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Der Traum eines kleinen Mädchens...(143) PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Uta Ludwig   
Mittwoch, 26. September 2012 um 13:45

Polly griff zur langen Gerte - und schämt sich...

 

 

Polly saß zusammen mit Freunden aus ihrer Reitstall-Clique vor dem Stall auf ihrem Fahrrad. Alle so, dass sie gemeinsam in die Autogramm-Sammlung von Marine schauen konnten. Martine nämlich hatte ein neues Autogramm. Monica Theodorescu, eine der erfolgreichsten Dressurreiterinnen der Welt, hatte vor kurzem das Amt der Bundestrainerin im deutschen Verband übernommen. Ganz ehrfürchtig schauten Polly und Anja auf die Unterschrift von Frau Theordorescu. Aber es war überhaupt nicht Martine, die vor Stolz über dieses Autogramm platzte und damit angab, sondern ihre jüngere Schwester Brigitta. Die tat geradeso, als hätte sie die neue Bundestrainerin um das Autogramm gebeten. Aber es war tatsächlich die schüchterne Martine selbst gewesen, die um diese Unterschrift anstand und auch bekam.

 

Polly war sehr beeindruckt und freute sich für ihre Freundin. Es war die Gelegenheit, ihre Sammlungen noch einmal zu vergleichen. Anja hatte auch etwas ganz besonderes vorzuzeigen, obwohl sie noch nicht solange zu Pollys Clique gehörte.

 

Durch Verbindungen ihres Vaters erhielt sie eine Einladung zu einem Pferderennen. Nicht irgendeines – sondern ein ganz besonderes Pferderennen: nur für Trakehner Pferde.

 

Zuerst hatte es Anja auf der Gelopprennbahn in Mannheim-Seckenheim ziemlich langweilig gefunden. Ein richtiges Reitturnier wäre ihr lieber gewesen.

 

Ihr Vater hatte  mit anderen Herrschaften unter einem schneeweißen Zeltdach gestanden und  Champagner getrunken. Die Besucher des Platzes sahen überhaupt nicht wie Pferdeleute aus, erzählte Anja ihren gespannt lauschenden Freundinnen. Die Gäste einer Galopprennbahn hatten sich ausnehmend elegant gekleidet, gaben sch äußerst vornehm. Anja hatte sich zunächst deplaziert gefühlt, gestand sie. Sie hatte zwar ihre coolsten Jeans, die mit Löchern am linken Oberschenkel herunter bis zum Schienbein verziert war, getragen,  aber als elegant hätte sie sich selber nie bezeichnet.

 

Anja hatte sich eine Zeitlang von den Erwachsenen entfernt und beobachtete die acht Trakehner im Führring. Traumhaft schöne Pferde, fand sie. Und deutlich von normalen Rennpferden zu unterscheiden. Dennoch waren diese Pferde viel eleganter als sonstige Sportpferde, die sie kannte.

 

Später war sie zu den anderen ins Zelt zurückgeschlendert. Mittlerweile hatten sich dort weitere Personen um den Stehtisch eingefunden. Zuerst  hatte Anja gelangweilt die vorbeigehenden Leute beobachtet. Sie stand ohnehin unauffällig in der zweiten Reihe. Doch dann hatte eine Dame von „ihrem Pferd, das mit laufen würde“ gesprochen. Jemand sprach sie mit Madame Anastasia an. „Nennen Sie mich einfach Lemeschko“, hatte die daraufhin bescheiden geflüstert. Dann schwärmte sie in den höchsten Tönen von der Trakehner-Rasse und insbesondere von ihrer Stute „The best Bambi“. Sie säuselte so hingebungsvoll von ihrem Pferd, dass Anja brannte, dieses Wundertier in dem Rennen zu sehen.

 

Anja seufzte tief. Zu gerne hätte sie die Dame nach Einzelheiten über wettrennende Trakehner ausgefragt. Aber nach dem Rennen, bei dem das Pferd von Madame Lemeschko nicht gewonnen hatte,  war ein Herr Merkert an den Tisch gerufen worden, er sollte eine Runde ausgeben, sein Pferd hatte schließlich gewonnen.

