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Ist Reiten als Leistungssport ethisch überhaupt vertretbar? PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Max Ammann/ PferdeWoche/ DL   
Dienstag, 22. Dezember 2015 um 20:13

 

Bern. Der Schweizer Journalist Max Ammann nimmt die ablehnende Haltung der Hamburger Bevölkerung um eine Bewerbung für Olympische Sommerspiele zum Anlass, die Angst des Pferdesports vor dem Verschwinden aus dem Olympia-Programm in einem Kommentar für die PferdeWoche (CH) zu hinterfragen.

 

In einem Kommentar zur verlorenen Olympia-Abstimmung in Hamburg (GER) schrieb der Tagesanzeiger-Journalist als Erklärung: «Die Abscheu vor dem Saustall Sport hat weite Kreise des Volkes erreicht.» Er bezog sich bei dieser Einschätzung vor allem auf die hohen FIFA-Funktionäre in Handschellen vor dem Zürcher Hotel «Baur au Lac» und auf das Staatsdoping in der Leichtathletik Russlands.


Eine Konsequenz dieser Skandale von 2015, die viele Vorgänger in früheren Jahren haben, sieht er in den abgelehnten Olympia-Kandidaturen von Hamburg und zuvor Stockholm, Oslo, München, Wien, Krakau, Bos­ton, Toronto oder die Schweizer Kandidatur von Graubünden. Der Journalist stellt die daraus resultierenden Fra­ge: «Finden Olympische Spiele künftig nur noch in Diktaturen statt – in Russland, China oder Katar?» Oder in Los Angeles, Paris oder Rom, wo die Olympia-Initianten keine Volksabstimmung fürchten müssen?

Gelder breiter verteilt

Was hat all das mit dem Pferdesport zu tun? Keinesfalls soll impliziert werden, ähnliche Korruptionsprobleme könnten auch im internationalen Pferdesport auftauchen. Der Pferde­sport ist, und das ist fast ein Paradox, gleichermaßen komplex und überschaubar. Die Gelder werden – durch den Einbezug des Pferdes – großflächiger verteilt als in anderen Sportarten, wobei in dieser Hinsicht die offiziellen Stellen – also die Verbände – eher am Katzentisch sitzen. Die Probleme des internationalen Pferdesports, offiziell verkörpert durch den Weltverband FEI, sind anders gelagert. Es geht, vielleicht etwas übertrieben formuliert, ums Überleben: Um den Verbleib der drei Disziplinen im Olympia-Programm, um die Finanzierung nicht zuletzt der Weltreiterspiele und um die Glaubwürdigkeit des Pferdesports in der Öffentlichkeit. Dass es zu dieser möglicherweise überspitzten Einschätzung des Überlebens gekommen ist, hat viele Ursachen. Der FEI kann man ein lückenhaftes Engagieren bei den Olympischen Spielen vorwerfen. Man beschränkt sich auf die Überwachung des sportlichen Ablaufs, nimmt aber zu wenig Einfluss auf die Organisation. Man kümmert sich nicht um die zu erwartenden Kosten. Die horrenden Auslagen beim Bau der Hindernisse in der Vielseitigkeit, zum Beispiel 1992 in Barcelona, haben zu jener Zeit erste olympische Zweifel an der Olympia-Würdigkeit des Pferde­sports gesät.

Fehlende Kontrolle

Dazu kam schon damals die fehlende Kontrolle der gesamten Organisation. Die von den FEI nominierten TDs (Technische Delegierte) waren zwar in den meisten Fällen qualifiziert, aber als Ehrenamtliche zeitlich gar nicht in der Lage, Einfluss zu nehmen. Das größte organisatorische Desaster jener Zeit betraf nicht die Olympischen Spiele, sondern die Weltreiterspiele von 1994. Aber die fehlende Einflussnahme der FEI kann man überall erkennen. In den letzten ein bis zwei Jahrzehnten – nicht zuletzt während der Amtszeit von Prinzessin Haya – hat sich auch die Adminis­tration der FEI in Lausanne gewandelt. Waren es bis vor 20 Jahren fast ausschließlich mit dem Pferd oder dem Pferde­sport verbundene Kaderangestellte, so sind es heute Funktionäre, die beispielsweise bei einem Besuch in Aachen im VIP-Bereich verbleiben und kaum einen Blick auf den Parcours werfen. Es sind Bürokraten, für die die FEI eine Gelddruckmaschine darstellt, wie ihre früheren Arbeitgeber es sind, seien es eine Autofirma, eine Bank oder eine Waschpulver-Fabrik.

