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Der Traum eines kleinen Mädchens (46) PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Uta Ludwig   
Dienstag, 07. September 2010 um 14:50

 

 

Der Mann mit dem Koffer und der Querflöte...

 

Alles begann harmlos. Polly war – wie fast jeden Nachmittag – im Reitstall Hubertus. Die anderen Kinder, die dort zu den Ponystunden kamen, waren ihre Freunde. Die meisten von ihnen jedenfalls. Pollys Brüder, Andy und „George“, ritten nicht so oft, gehörten aber dennoch dazu. Hier im Reitstall war die Welt heil. Abgesehen von den üblichen kleinen Streitigkeiten, die auch in der Schule mal vorkamen. Meistens vertrug man sich ganz schnell wieder. Die Sommerferien in diesem Jahr waren auch sehr harmonisch verlaufen. Das übertrug sich sogar auf die Erwachsenen. So war es kein Zufall, dass die meisten Eltern sich um die gleiche Uhrzeit abends im Reitstall einfanden, um ihre Sprösslinge abzuholen. Aber, da waren sich alle Eltern einig, man konnte doch den Reitstall nicht so einfach verlassen, ohne vorher „ein kleines Getränk“ zu sich genommen zu haben. Nicht selten wurden daraus dann zwei oder drei Stunden in der Tränke, sodass die Kinder oft bis 21:00 Uhr rumtollen konnten.

 

Das war in der ersten Woche nach den Sommerferien nicht anders. Auch hatte sich nichts daran geändert, dass, wer dem Reitlehrer mal zur Hand ging, indem er für fremde Kinder ein Pony putzte oder sattelte oder für ein neues Kind das Pony führte, eine Reitstunde extra erhielt. Polly hatte sich auch heute so eine zusätzliche Reitstunde „verdient“. Diesmal durfte Polly Heidi zweimal hintereinander reiten. Heidi war bekanntlich zusammen mit Naomi vor ein paar Monaten in den Reitstall Hubertus gekommen. Die beiden schwarzen Stütchen kannten bisher einen Reitbetrieb mit Abteilungsreiten nicht. Naomi riss immer den Kopf runter und zog dem Reiter schmerzhaft die Zügel durch die Hände. Das hatte Polly aber auf dem großen Ausritt abgestellt. Naomi machte also keine Schwierigkeiten mehr. Heidi blieb schwieriger. Naomi war überaus faul und verließ oft den Hufschlag, um  einfach in der Mitte der Reitbahn stehen zu bleiben. Die Kinder konnten treiben so viel sie wollten, das Pony machte keinen Schritt mehr. Herr van Hopps, der Reitlehrer, war gezwungen, die lange Longier-Gerte aus der Sattelkammer zu holen, um damit nachzuhelfen. Der Hilfsreitlehrer Joachim tat das gleiche. Nur – wenn Joachim die lange Peitsche einsetzte, klatschte es richtig. Das Pony verspürte den Schlag schmerzlich und rannte vor Schreck los. Wenn der Reiter nicht wusste, wann der Schlag erfolgen würde, kam der oft so überraschend, dass er durch das plötzliche „Abgehen“ das Gleichgewicht verlor und runterfiel.

 

Heute musste Polly sich genau mit diesem Problem herumschlagen. Am Anfang ging`s ja noch. Heidi lief brav hinter den anderen her. Dann wurde angetrabt und Heidi bog einfach nach innen ab und fiel in den Schritt. Polly machte alles, was sie gelernt hatte. Geradesitzen! Paraden geben, um das Pferdchen aufmerksam zu machen, mit den Beinen treiben! Nichts geschah. Sie drückte ihre Beine an den Pferdeleib, so fest, wie sie konnte. Immer noch nichts. Dann klopfte Polly mit den Absätzen gegen den Pony-Bauch. Aber das Pferdchen ließ sich keineswegs beeindrucken. Es blieb stur in der Bahnmitte stehen. Der Reitlehrer ließ die Abteilung weiter traben und „durch die ganze Bahn wechseln“. Er selbst ging von hinten an Heidi heran und schlug mit der flachen Hand laut klatschend auf den Pony-Popo. Tatsächlich reichte es, um das Pony zum Antraben zu bewegen. Polly nutzte die Chance, das Pferdchen so an die Bande zu reiten, um die Reitgerte, die dort lag, greifen zu können. Sie wusste, dass sie die Reitpeitsche in die innere Hand nehmen musste, damit Pferd auf dem Hufschlag blieb. Normalerweise sollten die Kinder nicht mit Hilfsmitteln, wie mit Gerten oder sogar mit Sporen reiten. Der Reitlehrer wollte den Kindern so beibringen, mit normalen Hilfen die Pferde vorwärts zu reiten. In diesem Fall ließ Herr van Hopps Polly aber gewähren.