 

Es wurden drei Drei-Liter-Flaschen von der „Witwe“ aus Frankreich geordert, ein ganz besonderer Champagner. Drei Kellner, schneeweiß gekleidet mit orange-farbenen Schürzen, gossen das teure Gesöff gleichmäßig in die feinen Gläschen. Merkerts Stute Sharaya hatte das Trakehner-Rennen überlegen gewonnen, mit fünf Längen Vorsprung. Anschließend wurde so viel Champagner getrunken, dass sogar Anjas Vater den Herrn Merkert mit einem vertrauten „Andre“ ansprach. Die weiße Oberfläche des Tisches und alle Sektkelche klebten wie mit Honig bestrichen. Die elitäre Gesellschaft schien es nicht zu bemerken.

 

Anja lachte Ihre Freundinnen schadenfroh an  bei der Erinnerung daran. Polly, die genau den Worten ihrer Freundin gelauscht hatte, stellte sich Wagenrad große Hüte in rose und hellblau vor, deren Trägerinnen die einzelnen Finger jeder Hand mit der Zunge ableckten. Wobei unklar blieb, ob behandschuht oder nicht. Die Mädchen mussten lachen.

 

Anja seufzte erneut bei ihrer Erzählung. Sie hatte durch das vertraute „Andre“ erhofft, eine Einladung in den Stall Siebeneick, aus dem die Siegerstute Sharaya kam, zu erhalten. Zu gerne hätte sie sogar auf so einem Trakehner-Rennpferd geritten. Aber daraus war nichts geworden. Das vertraute „Du“ ihres Vaters zu den wohlhabenden Pferdebesitzern  in Champagner-Laune hatte ihr die verhoffte Einladung nach deren Zuhause nicht gebracht. Schade! Es hatte keinerlei ehrliche Bedeutung gehabt. Wenigstens hatte sie die beiden weißen Papier-Servietten mit den Autogrammen der Trakehner-Rennpferde-Besitzer behalten und in ihr Heft eingeklebt.

 

Polly und Martine, die die verpasste Chance ihrer Freundin Anja genau nachvollziehen konnten, seufzten mit ihr und dabei verklärten sich ihre Blicke in die Ferne, jedenfalls bis hinter das Haus vom Reitlehrer van Hopps. Martine schaute genau dorthin, als sie ins Wanken kam und mit ihrem Fahrrad umkippte. Wie ein Maikäfer auf dem Rücken zappelte sie mit Ihren dicken Beinen in der Luft. Die Gegenwart hatte die Freundinnen wieder. Sie gingen in den Stall um ihre Pferde fertig zu machen.

 

Wegen Anjas Erlebnis brauchte Polly nicht näher zu erklären, warum sie letzte Woche nicht in den Stall gekommen war. Hausarrest! Eine Fünf in Geometrie!

Wenigstens waren die Ekzeme bei Beauty in der Zwischenzeit ordentlich abgeheilt. Anne hatte gute Arbeit geleistet, indem sie Pollys Beauty jeden Tag eingeschmiert hatte.

 

Am Montag durfte Polly wieder in den Reitstall. Sie hatte ihre Beauty so vermisst. Ihre Eltern waren grausam, sie eine Woche nicht in den Stall zu lassen. Irgendwann würde sie sich fürchterlich rächen. Vielleicht würde sie ihren Eltern zu Weihnachten gar kein Geschenk machen… oder sie würde ihnen die Feiertage so versauen, indem sie Heilig Abend mit ihrer Löcher-Jeans zum Abendessen erschien. Sie hatte nämlich auch eine coole Löcher-Jeans. Jedenfalls würde sie sich schon etwas einfallen lassen. Geometrie! Wer brauchte schon gleichschenkelige Dreiecke und irgendwelche klugen Sätze von irgendwelchen längst vermoderten Griechen. Außerdem sollten die sowieso erstmal ihr Land in Ordnung bringen….

 

Polly genoss es, ihr Pferd in aller Ruhe fertig zu machen. Immer wieder griff sie in  ihre Hosentasche und förderte ein Zückerchen für ihre Beauty hervor. Dabei redete sie einfühlsam auf ihre Stute ein. Die schaute sie mit ihren schwarzen Augen an und nahm mit ihren weichen Lippen das Leckerchen von Pollys ausgestreckter Hand. Aber Beauty würde sie sowieso niemals beißen…

 

So ganz glücklich war Polly aber über die Reiterei nach dem Hausarrest nicht gerade. Am Montag und am Dienstag, immer noch, war Beauty zäh wie Leder. Sie wollte sich nicht biegen in den Wendungen. Anstatt angenehm auf dem Gebiss zu kauen, lag sie zentnerschwer auf der Hand. Polly taten die Oberarme weh beim Reiten. Auf Schenkeldruck reagierte die Stute auch nicht so wie davor. Polly hatte kein angenehmes Gefühl an diesen beiden ersten Tagen nach der Zwangspause. Mit gemischten Gefühlen führte sie ihr Pferd in die Bahn.

