazu benutzt werden kann, von der politischen Diskussion über die Menschenrechte in der Ukraine abzulenken. Schon aus diesen Gründen ist die Verlegung von Spielen nach Deutschland keine Option.“

 

Hintergrund der Debatte ist die Menschenrechtssituation im EM-Mitgastgeberland Ukraine, wo die ehemalige Ministerpräsidentin Julia Timoschenko in Haft sitzt. Die Fußball-EM ist vom 8. Juni bis 1. Juli in Polen und der Ukraine geplant.

 

Zur Boykott-Diskussion um die Fußball-Europameisterschaft hat der Hessische Rundfunk am 1. Mai in seinem Programm HR-Info ein Interview mit DOSB-Präsident Thomas Bach geführt. Die DOSB-PRESSE veröffentlicht den Wortlaut.

 

HR-INFO: Was halten Sie von Boykotten?

 

THOMAS BACH: „Boykotte haben sich in der Vergangenheit immer als ebenso sinn- wie erfolglos erwiesen. Sie haben das insbesondere gesehen bei dem Boykott der Olympischen Spiele 1980, nach denen kein einziger russischer, damals sowjetischer Soldat aus Afghanistan abgezogen ist. Alle Verantwortlichen haben das inzwischen erkannt. Boykotte sind auch schon in der Politik- und Wirtschaftsgeschichte niemals taugliche Mittel gewesen.

HR-INFO: Wie politisch kann und darf denn Sport sein, oder wie politisch muss Sport sein? Denn die positiven Aspekte des Sports werden ja durchaus gern mal in den Vordergrund gestellt: dass Sport völkerverbindend sein kann, dass Sport Grenzen überwinden kann. Wie politisch muss Sport sein?

BACH: Der Sport kann und muss politisch sein. Aber er muss politisch neutral sein. Nur wenn er politisch neutral ist, dann kann er seine positiven Wirkungen entfalten. Dann kann er für Kommunikation stehen, dann kann er für das Verbindende stehen. Dann kann Sport dazu beitragen, dass nicht Mauern errichtet, sondern dass Brücken gebaut werden. Aber Voraussetzung dafür ist seine politische Neutralität. Ohne die würde er dann zwischen den Fronten zerrieben.“

 

HR-INFO: Herr Bach, viele fordern ja ein klare Haltung des EM-Veranstalters, also der UEFA in diesem Fall. Eine berechtigte Forderung? Oder sagen Sie: Genau das würde gegen die erforderliche Neutralität verstoßen?

 

BACH: „Nein, es herrscht politische Meinungsfreiheit. Und hier hat sich insbesondere auch DFB-Präsident Wolfgang Niersbach sehr vorbildlich verhalten, indem er eine klare Meinung geäußert hat, indem er Forderungen aufgestellt hat. Auch für die Spieler gilt Meinungsfreiheit. Es kann sich jeder äußern zu den politischen Verhältnissen. Und das erleben wir ja nun auch, welche Möglichkeiten der Sport eröffnet. Wir würden nicht dieses Interview führen, wir hätten nicht diese breite internationale Diskussion über die politischen und Menschenrechtsverhältnisse im Gastgeberland der Spiele, wenn es nicht diese Europameisterschaft gäbe. Das ist die Rolle, die große Kommunikations-Plattform, die der Sport bietet. Und die zu nutzen, ist richtig.“

 

HR-INFO: In der Vergangenheit war es ja so, dass man durchaus auch von Sportlern bei Olympischen Spielen gefordert hat, dass sie sich politischer Statements während der Spiele enthalten. Hat sich da etwas verändert?

 

BACH: „Nein. Es gilt die Meinungsfreiheit, aber es muss die politische Neutralität dann beim Wettkampf gewahrt werden. Das heißt, was weder bei Olympischen Spielen noch bei Europameisterschaften im Fußball möglich ist, sind politische Demonstrationen auf dem Spielfeld oder an sonstigen offiziellen Stellen.“

 

HR-INFO: Das heißt, bei der Medaillenvergabe zum Beispiel.

 

BACH: „Zum Beispiel. Meinungsfreiheit bei Pressekonferenzen und in Äußerungen herrscht bei Olympischen Spielen ebenso wie dann auch bei der Fußball-Europameisterschaft.“

 

HR-INFO: Sollten Politiker der Europameisterschaft in der Ukraine fernbleiben?

 

BACH: „Das ist eine politische Entscheidung, die abzuwägen ist. Hier gibt es verschiedene Ansätze. Politiker können einiges bewegen, auch im direkten Gespräch, in dem man seinem Gegenüber deutlich und klar Position bezieht und Meinung äußert, oder indem man einen Besuch, wie es Bundesinnenminister Friedrich getan hat, mit Konditionen verknüpft. Auch ein Boykott kann ein politisches Mittel sein. Die Tauglichkeit dessen muss die Politik entscheiden, das ist ihre Aufgabe. Da muss sie die geeigneten Mittel finden, wie am meisten für die Menschen getan werden kann. Darauf kommt es schlussendlich an.“

 

HR-INFO: Erwarten Sie, dass dieses Turnier in der Ukraine etwas zum Besseren verändern wird wie andere sportliche Veranstaltungen womöglich auch?

 

BACH: „Nun, wir erleben es ja bereits jetzt. Die breite Diskussion aus Anlass dieser Fußball-Europameisterschaft, die Auseinandersetzung mit den politischen Verhältnissen im Gastgeberland – das ist eine Qualität, die ja auch in der Ukraine zu Reaktionen, zum Nachdenken führt. Genau dort liegen die Möglichkeiten und liegt die Kraft des Sports. Sie können mit keiner anderen großen gesellschaftlichen Organisation derart breite Wirkung erreichen wie im Sport. Hier entfaltet er seine positive Wirkung.“

 


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