 

Jedes Mal, wenn Heidi langsamer wurde, titschte sie Polly mit der Gerte an. Das Pony lief weiter. Polly konnte den Anschluss an die Abteilung halten. Es funktionierte. Jedenfalls eine Zeit lang. Dann aber wurde Heidi wieder langsamer, fiel in Schritt und bog vom Hufschlag ab. Polly setzte die Gerte die ganze Zeit ein. Aber Heidi tat, was sie wollte. Nämlich gar nichts mehr. Sie stand wieder in der Mitte. Polly wurde wütend. Sie nahm die Zügel in eine Hand, holte mit der anderen Hand aus und schlug das Pony voller Wucht mit der Peitsche. Da lief – nein, da trabte das Pony los. Polly holte noch mal aus und benutzte die Gerte, wozu sie da war. So schnell es konnte, trabte nun das Pony. Polly brauchte es nur noch hinter die Abteilung zu lenken. Jedes mal, wenn das Pferdchen Anstalten machte, um abzubiegen oder langsamer zu werden, holte Polly mit der Gerte aus. Der Reitlehrer schimpfte nicht. Sonst hatte er die jungen Reiter immer ermahnt, respektvoll mit den Tieren umzugehen. Heute aber sagte er gar nichts zu Polly. Er nickte ihr sogar anerkennend zu, glaubte sie, gesehen zu haben.

 

In der zweiten Stunde war Polly ständig auf der Hut, brauchte die Reitpeitsche aber gar nicht mehr einzusetzen. Heidi lief ganz lieb hinter den anderen Ponys her. Sie trabte und galoppierte hinter der Abteilung  und blieb nicht ein einziges Mal  in der Bahnmitte stehen. Diese Lektion hatte das Pferdchen anscheinend heute gelernt. Von da ab bereicherte ein weiteres liebes Pony den Schulbetrieb - Polly hatte es zustande gebracht.

 

Nach den Pony-Stunden versammelten sich die Kinder draußen bei den Fahrrädern und quatschten miteinander, spielten und nahmen ihre Getränke zu sich. Die nach und nach eintrudelnden Eltern und Erwachsenen nahmen sie kaum war. Denn die gingen direkt in das Reiterstübchen. Um 20:00 Uhr war eine Erwachsenen-und Großpferde-Reitstunde. Die dazu gehörten, gingen direkt in den Stall. Die Kinder achteten nicht darauf. Erst um halb neun, als keiner der Eltern nach Hause fahren wollte, fingen die Kinder an, sich zu wundern. Es wurde ein bisschen kühl draußen. Sie gingen in die Tränke an ihren Jugendtisch. Etwas war diesmal anders als sonst. Die Erwachsenen saßen und standen alle um einen Tisch herum. Die Kinder wurden neugierig. Sie wollten jetzt wissen, was so interessant war.

 

Am Tisch saß ein Mann. Vor sich einen geöffneten Aktenkoffer, der wahrlich edel aussah und innen mit weichem, roten Samt ausgeschlagen war. Der Koffer war voll mit Armbanduhren und Schmuck aus Gold und Silber. Es funkelte. Die Erwachsenen bemerkten die Kinder überhaupt nicht mehr. Sie stierten den Schmuck an. Der Mann pries seine Preziosen als „äußerst preiswert“. Fasziniert nahmen die Eltern und andere das eine oder andere Teil in die Hand. „Das ist echt“, sagte Hans, der große Bruder von Harald und Maria. Alle nickten. „Ha-El“, so nannten sie ihn, schwärmte von der Qualität seiner Ware. „Alles erstklassig! Einwandfreie Ware! Meine Ware ist so begehrt, dass gar eine Dressur-Olympiasiegerin von mir ihren Verlobungsring kaufen möchte“, sagte er großspurig. „Na, na, übertreibst Du nicht ein wenig?“ zweifelte Hans Lichtenhügel. Letztendlich konnte sich aber keiner an diesem Abend dazu entscheiden, von dem seltsamen Gast etwas aus dem Koffer zu kaufen. Stattdessen kam noch eine Runde und noch eine Runde. Die Erwachsenen waren ganz aufgeregt. „Ha-El“ schloss seinen eleganten Koffer und brachte ihn raus. Zurück kam er mit einer Querflöte. Damit stellte er sich in die Mitte der Tränke und flötete ein paar Töne. Zugegeben, sie klangen wunderschön. Frau Dimmer, die sich bei der Bewunderung der Edel-Uhren und dem wertvollen Schmuck sehr zurückgehalten hatte, provozierte „Ha-El“, indem sie in Frage stellte, ob er die H-moll-Suite spielen könnte. Der Mann, der vor wenigen Minuten noch Schmuckstücke aus einem Aktenkoffer feilgeboten hatte, setzte an und blies ein traumhaftes Stück fast fehlerfrei. Die Gesellschaft verstummte. Dann applaudierten alle überschwänglich und gaben dem seltsamen Künstler einen aus. Die Kinder waren immer noch im Stall, und morgen war Schule....

 

Im Auto fielen Polly fast die Augen zu. Sie nahm aber noch wahr, wie Papa und Mama von dem auffallend preiswerten Schmuck aus dem Koffer sprachen und dass doch „Ha-El“ so gar nicht wie ein Verkäufer aus einem der wirklich großen Juwelier-Geschäften wirkte. Etwas erregte ihren Verdacht und, obwohl die Eltern vorne im Auto flüsterten, hörte Polly etwas von „heißer Ware“. Morgen würde sie ihre Eltern fragen, was heiße Ware sei. Jetzt aber wollte sie nur noch schlafen und von den Pferdchen im Reitstall träumen.

 

(Fortsetzung folgt...)

 


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