Pferdesport ethisch vertretbar?

Auch die Reiter und ihr Umfeld sind nicht ohne Schuld. Zwar ist es zweifellos richtig, was der Schweizer Tierarzt Anton Fürst vor einigen Wochen in der «PferdeWoche» schrieb: «Wirkliche Dopingfälle sind selten.» Aber es sind nicht nur «Fehler beim Einsatz von Fremdsubstanzen», wie er zitiert wird, die zu oft fragwürdigen Verurteilungen führen. Bedenklicher ist, dass die Haltung verbreitet ist, bis an die Grenzen des Erlaubten zu gehen. Ludger Beerbaum hat dies vor einiger Zeit in erstaunlicher Offenheit bestätigt.

Man darf nicht vergessen, dass in der Öffentlichkeit, so auch im Internationalen Olympischen Komitee, öfters die Frage gestellt wird: «Ist Leis­tungssport mit Pferden ethisch überhaupt vertretbar?» Dass in der Schweiz das Barren und die Rollkur seit 2014 per Gesetz verboten sind, ist ein Hinweis, dass der Gesetzgeber einschreiten wird, wenn der Sport sich nicht selbst regulieren kann.

 

Während der Olympischen Spiele von 1996 in Atlanta trafen zwei Tierschutzorganisationen aufeinander, die total gegensätzliche Auffassungen vertraten: Die Humane Society ist dafür, jede Betätigung mit dem Pferd zu verbieten, sei es beim Militär, in der Landwirtschaft,im Zirkus, als Freizeitreiterei oder im Sport. Die in Konkurrenz stehende Pferdeschutzorganisation vertrat den Slogan «Use yes, Abuse no» (Nutzung ja, Missbrauch nein). In Atlanta behielt – glücklicherweise für den Ablauf der Spiele – letztere die Oberhand.


Bleiben die Probleme, Veranstalter für eine Großveranstaltung wie die Weltreiterspiele zu finden. Man erinnere sich an das Hin und Her um die Kandidaten für 2018, als schließlich das bereits einmal abgeschriebene kanadische Bromont am Ende doch noch ausgewählt werden musste – als letzter verbleibender Bewerber. Nun liest man von dortigen massiven Problemen, vor allem mit einem umstrittenen Finanzpaket von 15 Millionen für Bauprojekte, das erst nach langem Hickhack freigegeben wurde.

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Dazu ist festzuhalten aber auch: Die Diskussionen um den Pferdesport dauern seit Jahrzehnten an. In einem Interview 1985 sagte Dr. Dietmar Specht, damals Leiter Sport beim Deutschen Olympiadekomitee (DOKR) in Warendorf, der 1986 mit knapp 48 Jahren einem Herzschlag erlag, unter anderem: "Pferdesport und Tierschutz sitzen in einem Boot. Richtige Pferdehaltung richtiges Reiten und Fahren, richtiger, wohl vorbereiteter Einsatz von Pferden im Turniersport sowie die damit verbundene Geisteshaltung und Einstellung sind nichts anderes als praktizierter Tierschutz. Hiervon zu überzeugen, nach außen wie auch besonders nach innen, ist ein steter Auftrag an alle, die in der Reiterei Verantwortung tragen." Aber auch das sagte er damals: "Ohne den Sport wäre das Pferd nur noch im Zoo zu besichtigen."

DL

 

 

 


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