So werden Stuten gequält zum Profit der Pharma-Industrie |
Geschrieben von: Melina Haefeli/ PferdeWoche/ DL |
Mittwoch, 21. Oktober 2015 um 15:08 |
Zürich. Was bereits durch große Gazetten und durch Facebookeinträge in aller Welt angeprangert wurde, griff nun auch die Schweizer PferdeWoche aufgrund des Tierschutzbundes (TSB) in Zürich auf: Das widerliche Abzapfen von Blut aus trächtigen Stuten zum wirtschaftlichen Profit der Pharmaindustrie…
In dem Artikel, der weitaus tiefer geht als zum Beispiel die Story in der Süddeutschen Zeitung, schreibt Melina Haefeli u.a.: Erneut sorgen Recherchen des Tierschutzbundes Zürich (TSB) für Schlagzeilen auf der ganzen Welt. Es geht um Blutfarmen in Südamerika. Unter widerlichsten Bedingungen gewinnen sie ein Hormon aus dem Blut von trächtigen Stuten für Medikamente, die der Tierzucht dienen – in erster Linie der europäischen Nutztierzucht. Das kostbare Blutplasma macht die Abläufe der Fleischproduktion … profitabler. Es ist Uruguays zweitgrößtes Exportprodukt,… Tausende Stuten leiden dafür. Das beweist die umfangreiche Dokumentation des Tierschutzbundes Zürich.
…«Pregnant Mare Serum Gonadotropin», kurz PMSG, heisst das wertvolle Hormon, das vom Körper einer tragenden Stute produziert wird. Doch es ist nicht nur für die Stute und ihr heranwachsendes Fohlen von großer Bedeutung. Die Wissenschaft hat längst erkannt, dass PMSG fruchtbarkeitsfördernd wirkt. Damit dient es der europäischen Pharmaindustrie und letztlich der Tierzucht – vor allem der Produktion von Schweinefleisch.
PMSG-Gebrauch fragwürdig
Durch PMSG werden die Arbeitsabläufe für Schweinezüchter effizienter. Mit dem Hormon lässt sich die Anzahl Ferkelgeburten steigern, Jungsauen frühzeitig geschlechtsreif machen und die Schweinezucht genau planen: Alle Sauen können gleichzeitig besamt werden und werfen gleichzeitig ihre Ferkel. PMSG beschleunigt die Produktion und macht sie größer, einfacher und profitabler. … „Die Muttersauen bekommen keine natürliche Erholungsphase zwischen den Trächtigkeiten», kritisiert York Ditfurth, Präsident des Tierschutzbundes Zürich TSB.
…Aber damit nicht genug. Tausende trächtige Stuten leiden für die Pharma- und Fleischindustrie. Dies belegt die Dokumentation. In Uruguay und Argentinien werden sie systematisch bis zum Tod ausgebeutet und gequält. Unter übelsten Bedingungen wird ihnen während bis zu sechs Wochen – nämlich dann, wenn sie am meisten PMSG produzieren – Blut abgelassen. «Etwa jeden fünften Tag werden während knapp zehn Minuten rund zehn Liter Blut entnommen», erklärt Ditfurth, der für die Recherchen während Wochen vor Ort war. Diese Menge entspricht etwa einem Viertel des gesamten Bluthaushaltes eines Pferdes. … Ditfurth führt die verheerenden Folgen für die Pferde aus: „Wegen der hohen Frequenz der Wiederholungen sind viele Stuten anämisch, also an Blutarmut erkrankt, ihr Immunsystem bricht zusammen, und die Zahl der Fehlgeburten nimmt zu.“
…Der Fötus werde mechanisch abgetrieben. Medizinische Hilfe für die Pferde gebe es nicht, heißt es in dem Artikel. Der Tierschutzbund von Zürich, die Schweizer Behörden und die zuständige Kommission der EU seien aufgefordert, gegen die Qualen der Pferde etwas zu unternehmen dadurch, nämlich die unter solchen Umständen gewonnenen Mittel zu verbieten. …“Für das Blutgeschäft in Uruguay und Argentinien in den Händen von Produzenten, deren Agieren mehr an Syndikate als an seriöse Firmen erinnert, ist auch die europäische Pharmabranche verantwortlich“, sagt York Ditfurth.
Hans Wyss, Direktor des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, BLV, als Journalist vor 25 Jahren auch einer der Aufdecker von ungeheuerlichen, tierquälerischen Trainingsmethoden im Springsport, erschüttert von den Bildern und Informationen der Tierschützer, sagte aber, man könne das zugelassene Mittel den Fleischproduzenten nicht verbieten, man hoffe jedoch aufgrund der Informationen, dass sie aus eigenen Stücken darauf verzichteten. Die rechtliche Grundlage zum Verbot des Medikaments läge nicht vor.
… Von den Informationen zeigten sich die Hersteller von PSMG, darunter ein Schweizer Unternehmen in Luzern zwar betroffen, man distanziere sich, heißt es da, man distanziere sich ausdrücklich, aber, in Uruguay gebe es für Blutproduktion keine Tierschutzvorschriften… Alles bewegt sich anscheinend in einer grauen Zone jenseits von Gesetzen oder Richtlinien….
Die Blutfarm – die reine Pferdehölle
Eher durch Zufall stießen die Schweizer Tierschützer auf das Geschäft der Blutfarmen in Südamerika, laut Ditfurth „waren wir für Recherchen der Pferdefleischproduktion vor Ort und hatten nicht damit gerechnet, diese Grausamkeit zu entdecken“. Alleine die drei Blutfarmen in Uruguay hielten zusammen rund 10.000 Pferde auf Flächen zwischen 1300 bis 1600 Hektar. … Die Pferde lebten in den weiten Wäldern der Eukalyptus-Plantagen der Papierindustrie. … Videoaufnahmen mit versteckter Kamera dokumentieren dokumentieren die Grausamkeit mit den Pferden: Die Stuten werden in Gänge getrieben. Am Ende jedes Gangs ist eine Fixierbox. Da sich die wilden Stuten den Umgang mit dem Menschen nicht gewöhnt sind, wehren sie sich entsprechend. Ihnen wird von Arbeitern mit Holzprügeln so lange auf den Kopf geschlagen, bis sie ruhig genug sind und man sie anhalftern, sie an den Gattern festziehen und ihnen die Aderlasskanüle setzen kann. Diese Kanülen seien besonders groß, damit man den Tieren möglichst schnell möglichst viel Blut entnehmen kann. Schließlich wird am Schlauch gezogen und die noch in der Vene sitzende Kanüle herausgerissen. Die von den Schlägen und dem hohen Blutverlust benommenen Stuten verlassen die Fixierbox unter Prügeln, damit es schneller geht. Sie torkeln, brechen vor Erschöpfung zusammen, bleiben liegen. … Die Schweizer fanden auf dem Gelände tote Pferde, bereits im Verwesungsstadium… Das qualvolle Prozedere zum Blutabzapfen durchlaufen die trächtigen Stuten rund jeden fünften Tag, bis sechs Wochen lang. … Die Blutentnahme werde so lange fortgeführt, bis die Stuten nicht mehr trächtig werden. Bei diesem gesundheitlichen Zustand sei das teilweise schon mit fünf Jahren der Fall. Dann kämen sie zum Schlachthof. Ihr Fleisch landet auch in Europa, denn die Schlachthöfe haben nämlich ein EU-Siegel… |