 

Heute allerdings tat sich eine Chance auf. Die Schulstunde, nach der Freistunde für die Privat-Reiter, fiel aus. Das hieß, Polly konnte länger als nur eine Stunde reiten. Sie hatte sich vorgenommen, bei Beauty die Durchlässigkeit wieder herzustellen. Dazu hatte sie sich sogar etwas schärfere Sporen ausgeliehen. Ihre Einwirkung sollten Beauty feiner reagieren lassen, ohne dass Polly sich zu schnell verausgabte. Hatte Beauty doch ungefähr vierhundertfünfzig Kilogramm und Polly nur fünfzig Kilo an Körpergewicht.

 

Schon beim Antraben, Leichttraben zu Beginn des Trainings, stellte sich heraus, dass die Sporen Beauty zwar schneller vorwärts laufen ließen, aber keineswegs die Durchlässigkeit herbeizauberten. Polly strengte sich an. Immer wieder ritt sie Schlangenlinien durch die ganze Bahn. Dauernd wechselte sie von der rechten auf die linke und von der linken auf die rechte Hand. Beauty stellte sich stur. Schließlich spürte Polly Wut in sich aufsteigen. Konnte das blöde Tier nicht einmal weich sein? Polly griff nach der langen Dressurgerte auf der Bande.

 

Anhalten, antraben. Anhalten, antraben. Anhalten antraben. Langsam ließ Beauty wenigstens das Rennen sein. Schlangenlinien durch die ganze Bahn, fünf Bogen. Schon beim ersten Abbiegen vom Hufschlag bewegte sich Beauty wie eine Eisengbahnschwelle. Von Durchlässigkeit keine Spur! Polly kochte vor Wut. Sie gab sich solche Mühe. Und das Pferd? Fünfzig Minuten waren schon um. Polly wurde müde. Sie nahm die lange Gerte in eine Hand, die Zügel in die andere und holte aus…

 

Die Reitstunde verlief höchst unerfreulich. Nach siebzig Minuten stellte Polly ihr Pferd völlig erschöpft in den Stall. Wütend nahm sie den Sattel ab und riss die Trense über die Pferdeohren. Sie drehte sich um und brachte die Sachen weg. Tränen traten ihr in die Augen. Sie befand sich allein in der Sattelkammer. Es half nichts, sie konnte das Pferd ja nicht angebunden auf der Stallgasse stehen lassen. Aber zuerst nahm sie einen großen Schluck Cola aus der Dose in ihrem Spind. Dann holte sie tief Luft, trocknete die Tränen mit den dreckigen Händen und verließ den Raum.

 

Gefasst trat sie an ihr Pferd. Beauty schaute ihr mit ihren großen schwarzen Augen entgegen. Die Stute schien ihr direkt in die Augen zu schauen. Sie schnaubte Polly bei ihrem Anblick wie gewöhnlich entgegen, Die Ohren waren aufmerksam auf Polly gerichtet.

 

Polly trat an das Tier heran. Plötzlich schien es, dass Beauty sie traurig traurig anblickte. Polly glaubte, viel Wasser in den Augen des Tieres zu erkennen, vielleicht Tränen? Was hatte sie getan? Ihr geliebtes Pferd verletzt? Warum hatte sie die Reitgerte von der Bande genommen?

 

Polly schämte sich. Unbewusst griff sie in die Hosentasche und suchte dort nach einem Zuckerstückchen. Sie fand noch eins und reichte es dem Pferd. Wieder musste sie weinen. Nicht mehr aus Wut. Vor Scharm. War das wirklich nötig gewesen?

 

Polly sagte niemandem etwas von der misslungenen Reitstunde. Sie tröstete sich damit, dass Herr Weber oder auch Joachim ihr helfen würden. Die müssten sie lehren, wie sie die alte Durchlässigkeit bei ihrem Pferd in einer Trainingspause wieder erreichen würde. Wozu gab es denn Reitlehrer?

 

(Fortsetzung folgt…)

 

 

 


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